Die mehrheitlich von Volkswagen Financial Services (VWFS) gehaltene Gebrauchtwagenplattform Heycar geht vom Netz. Sie werde noch im Mai den Dienst in Deutschland einstellen und in den kommenden Monaten auch in Großbritannien, erklärte ein Sprecher des zum VW-Konzern gehörenden Finanzdienstleisters gegenüber AUTOHAUS. Er bestätigte entsprechende Medienberichte vom Freitag.
In Frankreich wird ebenfalls das Aus von Heycar vorbereitet, dort sind noch arbeitsrechtliche Prüfungen abzuschließen. Eine Insolvenz ist nicht vorgesehen, jedoch wird die Plattform inklusive der Marke komplett vom Markt genommen.
Schlussstrich nach hohen Investitionen
Heycar war 2017 als neue Plattform für qualitativ hochwertige Gebrauchtwagen gestartet. Die Fahrzeuge durften maximal acht Jahre alt sein und nicht mehr als 150.000 Kilometer auf dem Tacho haben. Für alle Angebote galt eine Garantiepflicht.
Mit diesem Qualitätsanspruch wollte man sich vom Wettbewerb abheben und Fabrikatshändlern eine Alternative auf dem Online-Gebrauchtwagenmarkt bieten. Dafür war Heycar bewusst markenübergreifend angelegt worden. Auch Renault ist mit einem kleinen Anteil beteiligt, zwischenzeitlich galt das auch für Mercedes.
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Trotz dieser Merkmale konnte Heycar im deutschen Markt nie zu den beiden dominierenden Online-Fahrzeugbörsen Mobile.de und Autoscout24 aufschließen. Branchenkennern zufolge wurden im Laufe der Jahre mehrere Hundert Millionen Euro in den Aufbau und das Marketing der Plattform investiert.
Standorte betroffen – so viele Arbeitsplätze fallen weg
Dem Sprecher zufolge sind insgesamt 126 Mitarbeitende vom Rückzug betroffen, davon 26 in Deutschland. Der Großteil arbeitet an den Standorten in Großbritannien und Frankreich. Noch zu Hochzeiten waren rund 450 Personen bei Heycar beschäftigt. In Großbritannien wird derzeit geprüft, ob ein Teil der Beschäftigten künftig Aufgaben im B2B-Gebrauchtwagengeschäft übernehmen kann.
Für die Schließung führt VWFS mehrere Gründe an: So habe man die Entwicklung des digitalen Kaufverhaltens überschätzt und die Marketingkosten unterschätzt. Auch der Handel kam nicht ausreichend an Bord. Man hätte sich dort ein stärkeres Bekenntnis zum Projekt gewünscht, hieß es.
Personelle Einschnitte bereits 2023
Die Probleme bei Heycar zeichneten sich schon seit längerem ab. So wurde bereits 2023 eine Umstrukturierung eingeleitet, die über 70 Mitarbeitern den Job kostete. Kurze Zeit später kam es zu weiteren personellen Einschnitten im niedrigen dreistelligen Bereich in Europa (wir berichteten).
Mit der Aufgabe von Heycar verliert der deutsche Markt nun seinen bis dato größten Herausforderer für die etablierten Börsen-Platzhirsche. Die Entwicklung ist ein deutliches Signal, dass der Markteintritt in diesem Segment selbst mit starker finanzieller Rückendeckung kein Selbstläufer ist.