Herr da Mota, warum hat sich der Onlinehandel mit Fahrzeugen in Deutschland noch nicht durchgesetzt?
Da Mota: Das hängt davon ab, wie man den Onlinehandel definiert. Wenn, wie in anderen Sektoren, wirklich jeder Schritt digital sein sollte, dann müsste dies für Autos auch Finanzierung, Lieferung, Versicherung, Zulassung und Inzahlungnahme umfassen. Der Automobilsektor weist viele Besonderheiten auf, und seine vollständige Digitalisierung ist ein komplexer Prozess. Es werden jedoch bereits viele Schritte in diese Richtung unternommen.
Sind andere Märkte da schon weiter?
Da Mota: Nur teilweise. In den USA zum Beispiel wird vieles als Onlineshopping deklariert, obwohl es analoge Schritte entlang der Customer Journey gibt. Der erste Hersteller, der hier eine Vorreiterrolle gespielt hat, war Tesla – zum ersten Mal konnte man ein Auto als gewöhnliches Produkt online bestellen. Allerdings ist in der Branche noch nicht alles gelungen. Viele Importeure, vor allem aus Asien, haben in Europa mit einem reinen Online-Vertriebsmodell begonnen, aber es kostet sie immer noch mehr Aufwand als geplant, diese Erwartungen zu erfüllen.
Point of Sale bleibt wichtig
Woran liegt das?
Da Mota: Ich denke, der Kunde muss die Onlineangebote erst einmal annehmen. Manche Hersteller haben mit bis zu 50 Prozent Onlineabsatz im Jahr 2025 geplant. Die aktuellen Zahlen sind da eher ernüchternd und die meisten Hersteller haben diese Ziele bereits wieder aufgegeben. Das liegt aber nicht allein am Kunden. Wie gesagt, der Fahrzeughandel ist eben sehr komplex, nicht nur auf Händlerseite. Kunden investieren viel Geld und da ist es verständlich, dass viele ein Fahrzeug vorab sehen, anfassen und gegebenenfalls eine Probefahrt machen möchten.
Warum ist der Point of Sale nach wie vor so wichtig?
Da Mota: In einer MHP-Studie zu Online-Fahrzeugverkäufen wurden Kunden nach ihrem präferierten Absatzkanal befragt. Dort gab es keine klare Tendenz zu Online. Während die Recherche und Suche nach dem Fahrzeug fast ausschließlich im Internet erfolgen, sind die Schritte danach sehr unterschiedlich. Eine Probefahrt geht eben nur vor Ort. Deshalb ist der Omnichannel-Ansatz äußerst wichtig.
Hybrider Ansatz holt Kunden ab
Man sollte also digital und analog kombinieren?
Da Mota: Richtig! Mit einem hybriden Ansatz können Händler sowohl die klassischen als auch die onlineaffinen Kunden abholen. Deshalb gehen wir bei unserer Finanzierungsstrecke den hybriden Weg: Der Kunde kann zu Hause die Finanzierung berechnen und digital abschließen. Manchen ist es beispielsweise unangenehm, einem Verkäufer sensible Daten wie ihre Gehaltsabrechnungen zu zeigen. Da ist die Hemmschwelle in den eigenen vier Wänden deutlich niedriger. Das Besondere an unserer Strecke ist, dass Kunde und Händler jederzeit von online zu offline und umgekehrt wechseln können.
Kunden finden Fahrzeugangebote über verschiedenste Quellen. Welche Rolle spielt hier die Homepage des Händlers gegenüber den gängigen Plattformen?
Da Mota: Die Website des Autohändlers hat mit 30 Prozent Lead to Sale eine deutlich höhere Conversion Rate als die Fahrzeugbörsen. Die haben zwar höhere Klickzahlen, aber wenn der Kunde mal auf der Website des Autohauses ist, ist er in der Customer Journey im Prinzip schon relativ weit. Dort kann er auch gleich eine im Idealfall digitale Finanzierungsanfrage stellen und für das Autohaus zum hoch qualifizierten Lead werden.
"Finanzierungsleads sind meist hoch qualifiziert, denn hier müssen allein für die Schufa-Auskunft viel mehr Daten eingegeben werden."
Sven Silva da Mota, Experte Digital Solutions Mobility bei Santander
Alle Daten messen
Und je mehr Leads, desto besser?
Da Mota: Nicht unbedingt. Ein Autohaus hat Stand heute bereits sehr viele unterschiedliche Leadquellen und viele kommen nicht immer hinterher, alle Leads korrekt zu bearbeiten. Leads sind sehr zeitkritische Daten. Je länger die Bearbeitung dauert, desto schwieriger ist der Kunde erreichbar und die Erfolgswahrscheinlichkeit sinkt. Denn ein Kunde schreibt in der Regel mehrere Händler an und dann erhält derjenige den Zuschlag, der am schnellsten reagiert. Aus Kundensicht ist das auch vollkommen logisch und hier endet dann meist auch der Onlineanteil des Kaufs.
Wie lassen sich die vielen Leadkanäle am besten strukturieren?
Da Mota: Da hilft nur messen, messen, messen. Man muss wissen, wie viele Leads generiert wurden, aus welchen Kanälen sie stammen, wie viele Besuche im Autohaus daraus wurden und wie viele Fahrzeuge daraufhin verkauft wurden. So kann man die Kosten für einzelne Leads und die Kanäle ermitteln.
Machen leider noch nicht alle!
Da Mota: Daran führt kein Weg vorbei. Als Geschäftsführer muss man seine Verkäufer dafür sensibilisieren, alles so detailliert wie möglich zu dokumentieren. Nur so kann man Leads und Conversion Rates vernünftig messen und am Ende auch Leadkanäle abschalten oder das Angebot darauf erhöhen.