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Branchenurteile 2018: Von fehleranfälligen Assistenzsystemen bis Haftstrafen für Raser

20.12.2018 13:50 Uhr
2018 gab es jede Menge bemerkenswerte Urteile.
© Foto: Frank Wagner/Fotolia

In diesem Jahr hat die Autoindustrie die Gerichte besonders stark beschäftigt. Neben den die Medien beherrschenden Urteilen zu Fahrverboten und Schummel-Dieseln waren weitere Entscheidungen wichtig.

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Von Hanne Schweitzer/SP-X

Verwaltungsgerichte in ganz Deutschland haben sich 2018 mit der städtischen Luft beschäftigt: Von Berlin über Köln bis nach Stuttgart verhängten Richter Fahrverbote für Dieselautos, die im kommenden Jahr in Kraft treten sollen. Neben diesem Aufregerthema haben Gerichte 2018 noch weitere bemerkenswerte Entscheidungen getroffen.

Unzählige Prozesse gegen VW aufgrund illegaler Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen haben die Gerichte in diesem Jahr beschäftigt. Die Bandbreite der Entscheidungen ist groß, das wohl schmerzhafteste Urteil gegen Volkswagen hat das Landgericht Augsburg im November gefällt: Danach bekommt der Käufer eines Diesel-Golf nicht nur den gesamten Kaufpreis zurück, VW muss ihm darüber hinaus auch entgangene Zinsen zahlen (Az.: 021 O 4310/16). In Urteilen anderer Gerichte haben zwar Käufer auch Geld zurückbekommen, mussten aber eine Nutzungsentschädigung für die Zeit zahlen, in der sie das Auto benutzt hatten.

Im Zusammenhang mit den Diesel-Urteilen steht auch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster. Das OVG hat Straßenverkehrsbehörden Recht gegeben, die manipulierte Dieselwagen ohne neue Software aus dem Verkehr gezogen hatten. Halter von Fahrzeugen, die von der Abgastrickserei betroffen sind, müssen das angeordnete Software-Update durchführen lassen, sonst können die Behörden die weitere Nutzung im Straßenverkehr verbieten, so das Urteil (Az: 8 B 548/18, 8 B 865/18). Halter, die gegen den Hersteller geklagt hatten, fürchteten, dass ihnen durch ein Update ein Nachteil entsteht – beispielsweise, weil das Programm überschrieben wird und damit Beweise vernichtet werden.

Autokäufer sind 2018 aber auch aus anderen Gründen vor Gericht gezogen. Zum Beispiel, weil Assistenzsysteme nicht einwandfrei funktionierten. Hier entschied das Amtsgericht Dortmund, dass eine gewisse Fehleranfälligkeit akzeptiert werden muss – schließlich sind Fahrerassistenz-Systeme relativ neue Produkte. Wichtig ist lediglich, dass die Technik keine Verkehrsregeln bricht (Az.: 425 C 9453/17). Für Gebrauchtwagenkäufer von Interesse dürfte ein Urteil des Amtsgerichts München sein: Ist in einer Verkaufsanzeige angegeben, ein Wagen sei "scheckheftgepflegt", so ist die Bezeichnung bindend und der Käufer darf den Kaufvertrag später rückabwickeln, wenn es nicht der Fall ist (Az.: 142 C 10499/17).

Dashcams: BGH gibt Marschrichtung vor

In anderen Ländern längst zur Aufklärung von Unfällen eingesetzt, war der Einsatz von Aufnahmen so genannter Dashcams als Beweismittel in Deutschland bisher umstritten. Das Urteil des Bundesgerichtshofs (VI ZR 233/17) als oberstes Zivilgericht in diesem Jahr hat nun eine Marschrichtung vorgegeben: Videoaufzeichnungen von Kameras für die Windschutzscheibe sind vor Gericht zur Klärung von Verkehrsunfällen als Beweismittel zulässig. Zwar sind die Aufnahmen laut dem Urteil datenschutzrechtlich unzulässig. Im Einzelfall muss laut BGH eine Interessen- und Güterabwägung stattfinden. Hier stehen sich unter anderem das Persönlichkeitsrecht des einen Autofahrers und das Interesse des anderen Autofahrers, seine zivilrechtlichen Ansprüche durchzusetzen, gegenüber.

Ein Urteil des Amtsgerichts München brachte in diesem Jahr ans Licht, dass offenbar nicht alle Waschstraßen auf neue Autos eingestellt sind. Der Betreiber der Reinigungsanlage musste für einen Schaden haften, weil er nicht darauf hingewiesen hatte, dass bei Automatik-Fahrzeug neueren Typs die Zündung eingeschaltet bleiben muss. Ansonsten wird die Parksperre aktiviert und es besteht die Gefahr, dass das Auto im Zusammenspiel mit einem zu kurzen Rollenabstand in der Schlepprolle nicht richtig in der Führung bleibt und es zu Schäden kommt. Oft seien Waschstraßen wie hier noch nicht auf die immer länger werdenden Radabstände neuerer Fahrzeugtypen eingestellt, berichtete ein Sachverständiger (Az.: 213 C 9522/16).

Auch, wenn in Deutschland für zu schnelles Fahren nur Bußgelder verhängt werden, können Raser trotzdem im Gefängnis landen – das musste ein Deutscher in diesem Jahr erfahren. Das OLG Stuttgart hat einem Antrag der Schweizer Justiz stattgegeben, eine Haftstrafe in Deutschland zu vollstrecken. Die Eidgenossen hatten den Autofahrer, der in der Schweiz mehrfach wegen massiver Tempoverstöße aufgefallen war, in Abwesenheit zu einer Haftstrafe verurteilt, die er nun in Deutschland antreten musste (Az. 1 Ws 23/18).

Zu einem ebenfalls grenzüberschreitenden Thema hat auch das Bundesverwaltungsgericht ein Urteil gefällt: Die Richter setzten einer Trickserei ein Ende, die es Verkehrssündern erlaubte, sich über Umwege einen Auslandsführerschein zu beschaffen, mit dem sie dann in Deutschland wieder Auto fahren konnten. Das Urteil: Wenn feststeht, dass ein Führerschein von einem EU-Mitgliedsstaat unrechtmäßig ausgestellt worden ist, haftet dieser Mangel dem Führerschein weiter an – auch wenn er danach in einem anderen Mitgliedsstaat in eine andere Fahrerlaubnis umgetauscht wurde (Az: BVerwG 3 C 9.17).

Kein Recht auf kostenlose Toiletten

Wohl beinahe jeden Autofahrer betrifft ein Urteil des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, es entschied: Autofahrer haben keinen Anspruch auf kostenlose Toiletten an der Autobahn. Der klagende Autofahrer wandte sich vor allem gegen das Sanifair-Konzept, bei dem Nutzer 70 Cent zahlen und einen Teil des Betrages (50 Cent) mit ihrem Einkauf verrechnen können. Ein Recht auf kostenlose Toiletten lasse sich weder aus dem mittlerweile gekündigten Autobahnraststätten-Rahmenvertrag noch aus den Grundrechten herleiten, so das Gericht: Zudem bestehe für den Kläger die Möglichkeit zur unentgeltlichen Toilettennutzung an unbewirtschafteten Rastplätzen (Az.: 1 A 10022/18.OVG).

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