Campierende Fans vor den Läden, begeistertes Publikum bei der Premiere: Der Rummel um den ersten Mittelklassewagen des Elektroautobauers Tesla ist riesig - die Nachfrage auch. Innerhalb von 24 Stunden seien bereits 115.000 Vorbestellungen für das Model 3 eingegangen, verkündete Firmenchef Elon Musk in der Nacht auf Freitag bei der mit Spannung erwarteten Präsentation in den Tesla-Designstudios in Hawthorne bei Los Angeles.
Unter dem tosenden Applaus der Anhänger enthüllte Musk, der wie üblich mit einiger Verspätung die Bühne enterte, das Objekt der Begierde. Zum Vorschein kam ein Fünfsitzer im gewohnt eleganten Tesla-Design, der in der Basisvariante eine Reichweite von gut 345 Kilometern pro Batterieladung hat und sich in sechs Sekunden von null auf 60 Meilen (knapp 97 Kilometer) pro Stunde beschleunigen lässt.
Das Model 3 soll ab Ende 2017 ausgeliefert werden, allerdings musste Musk angesichts von Teslas Hang zu Verspätungen bei dieser Ansage selbst schmunzeln. "Ich bin recht zuversichtlich, dass es nächstes Jahr wird", sagte der Tesla-Chef unter dem Gelächter der Zuschauer. Bei anderen Modellen musste das Unternehmen die Premieren öfters verschieben.
Der Preis des Model 3 beträgt 35.000 Dollar (31.000 Euro), dürfte aber nach staatlichen Vergünstigungen noch deutlich sinken. Tesla bietet damit erstmals ein für die breite Bevölkerung erschwingliches Modell an, das in hoher Stückzahl gefertigt werden soll. Bislang verkauft das 2003 gegründete Start-up mit der Oberklasse-Limousine Model S und dem Luxus-SUV Model X nur Premium-Fahrzeuge, die mehr als doppelt so teuer sind.
Riesen-Hype
Der Hype um das Auto, das der Elektromobilität den Weg in den Massenmarkt ebnen soll, war schon am Vortag in vollem Gange gewesen. Obwohl das Fahrzeug noch nie öffentlich präsentiert wurde und Details zu Design und Ausstattung noch weitgehend unklar waren, bildeten sich vor den Tesla-Geschäften Schlangen von Käufern. Bedingung, um sich in die Wartelisten einzutragen, ist eine Anzahlung von 1.000 Dollar. Nach Freischaltung der Reservierungsmöglichkeit leisteten 115.000 Fans weltweit in den Stunden vor dem Launch diese Anzahlung. Auch in Deutschland standen immerhin einige Dutzend Tesla-Jünger Schlange vor den Stores. Zum Vergleich: In etwa so viele Model S hat Tesla bisher insgesamt verkauft.
Zusammen mit dem Chevrolet Bolt EV der Opel-Mutter General Motors (GM) könnte Teslas neue Offerte Mittelklasse-Stromer salonfähig machen. Der Bolt soll bereits in ein paar Monaten auf den US-Markt kommen und hat ebenfalls eine Reichweite von mehr als 300 Kilometern. Sein Kaufpreis soll bei gut 37.000 Dollar liegen, laut GM-Chefin Mary Barra aber nach Abzug staatlicher Rabatte auf etwa 30.000 Dollar sinken. In Europa kommt das Modell wenig später als Opel Ampera-e raus.
Ähnlichkeit mit dem Model S
Der in LA gezeigte Prototyp des Model 3 zeigt bei den Propotionen viel Ähnlichkeit mit dem Model S, eine Weiterentwicklung ist aber deutlich erkennbar: So streckt sich das Dach des Viertürers ebenfalls sehr coupéhaft in Richtung des verkürzten Heck. Die Front hingegen, die durch die gänzlich fehlende Kühleröffnung sehr ungewöhnlich, aber durchaus schick wirkt, ist dynamisch gestaltet – unter anderem mit sich in die stark konturierte Motorhaube hineinziehenden Scheinwerfern im Stile eines Sportwagens.
Während die äußere Gestaltung schon sehr seriennah aussieht, wirkt das Innere des Showcars ziemlich futuristisch, weil quasi leer bis auf den frei schwebenden Querformat-Touchscreen in Laptop-Bildschirm-Größe an der Mittelkonsole. Wobei eine ähnliche Gestaltung wahrscheinlich ist: Auch Model S und Model X haben einen extrem reduzierten Innenraum mit großem Touchscreen.
Fünf Erwachsene sollen komfortabel sitzen, verspricht Musk ebenso wie mehr Platz in den beiden Kofferräumen vorn und hinten als in einem vergleichbaren Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Serienmäßig ist unter anderem die Hardware für den Autopiloten, der das Model 3 teilautonom fahren lässt. Per kostenpflichtigem Software-Update kann man ihn freischalten lassen. Auch der Anschluss für das Supercharger-Netzwerk ist immer an Bord. Ob auch die Model-3-Kunden wie des des Model S an den von Tesla installierten Schnelladestationen kostenlos Strom tanken können ist noch nicht bekannt.
Nagelprobe für den Erfolg
Experten halten das Model 3 für die Nagelprobe für Teslas langfristigen Erfolg. "Aufgrund der hohen Stückzahlen muss mit dem neuen Modell Geld verdient und nachhaltig die Profitzone erreicht werden", sagte Prof. Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management. "Allerdings sind die Gewinnmargen bei der angestrebten Preisposition sehr gering, so dass nur eine geringe Fehlertoleranz besteht."
Bei der bisherigen Strategie habe der E-Autobauer die richtigen Themen adressiert, betonte der Fachmann. Der Einstieg von oben durch die Oberklasse-Modelle habe eine hohe Begehrlichkeit ausgelöst. Hinzu komme die vergleichsweise hohe Reichweite der Modelle mit einhergehender Alltagstauglichkeit. Und schließlich der Aufbau einer (kostenlosen) Schnellladeinfrastruktur. Bratzel: "Wird das Model 3 zum Erfolg, könnte das der Durchbruch für die Elektromobilität insgesamt bedeuten." (dpa/sp-x)
Bilder des Tesla Model 3 gibt es in der Bildergalerie!
Tesla Model 3 (2018)
BildergalerieTesla Unveils Model 3 from Tesla Motors on Vimeo.
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