Das Deutsche Kfz-Gewerbe (ZDK) stellt sich auf rückläufige Pkw-Neuzulassungen durch Privatkäufer ein. Nach Zuwächsen in diesem Jahr werde sich 2017 "die zunehmende Verunsicherung der Verbraucher etwa durch die Diskussionen um drohende Fahrverbote und blaue Plaketten negativ auswirken", sagte ZDK-Präsident Jürgen Karpinski am Freitag beim traditionellen "Fuchs Kamingespräch" in Mannheim. In Summe rechne er 2017 mit 3,2 Millionen verkauften Neuwagen in Deutschland. Das wären weniger als im laufenden Jahr, das nach Verbandsprognose mit 3,3 Millionen Einheiten abschließen dürfte.
Anders als der Privatmarkt werde der gewerbliche Sektor dank der guten wirtschaftlichen Entwicklung unverändert stark bleiben, so Karpinski in seinem Ausblick. Den Anteil der Eigenzulassungen erwarte er auch künftig bei rund 30 Prozent,
Solide sieht Karpinski auch die Bereiche Gebrauchtwagen und Service. Für das laufende Jahr geht er von rund 7,4 Millionen Besitzumschreibungen aus, für 2017 prognostizierte er 7,3 bis 7,4 Millionen. Die gesunde Nachfrage bei Wartungs- und Reparaturarbeiten soll auch das wichtige Service-Geschäft stabil halten. Aktuell liege die Werkstattauslastung mit durchschnittlich zwei Prozentpunkten über dem Vorjahr, hieß es.
"Der Handel ist an der Grenze"
Mit Blick auf die Profitabilität der Autohändler betonte Karpinski: "Wir schauen weiter mit dem Fernglas auf die Rendite." Valide Zahlen für 2016 gebe es noch nicht. Die Branche werde das Renditeziel von drei Prozent aber erneut deutlich verfehlen. "Die Hälfte haben wir wohl wieder erreicht. Ich sehe keine Besserung." 2015 hatte die durchschnittliche Umsatzrendite 1,4 Prozent betragen (wir berichteten). Zu den hohen Rabatten im Neuwagengeschäft erklärte er: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Niveau weiter steigt. Der Handel ist an der Grenze."
Im Zuge der Dieselkrise kämpft die Kfz-Branche nicht nur mit einem großen Vertrauensverlust beim Kunden, sondern auch verstärkt mit politischen Druck. Zuletzt hatten die Grünen mit ihrer Forderung nach einem Verbot der Neuzulassung von Autos mit Verbrennungsmotoren ab dem Jahr 2030 für Wirbel gesorgt. Der ZDK lehne das ab, unterstrich Karpinski. Weder wirtschaftlich noch ökologisch und sozial sei es sinnvoll, eine Antriebsart gegen die andere auszuspielen. "Es bringt auch nichts, wenn wir demnächst alle mit einem Elektroauto fahren und der Strom dafür aus einem Kohlekraftwerk kommt. Das ist kein Beitrag zum Klimaschutz."
Doch auch Karpinski ist klar: "Mittel- und langfristig wird sich die individuelle Mobilität hin zu emissionsfreien Technologien entwickeln müssen." Die Zukunft liege in immer weiter optimierten Verbrennungsmotoren sowie alternativen Antrieben und Kraftstoffen. Die Phase des Übergangs werde deutlich länger dauern als bis 2030. "Die Wende kommt nicht über Nacht."
Nachhaltige Geschäftsmodelle mit Kundendaten
In seinem Vortrag hob der ZDK-Chef das Meta-Thema "Digitale Daten" hervor. "Insbesondere die Kundendaten sind die neue Währung der digitalen Welt." Es gehe um die direkte Beziehung zum Kunden, es gehe um das intelligente Verwalten und Nutzen. Daraus könnten die Kfz-Betriebe nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln und zu Mobilitätsdienstleistern werden. Voraussetzung dafür sei, dass die Unternehmen Zugang zu diesen Informationen bekämen. Doch noch bestünden Fahrzeughersteller auf einer einseitigen Kontrolle des Datenflusses.
Gleiches gilt aus Sicht von Karpinski für die Serviceprozesse, die durch hochgradig digitalisierte und vernetzte Fahrzeuge deutlich an Komplexität zunehmen würden. "In Brüssel und Berlin kämpfen wir dafür, dass die Kfz-Systeme offen und interoperabel sein müssen – mit frei zugänglichen Schnittstellen zu den On-Bord-Systemen der Fahrzeuge und den Servern der Hersteller. Denn dort liegen die von uns benötigten Daten für den sicheren Betrieb sowie für Reparatur und Wartung der Fahrzeuge." (rp)
Michael Kühn