Von Antonia Lange, dpa
Daimler muss die Ausstrahlung einer Niedriglohn-Reportage des Südwestrundfunks (SWR) vorerst weiter hinnehmen. Wie das Landgericht Stuttgart am Donnerstag entschied, darf der SWR die mit verdeckter Kamera entstandenen Aufnahmen weiter senden. Der Autobauer hatte den Sender verklagt, weil dieser heimlich auf dem Gelände des Konzerns gedreht hatte.
Die so entstandenen Aufnahmen hatte der SWR in dem im Mai 2013 ausgestrahlten Beitrag "Hungerlohn am Fließband" verwendet. Demzufolge soll Daimler über Werkverträge Menschen beschäftigen, die ihr Gehalt mit Hartz IV aufstocken müssen.
Der Vorsitzende Richter betonte in der Urteilsbegründung, dass die Aufnahmen zwar rechtswidrig entstanden seien, weil der Journalist das Hausrecht von Daimler verletzt habe. Die Reportage zu Niedriglöhnen über Werkverträge diene aber "einem eindeutig überwiegenden öffentlichen Informationsinteresse". Daher muss der Konzern die weitere Veröffentlichung hinnehmen.
Daimler: "Beitrag ist manipulativ"
Daimler kann gegen das Urteil allerdings Rechtsmittel einlegen. "Wir werden notfalls bis zum Bundesgerichtshof und darüber hinaus gehen", kündigte ein Sprecher an. "Wir halten den Beitrag in der gesendeten Form nach wie vor für manipulativ." Wichtig sei aber, dass das Gericht festgestellt habe, dass der Beitrag illegal entstanden sei.
Dass die Ausstrahlung nach Auffassung des Landgerichts trotzdem legitim ist, hat Gründe: Die Reportage informiere darüber, dass der Einsatz von Arbeitskräften über Werkverträge dazu führen könne, dass diese trotz gleicher Tätigkeit wesentlich niedrigere Löhne als die Stamm- und Leitarbeiter des Unternehmen bekämen.
"Das sind Umstände, die aus Sicht weiter Bevölkerungskreise doch als ein entscheidender Missstand wahrgenommen werden", betonte der Vorsitzende Richter. Der Beitrag hatte damals eine generelle Diskussion über Werkverträge losgetreten. Daimler hat inzwischen soziale Mindestanforderungen für die Vergabe festgelegt.
Gutes Urteil für die Medien
Der SWR zeigte sich erfreut. "Dieses Urteil ist nicht nur eine gute Nachricht für den Südwestrundfunk, sondern für die gesamte deutsche Medienlandschaft", erklärte ein Sprecher. "Die Entscheidung besagt, dass die Pressefreiheit nicht an Werkstoren endet." (dpa)
Gerd