Die Klägerin war Miterbin ihrer Mutter und hat diese bis zum Tod ca. zehn Jahre auf eigene Kosten gepflegt. Das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sieht in § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG einen Freibetrag in Höhe von 20.000 Euro für denjenigen vor, der den Erblasser unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt gepflegt hat. Dieser Freibetrag gilt sowohl für Erwerbe von Todes wegen, aber auch für Erwerbe unter Lebenden, also Schenkungen.
Diesen Freibetrag untersagte das Finanzamt jedoch der Klägerin, da die Steuerrichtlinien ausführen, dass der Freibetrag nicht für diejenigen Erwerber in Betracht kommen, die gesetzlich zur Pflege oder zum Unterhalt (wie z.B. Ehegatten, Verwandte in gerader Linie, also auch Kinder gegenüber ihren Eltern) verpflichtet sind.
Das Niedersächsische Finanzgericht und der Bundesfinanzhof wiedersprechen aber dieser Verwaltungsauffassung. Danach ist der Begriff "Pflege" grundsätzlich weit auszulegen und erfasst die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige und seelische Wohlbefinden einer hilfsbedürftigen Person. Dabei steht eine gesetzliche Unterhaltspflicht der Gewährung des Pflegefreibetrages in Höhe von 20.000 Euro nicht entgegen. Durch den Pflegefreibetrag soll auch ein freiwilliges Opfer der pflegenden Person honoriert werden.
Weiterhin hat der BFH entschieden, dass sich die Höhe des Freibetrages nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Wurde die Pflegeleistung – wie im Streitfall – über einen langen Zeitraum erbracht, kann der Freibetrag ohne Einzelnachweis in voller Höhe gewährt werden.
Hinweis:
Der BFH stellt sich ganz klar gegen die bisherige Meinung der Finanzverwaltung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Freibetrag sowohl bei einem Erbfall, aber auch bei Schenkungen gewährt werden muss.
Pflege; Kosten; Meinung;