In letzter Zeit standen eigentlich schon eine Reihe von Gerichtsterminen beim Bundesgerichtshof an, bei denen höchstrichterlich die Probleme des Verbraucherwiderrufsrechts geklärt werden sollten. Zu einer Entscheidung kam es leider nicht, da die Banken die Revision zurück genommen haben oder sich in letzter Minute mit den Prozessgegnern geeinigt haben, um ein Grundsatzurteil zu verhindern. Nun ist es aber endlich soweit. Nach langem Warten hat der XI. Zivilsenat des BGH, der für das Bankenrecht zuständig ist, in zwei Fällen zum Verbraucherwiderrufsrecht geurteilt.
Zwar haben die Richter nur ein Urteil (vom 12. Juli 2016) zu einer speziellen Formulierung der Widerrufsbelehrung gefällt, in dem Verfahren ging es um eine Formulierung der Nürnberger Sparkasse aus dem Jahr 2008. Sie haben aber entschieden, dass grundsätzlich die Ausübung des Widerrufsrechts weder rechtsmissbräuchlich ist, noch dass das Recht auf Widerruf verwirkt sei (die genauere Urteilsbegründung liegt noch nicht vor). Aber das gilt prinzipiell für alle Sachverhalte!
Die Banken und Sparkassen argumentierten oftmals, dass ein Widerrufsrecht, das nach z.B. fünf Jahren Kreditlaufzeit ausgeübt wird, verwirkt sei, da nach einer so langen Darlehenslaufzeit nicht mehr davon auszugehen sei, dass ein Vertrag widerrufen werde. Zudem wurde auch immer wieder vorgebracht, dass der Widerruf auch rechtsmissbräuchlich sei, da der Verbraucher ja offensichtlich nur Zinsen bzw. eine Vorfälligkeitsentschädigung einsparen möchte. Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass es dem Verbraucher nicht zur Last gelegt werden kann, dass er sich durch den Widerruf von den negativen Folgen einer unvorteilhaften Investition lösen will. Aus diesem Grund allein wird die Ausübung des Widerrufsrechts nicht rechtsmissbräuchlich.
Es gibt aber einen Wermutstropfen: Wie der AUTOHAUS SteuerLuchs Ihnen in der Ausgabe vom 4. Mai 2016 mitteilte, erlosch das "ewige" Widerrufsrecht für Verträge, die zwischen dem 1. September 2002 und dem 16. Juni 2010 geschlossen wurden, am 21. Juni 2016 um 0 Uhr. Das bedeutet, Verträge zwischen 2002 und 2010 können – selbst wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sein sollte – heute nicht mehr widerrufen werden.
Es ist schon erstaunlich, dass ein höchstrichterliches Urteil erst am Mitte Juli 2016 und somit nach dem Erlöschenstichtag ergeht – oder soll man lieber sagen, von den Banken nicht verhindert wird. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!
Hinweis:
Haben Sie zum 21.06.2016 Ihre Verbraucherkreditverträge widerrufen und die Widerrufsbelehrung war falsch, so können Sie sich jetzt über ein weiteres Vorgehen Gedanken machen und grundsätzlich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für sich nutzen.