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30 Jahre BMW-Zwölfzylinder: Monument neuer Macht

17.03.2017 10:06 Uhr
BMW 750iL: Die Langversion mit Zwölfzylinder der Generation E32.
© Foto: BMW

Mit dem ersten deutschen Zwölfzylinder der Nachkriegszeit in der Luxuslimousine 750i katapultierte sich BMW weltweit an die Spitze der Nobelklasse. Und in Deutschland überholte der 7er erstmals die S-Klasse

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Von Wolfram Nickel/SP-X

Schon seit dem Sommer 1986 schwebten die Münchner im Siebener Himmel, überholte die zweite Generation des BMW 7er (E32) doch fast alle Konkurrenten. "Spitzenklasse aus Bayern" und "Das beste Auto der Welt", die Schlagzeilen der Medien überschlugen sich im Lob über die Sechszylinder 730i und 733i. Dabei hatte BMW das eigentliche Prachtstück noch in petto: Eine Zwölfzylinder-Limousine, wie es sie aus Deutschland seit einem halben Jahrhundert nicht gegeben hatte. Im Februar 1987 war es soweit, der BMW 750i und die Langversion 750iL mit neu entwickeltem 220 kW / 300 PS starkem 5,0-Liter-V12 brachten Bewegung in die Oberklasse und lösten ein noch nie da gewesenes Leistungswettrüsten in der weltweiten Luxusliga aus.

"BMW überholt alle" titelte die Fachpresse nach ersten Testfahrten und bezog sich dabei nicht nur auf die Vmax von 250 km/h. Ohne Abregelung wären sogar 270 km/h möglich gewesen, es fehlte jedoch an adäquaten Reifen. Vor allem in Komfort und Ausstattung galten die monumentalen Zwölfzylinder als neue Messlatte. Bei 160 km/h und knapp über 2.000 Touren waren nach Medienmeinung fast keine Motorengeräusche vernehmbar. Noch wichtiger war der Prestigefaktor des V12, der die wohlsituierte Kundenklientel euphorisierte. So zählte BMW schon vor der Premiere über 3.000 Blindbestellungen für das Flaggschiff, das die Mercedes S-Klasse erstmals kurzzeitig von Vorstandsparkplätzen verdrängte.

Allerdings zielten die BMW 750i und 750iL nicht nur auf die Käufer der Mercedes S-Klasse, vielmehr konterten die ersten Zwölfzylinder mit Katalysator auch die englischen V12-Luxusliner von Jaguar und Daimler. In Nordamerika, weltweit wichtigster Luxusmarkt, galt der 5,02 Meter lange 750iL sogar als Alternative zu Rolls-Royce Silver Spirit und Bentley Mulsanne. Welche Klasse das deutsche Highend-Triebwerk besaß, betonte Rolls-Royce elf Jahre später, denn von da an wurde der Silver Seraph tatsächlich mit dem BMW-V12-Motor ausgerüstet. Aber auch im Komfort konnte der BMW 750iL schon 1987 mit außergewöhnlichen Features aufwarten. Dazu zählte die Mehrzonen-Klimaautomatik für Front- und Fondpassagiere mit vorprogrammierbarer Standlüftung.

Auf Wunsch mit Panzerung

Den Charakter der Chauffeurlimousine unterstrichen neuartige Fond-Kopfstützen, die bei belastetem Sitzkissen automatisch ausfuhren sowie elektrisch separat verstellbare Fond-Sitzkissen und Rückenlehnen. Wem diese Annehmlichkeiten nicht genügten, für den gab es von Karossiers wie Hamco den V12 mit 28 Zentimeter zusätzlichem Radstand, Bareinrichtung und allen modernen Bürokommunikationsmitteln sowie mit Panzerung. Der ohnehin stolze Preis des BMW 750i steigerte sich so von 102.000 auf 450.000 Mark für den All-inclusive-V12. Letzterer kostete übrigens 50 Prozent mehr als ein Rolls-Royce Silver Spur und war damit die teuerste Limousine in Deutschland. Im Vergleich dazu wirkte der von Alpina auf 257 kW / 350 PS leistungsgesteigerte 750iL wie ein Sonderangebot: 208.000 Mark wurden für den Alpina B12 5.0 L fällig, der mit 275 km/h die schnellste Serienlimousine der Welt war.

