Gähnende Leere herrscht in den Autohäusern von Peking. "Wir haben seit Jahresanfang kein einziges Auto verkauft", klagt ein Volkswagen-Verkäufer im östlichen Haidian-Bezirk. Die an Weihnachten überraschend verkündete Begrenzung der Neuzulassungen auf ein Drittel hat zu einem massiven Verkaufseinbruch geführt.
Wurden im vergangenen Jahr täglich rund 2.000 Autos neu auf Pekings Straßen zugelassen, gibt es neue Nummernschilder jetzt nur noch im Losverfahren – eine Art "chinesisches Roulette" für potenzielle Autobesitzer. Statt 800.000 Neuzulassungen 2010 werden in diesem Jahr nur noch 240.000 erlaubt. "Die Auswirkungen sind riesig", sagt ein Citroën-Händler. Es gebe nicht einmal Kunden, die nur schauen wollten. "Wir haben noch kein Auto verkauft. Im Dezember waren es rund hundert."
Der Grund für den radikalen Schritt in der 22-Millionen-Metropole ist die völlige Überlastung der Straßen, die nicht nur zu täglichen Staus, sondern an manchen Tagen zum Verkehrsinfarkt führt. Fahrten von sonst einer Viertelstunde können dann leicht ein, zwei Stunden dauern – die Stadt verwandelt sich in einen gigantischen Parkplatz. Zudem gehört Peking zu den Großstädten mit der weltweit schlimmsten Luftverschmutzung. Schon heute gibt es in der Hauptstadt fünf Millionen Autos. Seit gut zwei Jahren müssen die Pekinger ihren Wagen an einem Tag in der Woche stehen lassen – an welchem, entscheidet die Autonummer. Trotzdem hat die Hauptstadt im "Leidens-Index" der gequälten Pendler in den Metropolen der Welt einen Spitzenplatz.
Mit den neuen Restriktionen stehen jetzt nicht mehr nur die Autos im Stau, sondern auch die Wünsche nach einem Fahrzeug. Im Januar meldeten sich 215.000 potenzielle private Autokäufer für die Lotterie an. Doch nur knapp jeder zehnte wird ein Nummernschild ergattern. Nächsten Mittwoch wird das erste Los gezogen.
Henry1
Karl Schuler
G.Lorenz