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Schlechte Luft in Städten: Brüssel verklagt Deutschland

17.05.2018 13:32 Uhr
Auf den Europäischen Gerichtshof kommt viel Arbeit zu.
© Foto: picture alliance / dpa

Brüssel nimmt Deutschland beim Diesel in die Mangel: Damit Grenzwerte endlich eingehalten werden, zieht die EU-Kommission vor Gericht. Legt die Bundesregierung doch noch nach, um Autos sauberer zu bekommen?

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Deutschland kommt wegen zu schmutziger Luft durch Diesel-Abgase in vielen Städten immer stärker unter Druck: Die EU-Kommission will die Bundesregierung mit einer Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Einhaltung der Grenzwerte zwingen. Letztlich drohen hohe Strafgelder. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ - anders als Frankreich - vorerst keine Absicht zu zusätzlichen Maßnahmen erkennen. Der Koalitionspartner SPD, Umweltschützer und Städte dringen dagegen auf technische Nachrüstungen älterer Diesel. Auch wegen des Umgangs mit dem VW-Skandal verschärft Brüssel den Ton.

EU-Umweltkommissar Karmenu Vella sagte am Donnerstag in Brüssel, Deutschland und fünf weitere Länder hätten keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, um die Grenzwerte so schnell wie möglich einzuhalten. "Ich bin überzeugt, dass die heutige Entscheidung sehr viel schneller zu Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger führen wird."

Klage einreichen will die Kommission auch gegen Frankreich, Großbritannien, Ungarn, Italien und Rumänien. Dabei geht es um die Missachtung von EU-Grenzwerten für Stickoxide (NOx), die seit 2010 verbindlich sind. Auch 2017 wurden sie jedoch in 66 deutschen Städten überschritten. Für den hohen NOx-Ausstoß im Verkehr werden vor allem Dieselautos verantwortlich gemacht.

Politischer Druck wächst

Die EU-Kommission hatte schon 2015 ein Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht eingeleitet und die Regierungen immer wieder ermahnt. Klagen vor dem EuGH gegen EU-Staaten sind nicht ungewöhnlich. Unterliegt Deutschland, könnte die Kommission in einem weiteren Verfahren hohe Zwangsgelder durchsetzen. Mit der Klage-Entscheidung wächst der politische Druck, mehr für bessere Luft in Städten zu tun.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte Fahrverbote für zulässig erklärt, solange sie verhältnismäßig sind. Hamburg bereitet als erste deutsche Stadt solche Verbote an zwei Straßenabschnitten der Innenstadt vor.

Merkel sagte am Rande des EU-Gipfels in Sofia, die Bundesregierung habe in "beispielloser Weise" Förderprogramme aufgelegt: "Wir sind auf einem sehr, sehr gutem Weg." Sie verwies auf die Verantwortung der Kommunen, die Umsetzung der Programme müsse vor Ort erfolgen. Es werde in verschiedenen Bereichen sehr schnell Fortschritte geben. Der Bund hat unter anderem ein Milliarden-Programm für saubere Luft in betroffenen Städten aufgelegt. Dazu gehören die Umrüstung von Bussen oder eine bessere Taktung des öffentlichen Nahverkehrs.

Weiterhin Forderungen nach technischen Nachrüstungen

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) untermauerte ihre Forderung nach technischen Nachrüstungen, die nun "so schnell wie möglich" auf Kosten der Autobauer gebraucht würden. "Darauf zu hoffen, dass sich das Problem von selbst erledigt - wie manche das offenbar tun -, ist spätestens jetzt keine Option mehr. Blockieren und Aussitzen sollte in dieser Frage niemand mehr." Merkel hatte sich erst am Mittwoch erneut skeptisch zu Umbauten an Motoren geäußert. Die Branche lehnt solche Hardware-Nachrüstungen auch mit Verweis auf die Kosten ab.

Der Städtetag forderte von der Bundesregierung Klarheit über weitere Abgas-Verbesserungen. Wenn von der Branche zugesagte Software-Updates nicht reichten, um Grenzwerte einzuhalten, müsse die Industrie zu Hardware-Nachrüstungen verpflichtet werden und diese auch bezahlen.

Die Opposition und Umweltschützer drängten ebenfalls zum Handeln. "Jetzt muss die Bundesregierung liefern", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Sie müsse eine Offensive für Öffentlichen Nahverkehr starten und die Hardware-Nachrüstung durchsetzen. FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic meinte, mit der "Politik des Weckduckens" von Merkel müsse Schluss sein. Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup sagte, die Regierung lasse den Konzernen wirkungslose Maßnahmen durchgehen.