Im Fahrkomfort setzte bereits der "billigste" BMW 750i Maßstäbe, denn die neue elektronische "Dämpfer Control" war Standard. Dafür nutzte BMW zweistufig umschaltbare Stoßdämpfer mit jeweils zwei in Doppelkolben unabhängig voneinander arbeitenden Ventilsystemen. Der Fahrer konnte per Knopfdruck zwischen einer komfortbetonten und einer sportlich-straffen Fahrwerksabtimmung wählen. Letztere trug dazu bei, dass die Presse jubelte: "selbst bei Höchstgeschwindigkeit unbeirrbarer Geradeauslauf". Wer die 220 kW / 300 PS und die damals sensationellen 450 Nm Drehmoment voll auskostete, musste allerdings 20 bis 23 Liter Verbrauch hinnehmen. Nur theoretischer Natur war der Normverbrauch von 10,5 Liter bei 90 km/h, immerhin war der Münchner Zwölfzylinder damit sparsamer als der neue, 205 kW / 297 PS freisetzende V8 im 560 SEL, mit dem Mercedes rasch nachgerüstet hatte. Ein V8, der nichts daran änderte, dass sich das bayerische Dickschiff mit optionaler Doppelverglasung in der deutschen Zulassungsstatistik zumindest vorübergehend vor den ewigen Oberklasse-Bestseller mit Stern setzte.

Heute wirken 220 kW / 300 PS für eine Oberklasse-Limousine bescheiden, bietet doch schon der kleinste BMW als M140i deutlich mehr Power. Vor 30 Jahren jedoch erreichte der BMW 750i damit eine Schallmauer, die nicht einmal Jaguar Sovereign V12 und Maserati Quattroporte/Royale V8 durchbrochen hatten. Zwei Limousinen, die vormals als schnellste Viertürer der Welt galten und die durch einen V12 mit beispielhafter motorischer Laufruhe entthront wurden. Anschaulich gemacht wurde dies bei der Publikumspremiere durch hochkant auf den Motorblock gestellte Münzen, die bei laufender Maschine nicht umfielen. Zukunftsweisend war auch die Steuerung des nur 240 Kilogramm wiegenden Leichtmetallaggregats. Zwei völlig voneinander getrennte elektronische Systeme übernahmen die Regelung von Kraftstoffeinspritzung und Zündung für jeweils eine Sechszylinderbank, die in einem Winkel von 60 Grad zueinanderstanden.

Aufmischung in der Oberklasse

Allerdings hatte es auch 15 Jahre Vorarbeit und zwei Vorläufer-V12 gebraucht, bis die BMW-Techniker ihr Serientriebwerk aus Leichtmetall vorstellten. Ein erster 5,0-Liter-V12 von 1974 war zu schwer geraten und zwei kleinere 3,6-Liter- und 4,5-Liter-V12 von 1977 scheiterten unter den Nachwirkungen der ersten Energiekrisen. Fünf Jahre später hatten sich die Diskussionen um Energieverknappungen vorläufig erledigt und BMW wagte sich an eine komplette Neuentwicklung, die schon nach zehn Monaten erfolgreich auf dem Prüfstand lief. Wie mutig das 1982 erneuerte Bekenntnis zum V12 war, zeigt auch der Vergleich mit Jaguar, wo die 1986 vorgestellte XJ40-Serie anfangs nicht für V12 ausgelegt war. Mercedes konnte sogar erst 1991 mit der S-Klasse der Baureihe W140 mit noch größerem 6,0-Liter-V12 die früher gewohnten Machtverhältnisse wiederherstellen.

Dieser Zwölfender mit Stern deklassierte den von Claus Luthe zeitlos elegant entworfenen BMW 7er der Serie E32 gleich mehrfach: Zum einen entwickelte der Mercedes 600 SE so viele kW wie der BMW an PS aufbot. Zum anderen trat der Big-Benz so stattlich auf, dass der BMW 750i im Vergleich wie eine zierliche Mittelklasselimousine wirkte.

Wo Licht ist, gibt es auch Schatten. So konnten die 7er der Baureihe E32 noch nicht das Qualitätsniveau der ausgereiften S-Klasse W126 erreichen, wie vor allem Käufer wussten, die beide Modelle fuhren. Auch galt der V12 anfangs als nicht so robust wie die legendären BMW-Sechszylinder und der 1992 im 7er eingeführte V8. Probleme, die BMW löste, spätestens mit der 1994 lancierten dritten 7er-Generation.

Trotzdem erreichte der zweite BMW 7er gerade wegen des V12, was seinen Vorgängern, dem barocken BMW V8 aus den 1950er Jahren, den Modellen 2500 bis 3,3 Liter und dem ersten 7er (E23) nicht gelang: Er schoss BMW in die Sphäre der globalen automobilen Nobelklasse. Und das mit einem respektablen Gesamtabsatz von über 310.000 Einheiten. 


30 Jahre BMW-Zwölfzylinder (BMW 750i)

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