Der Caravaning-Branche boomt seit Jahren. 2020 sorgte Corona zusätzlich für einen kräftigen Schub. Die Folge: Die Höfe der Händler waren vielerorts leergefegt, denn die Fahrzeugnachfrage überstieg deutlich das Angebot. Einer aktuellen Studie zufolge wird der Markt für Reisemobile und Wohnwagen weiterwachsen und bietet somit auch für Autohäuser interessante Perspektiven.
Die Untersuchung von der gsr Unternehmensberatung (Augsburg) und puls Marktforschung (Nürnberg) bestätigt das große Interesse: Über 18 Millionen Menschen in Deutschland beschäftigen sich in irgendeiner Weise mit Caravaning – sei es als Besitzer, Mieter oder mit der Absicht zum Kauf oder zur Miete in nächster Zeit. Damit dürfte die Zahl der Fahrzeuge weiter steigen: Das Kraftfahrt-Bundesamt bezifferte zum Stichtag 31. Dezember 2019 die Zahl der zugelassenen Wohnwagen und Reisemobile auf über 1,3 Millionen. Insbesondere Wohnmobile finden immer mehr Freunde: Seit 2017 ist der Bestand um über 25 Prozent gewachsen
Die Studie zeigt einige Indikatoren, dass der Caravaning-Boom noch eine Weile anhalten dürfte: Mehr als jeder Dritte Reisende gibt die Corona-Pandemie als Motivation an, bei den Mietern ist es sogar jeder Zweite. Auch die weiteren Gründe (bei Mehrfachnennung) geben Aufschluss: Unter anderem wollen 22 Prozent bewusst nicht mehr mit dem Flugzeug/Schiff reisen, bis zu 29 Prozent der Urlauber mit Kaufabsicht geben ökologische Gründe an.
+++ Caravan-Vertrieb: Am 3. März 2021 diskutieren Experten die Chancen und Herausforderungen für den Autohandel. Seien Sie via Facebook Live von 13:00 bis 13:30 Uhr dabei. Alle Infos! +++
In den Details verdeutlichen die Ergebnisse, dass sich eine völlig neue Zielgruppe dem Caravaning zuwendet. Die Interessierten sind mit 44 Jahren im Schnitt bedeutend jünger als es das "Gartenzwerg-Image" vermuten lässt. Dies spiegelt sich auch in einem immer breiteren Angebot für nahezu jeden Geschmack und Geldbeutel wider. Apropos Budget: Für die Anschaffung eines Reisemobils (neu und gebraucht) planen die Kaufinteressierten mit einem Budget von durchschnittlich rund 43.000 Euro bzw. einer Finanzierungsrate in Höhe von 421 Euro. Von sehr großer Bedeutung ist das Geschäft mit Mietfahrzeugen. Bis zu 50 Prozent der Caravaning-affinen geben an, innerhalb der nächsten zwölf Monate ein Fahrzeug mieten zu wollen, dafür werden im Durchschnitt 100 Euro je Tag kalkuliert.
"Das sind auch für den Autohandel hochinteressante Zahlen", sagt Marktforscher Niklas Haupt, "bei den Umsatztreibern Kauf, Miete, Service und Zubehör können viele Autohäuser mitmischen." So liebäugelt mehr als jeder fünfte Kaufinteressierte mit den Segmenten Campingbus oder Kastenwagen – diese Modelle werden von vielen Fahrzeugherstellern angeboten und entsprechend nicht nur über spezialisierte Wohnmobilhändler vertrieben: 26 Prozent der Neufahrzeug-Käufer geben an, den Vertrag bei einem Autohändler unterschrieben zu haben, bei spezialisierten Händlern sind es 57 Prozent. Ein großes Potenzial stellt auch das Geschäft mit gebrauchten Kompakt-Reisemobilen dar, denn 59 Prozent der Käufer haben ein Fahrzeug mit Vorbesitzer erworben, mehr als die Hälfte allerdings von Privat.
Zufriedenheit mit dem Handel ausbaufähig
Ganz allgemein ist die Zufriedenheit mit dem Handel ausbaufähig, denn je nach Produktgruppe geben nur rund 30 bis 40 Prozent an, "sehr zufrieden" mit dem Kaufprozess zu sein. Insbesondere bei der Beratung zu den Finanzierungsmöglichkeiten gibt es Verbesserungsbedarf. "Hier bleibt ein großes Potenzial ungenutzt, und dies betrifft nicht nur zusätzliche Erträge sondern auch Chancen der Kundenbindung und Angebote im After-Sales", betont Rainer Strobel von der gsr Unternehmensberatung in Augsburg
Wenn es um den Service geht, genießen die Vertragswerkstätten der Befragung zufolge einen guten Ruf, allerdings werden freie Werkstätten und Werkstattketten für klassische Aufträge wie Reifenservice, Inspektion und die Überprüfung der Gasanlage deutlich häufiger aufgesucht. Über die Gründe kann man nur spekulieren, eine aktive Ansprache dieser besonderen Zielgruppe dürfte hier aber eine Rolle spielen.
Strobel: "Wir raten Autohäusern, die Möglichkeiten in diesem Wachstumsmarkt im Einzelfall zu prüfen. Da, wo Vans und Nutzfahrzeuge verkauft und gewartet werden, ist oft mit wenig Aufwand ein konkretes Angebot für Caravaning-Kunden rasch entwickelt." Seine Berater unterstützen Autohäuser seit vielen Jahren bei diesen Entwicklungen und kennen die spezifischen Anforderungen im Verkauf und Service.
Die "Masterstudie Caravans und Reisemobile" basiert auf einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung von 10.600 Bundesbürgern (Juli 2020). Die bisher größte Untersuchung in Deutschland zum Thema Reisemobile und Wohnwagen wird herausgegeben von der gsr Unternehmensberatung und puls Marktforschung. Weitere Partner sind das Fachmagazin "Auto Bild Reisemobil", die Nürnberger Versicherung mit Jahn & Partner, die Creditplus Bank und die Kroschke-Gruppe.
Die Studie gebe detaillierten Aufschluss über alle Aspekte für eine Entscheidung zu Kauf oder Miete – von den Informationskanälen, den Kosten für Nutzung, Versicherung und Wartung bis hin zu den Erwartungen an Produkte und Prozesse sowie deren Erfüllung, so Haupt. "Wir wissen genau, welche Marken die Menschen kennen und was sie suchen, wie zufrieden sie sind und wohin die Reise geht. Diese wertvollen Informationen zeigen auch in einem boomenden Markt Handlungsfelder bei Herstellern und Händlern sowie den Anbietern von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen." (AH)