Die Neuausrichtung bei der Heycar Group führt zu weiteren personellen Einschnitten in Europa. Die Reduzierung der Stellen soll nach Angaben des Unternehmens insgesamt im niedrigen dreistelligen Bereich liegen. "Die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen sind schmerzhaft, aber notwendig", erklärte CEO Andreas Gruber gegenüber AUTOHAUS. Heycar und einzelne Shareholder würden die betroffenen Mitarbeiter unter anderem durch digitale Jobmessen und andere Arbeitsplatzangebote unterstützen.
Insgesamt beschäftigt das Unternehmen derzeit 420 Mitarbeiter. Bereits zu Jahresbeginn hatte sich die Gebrauchtwagenbörse von Mitarbeitern getrennt (wir berichteten).
Die Mobility Trader Holding GmbH als Betreiber der Heycar-Plattformen will sich ab Herbst 2023 neu aufstellen. Hintergrund sei eine Neubewertung der Marktperspektiven, so Gruber. "Als junges und schnell gewachsenes Unternehmen sind wir – wie nahezu jedes Start-up – grundsätzlich und gleichzeitig in besonderer Weise durch schwankende Marktentwicklungen herausgefordert."
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Heycar war 2017 von Volkswagen Financial Services (VWFS) als Gegenpart zu den großen Playern Mobile.de und Autoscout24 im Online-Gebrauchtwagenhandel gegründet worden. Auf der deutschen Plattform werden derzeit rund 300.000 hochwertige Gebraucht-, Jahres- und Neuwagen gelistet. Angeschlossen sind ca. 2.000 Händlergruppen mit rund 4.000 Standorten. Weitere Niederlassungen gibt es in Großbritannien (seit 2019), Spanien (2020) und Frankreich (2021).
Rückzug vom spanischen Markt?
Wie aus Branchenkreisen zu hören ist, steht das Spanien-Geschäft aktuell auf der Kippe. Laut mehrerer Beiträge im Businessportal LinkedIn sind spanische Angestellte besonders von Entlassungen betroffen. Heycar bestätigte, dass man auch dort Umstrukturierungsmaßnahmen durchführen werde, "die zu einem Rückzug vom spanischen Markt führen können". Zu Spekulationen, das deutsche Geschäft ebenfalls massiv zurückzufahren, äußerte sich das Unternehmen nicht.
Gruber unterstrich, dass man sich künftig auf die starken Gebrauchtwagenmärkte in Großbritannien, Frankreich und Deutschland konzentrieren wolle. "Wir werden künftig in der schlankeren Aufstellung und mit einer verstärkten Händler-Zusammenarbeit bessere Voraussetzungen haben, das angepasste Geschäftsmodell zum wirtschaftlichen Erfolg zu führen."
Ob es im Zuge der Neuaufstellung auch zu Änderungen in der Investorengruppe kommt, blieb zunächst unklar. Gesellschafter und Partner von Heycar sind neben VWFS die Volkswagen AG, Mercedes-Benz Mobility AG, Allianz SE sowie die Renault Group. Das Deutsche Kfz-Gewerbe (ZDK) ist als stiller Gesellschafter an der Fahrzeugbörse beteiligt. Den Händlerbeirat bilden aktuell ZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn und Schatzmeister Michael Kraft. Sie sollen darauf achten, dass die Teilhaberschaft kein Geld verliert und die Interessen der Händler berücksichtigt werden.
Signal an den VW-Konzern
In diesem Zusammenhang hatte eine im März verkündete Kooperation des Volkswagen- und Audi-Partnerverbands (VAPV) mit dem Heycar-Rivalen Autoscout24 für Aufsehen gesorgt. In dem Schritt sehen Brancheninsider ein Warnsignal der Händlerschaft an den VW-Konzern, der in den vergangenen Monaten den eigenen Online-Gebrauchtwagenhandel über die Plattform forciert hat. Alexander Sauer-Wagner, Sprecher der VAPV-Geschäftsführung, sagte in Richtung Heycar, dass Deutschlands VW- und Audi-Partner "kein Interesse an einer Börse haben, die sich als Vertriebler neben dem Handel platzieren möchte".
Sascha Schmitz