Im Ringen um die umstrittene Pkw-Maut wollen die Länder noch Ausnahmen für Grenzregionen erkämpfen. Der Bundesrat forderte am Freitag, auf bestimmten Autobahn-Abschnitten solle die Mautpflicht ausgesetzt werden können, "wenn dies zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf grenznahe Unternehmen gerechtfertigt ist". Der Koalitionspartner SPD knüpft ein Ja zu den Maut-Plänen von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) an die Bedingung, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Klarheit über die zu erwartenden Einnahmen schafft. Dobrindt verteidigte sein Vorhaben.
Der Bundesrat kritisierte, die Maut baue Schranken zwischen Deutschland und seinen Nachbarn auf und gefährde bisherige Erfolge der europäischen Integration. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) warnte, es sei nur eine Frage der Zeit, bis etwa auch die Niederlande eine Maut einführten. Dobrindt hat zusätzliche Ausnahmeregeln für Grenzregionen mehrfach abgelehnt. Er verweist darauf, dass bereits ins Gesetz aufgenommen wurde, dass Fahrer aus dem Ausland nur auf Autobahnen, aber nicht auf Bundesstraßen Maut zahlen müssen. Der Bundesrat äußerte sich zudem besorgt über das "Missverhältnis" zwischen Aufwand und Einnahmen der Maut.
Die SPD im Bundestag verlangte, Schäuble müsse Zweifel ausräumen. Er solle nachvollziehbar aufzeigen, dass die Maut tatsächlich zu nennenswerten Mehreinnahmen führe, sagte Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht. "Nur dann können wir dem Gesetz zustimmen." Dobrindt verspricht, dass nach Abzug der Kosten jährlich mehr als 500 Millionen Euro für die Straßen übrig bleiben.
"Gerechtigkeit auf unseren Straßen"
Kritik an der Maut wies der Minister zurück. "Wir schaffen damit schlichtweg Gerechtigkeit auf unseren Straßen", sagte er bei der ersten Lesung der geplanten Maut-Änderungen im Bundestag. Anders als bei der bisherigen Steuerfinanzierung seien sämtliche Maut-Einnahmen zweckgebunden. Investitionen würden damit erstmals unabhängig von Konjunktur und Wahlperioden gesichert. Dobrindt wandte sich erneut gegen "Maut-Maulerei" aus Österreich. Die Regierung in Wien droht mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).
Dobrindt will die seit 2015 bestehenden Maut-Gesetze nach einem Kompromiss mit der EU-Kommission ändern. Brüssel will dann grünes Licht für die Maut geben. Die Preise der Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland sollen stärker differenziert werden. Inländer mit abgasarmen Euro-6-Autos sollen als Ausgleich für Mautzahlungen um 100 Millionen Euro zusätzlich bei der Kfz-Steuer entlastet werden.
"Bajuwarische Schnapsidee"
Die Opposition forderte einen Stopp der Pläne. "Die Maut muss weg und zwar sofort", sagte der Linke-Verkehrsexperte Herbert Behrens der Deutschen Presse-Agentur. "Durch den Mautdeal mit der EU-Kommission hat sich die bajuwarische Schnapsidee namens Pkw-Maut zur ernsten Gefahr für europäische Grundwerte entwickelt." Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer kritisierte: "Die Pkw-Maut ist und bleibt Murks." Sie schade Grenzregionen und sei ein Bürokratie- und Datenmonster.
Im Bundesrat sind die Gesetze nicht zustimmungspflichtig. Er könnte in einem späteren Schritt aber den Vermittlungsausschuss anrufen, was das Verfahren verzögern würde. Mehrere weitere Kritikpunkte fanden am Freitag in der Länderkammer aber keine Mehrheit. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer warnte den Koalitionspartner: "Die SPD soll jetzt endlich mit ihren Spielchen aufhören." Alle Fragen seien rauf und runter diskutiert, sagte Scheuer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. (dpa)