Der ADAC kommt nicht aus den Schlagzeilen und will sich deshalb jetzt ganz neu aufstellen. "Wir glauben, dass wir nur durch eine grundlegende Reform die aktuellen Schwachstellen beheben können", erklärte ADAC-Präsident Peter Meyer am Mittwoch in München. Unabhängige externe Fachleute sollten die Neuausrichtung mitgestalten. Nach dem Skandal um Manipulationen bei der Wahl zum "Lieblingsauto der Deutschen" waren in den vergangenen Tagen immer weitere Ungereimtheiten beim ADAC bekanntgeworden.
Die Struktur des Autoclubs und seiner wirtschaftlichen Aktivitäten will Präsident Meyer nun überprüfen lassen. Die Mitglieder sollen mehr eingebunden werden. In einer außerordentlichen Hauptversammlung, der ersten seit 66 Jahren, soll die Neuausrichtung beschlossen werden. Das Präsidium sei "überzeugt, dass nur ein umfassendes Maßnahmenpaket die Glaubwürdigkeit des ADAC wieder herstellen" könne.
Bundesverbraucherminister Heiko Maas (SPD) sprach von einem "notwendigen ersten Schritt" zur Rückgewinnung verlorenen Vertrauens. "Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass Produkttests und Umfragen nicht manipuliert werden", sagte Maas am Mittwoch. Standards für Tests und Umfragen sollten offengelegt und zumindest ein Vier-Augen-Prinzip eingehalten werden. Darüber hinaus "werden wir auch mit dem ADAC reden", sagte der Minister.
Neue Deatils zu Privatflügen
Details zum Fall einer ehemaligen ADAC-Führungskraft, die einen Angehörigen in einem Rettungsjet des Clubs mitfliegen ließ, veröffentlichte die "Bild"-Zeitung am Mittwoch. Demnach ließ die Managerin ihren Sohn und einen Freund im August 2012 mit einer ADAC-Rettungsmaschine mit intensivmedizinischen Geräten fliegen, weil die beiden jungen Männer ihren Abflug zum Taucherurlaub nach Ägypten verpasst hatten. Dem Bericht zufolge unterschrieb die Frau später einen Auflösungsvertrag. Bis zum frühen Mittwochnachmittag nahm der ADAC nicht zum diesem Bericht Stellung.
Auch die Kritik an der Nutzung der Hubschrauberflotte des Vereins geht weiter: Der ADAC bestätigte einen "Stern"-Bericht, wonach auch die Vorsitzenden der ADAC-Regionalclubs mit den Rettungshubschraubern in die Luft gegangen sind. Dies sei aber ausschließlich im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit bei Veranstaltungen geschehen, sagte eine Sprecherin. Bislang hatte der ADAC rund 30 Helikopterflüge von Präsidiumsmitgliedern in den vergangenen Jahren eingeräumt.
Die neu bekanntgeworden Flüge der ADAC-Regionalchefs sind laut ADAC nur bei Fachtagungen oder beispielsweise Tagen der offenen Tür von Rettungsstationen erfolgt. "Es gab keine Reisen von A nach B", betonte ADAC-Sprecherin Katharina Lucà. Bei solchen Veranstaltungen zeige der ADAC auch seine Maschinen, die dann zu Demonstrationsflügen eingesetzt würden. "Wir nehmen auch Journalisten mit, um denen beispielsweise mal zu zeigen, wie laut es in einem Hubschrauber ist." Bei solchen Gelegenheiten stiegen dann auch einmal die Regionalvorsitzenden zu.
Vertrauen der Deutschen schwindet
Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des "Stern" haben 46 Prozent der Deutschen eher geringes (29) oder sehr geringes Vertrauen (17) in den ADAC. Hingegen äußerten 44 Prozent eher großes (33) oder sehr großes (elf) Zutrauen.
Der "Stern"-Umfrage zufolge überlegen sieben Prozent der Mitglieder, den Pannendienst zu verlassen. Hochgerechnet auf die rund 19 Millionen Mitglieder wären das etwa 1,3 Millionen. 60 Prozent aller Befragten würden befürworten, wenn sich der Verein künftig überwiegend auf den Pannendienst konzentrieren würde. Allerdings wollen rund zwei Drittel der Bürger auch, dass sich der Club weiterhin gelegentlich in die Politik einmischt. (dpa)
Klaus S. Becker