Die französische Regierung kündigte für den Juni die Vorstellung neuer Maßnahmen an. "Über die Gefahr einer Verurteilung Frankreichs hinaus verpflichtet uns vor allem der Schutz der Gesundheit der Franzosen dazu, das Handeln zugunsten der Luftqualität zu beschleunigen und zu verstärken", sagte Umweltminister Nicolas Hulot.

Vorwurf für weiterer Versäumnisse  

Die EU-Kommission warf der Bundesregierung auch in einem anderen Verfahren Versäumnisse vor. Sie habe VW für Schadstoff-Manipulationen nicht bestraft und nicht ausreichend überwacht, ob die Autohersteller Vorschriften einhalten. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wies die Ermahnungen scharf zurück: "Kein anderer Mitgliedstaat hat so umfassende und strenge Maßnahmen ergriffen wie Deutschland."

Dazu gehörten Pflichtrückrufe und Software-Updates auf Kosten der Hersteller. "Für die Strafverfolgung ist in Deutschland die Justiz zuständig, und das ist gut so", meinte Scheuer. "Es ist befremdlich, dass die EU-Kommission das offensichtlich nicht weiß."

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KOMMENTARE


Marco

17.05.2018 - 15:42 Uhr

Nun ist unsere Bundesregierung seit mehr als 10 Jahren Merkelgeführt und das Verkehrsministerium in CSU Hand betreibt Lobbyismus in reinkultur. Offener Betrug des VW Konzerns wird mit dem dudu Finger bestraft und bis heute fortgeführt ( siehe Audi letzte Woche). Und die Politik schaut immer noch weg und die Kunden laufen zum Henker der Sie schon einmal betrogen hat. Zumindest hier will die Mehrheit doch scheinbar gar nicht das es besser wird. Und soll das Land Niedersachsen sichh selbst verklagen als VW anteileigner ? Deutschland = Bananenrepublik.


N.Eutrum

17.05.2018 - 17:53 Uhr

Also ich fasse das jetzt mal kurz zusammen : Wir finanzieren ein bürokratisches Ungetüm mit zig Milliarden Euro als Hauptzahler. Um dann mit irrwitzigen Prozessen belangt zu werden, die wir indirekt auch bezahlen und bekommen dafür dann Strafen auferlegt, welche wir wieder zu zahlen haben! Ja - das macht das Gebilde EU für uns Deutsche doch kolossal symphatisch...das Tragische an der ganzen Diesel-Affäre ist jedoch, dass die Technik vorhanden wäre, aber unsere untätige Regierung den Großkonzern VW, der diese Lawine mit seinen bis heute andauernden Betrügereien losgetreten hat, immer noch gewähren lässt und alle Betroffenen bei zukünftigen Fahrverboten im Stich lässt!


Detlef Rüdel

17.05.2018 - 21:55 Uhr

Nun ist es soweit, lange genug hatte die alte/amtierende Bundesregierung Zeit dafür gehabt, um das Problem entsprechend zu lösen. Stattdessen, wurde sich weggedreht, die Augen verschlossen und darauf vertraut, dass die Automobilindustrie das Problem schon irgendwie lösen wird. Wir können froh sein, das es Leute wie Herrn Resch (DUH) gibt, die mit ihren klagen, den Weg dafür bereitet haben. Das nunmehr heute Brüssel, Klage gegen die BRD eingereicht hat, ist richtig, und ich hoffe dass nunmehr die Verantwortlichen, den Schuss verstanden haben und nunmehr der Automobilindustrie klar zeigen, wie es in dieser Sache weiter zugehen hat. Ein so weiter, wie in den letzten Jahren ist jetzt definitiv vorbei. Schlimm genug, dass erst Brüssel uns zeigen muss, so geht es nicht mehr weiter...schämen sollten sich all die Verantwortlichen in erster Linie, aber Frau Merkel, die dieses Problem nie zur Chefsache erklärt hat.


Hutter-Sobeck

18.05.2018 - 08:26 Uhr

Gott sei Dank ist die Luft in allen anderen Europäischen Städten, wie Warschau, Rom, Bukarest und Rom gut. Wie machen die das nur das aus deren Auspuff saubere Luft rauskommt...?


Lars

18.05.2018 - 09:01 Uhr

Der eigentliche Hohn ist doch, dass ein politisches Gebilde einen Staat verklagen kann, ohne den dieses Gebilde gar nicht existieren würde und könnte.Und wann werden die Menschen endlich konkret aufgeklärt, was es mit dem Horror "Fahrverbot" tatsächlich auf sich hat?3 (in Worten DREI!) Strassen sind in ganz Hamburg betroffen. Und eben NICHT ganz Hamburg.


egonsamu

18.05.2018 - 09:51 Uhr

Wenn das undemokratische Monster in Brüssel mit noch mehr Geld von uns Arbeitenden zwangsweise - mögliches Gerichtsurteil - gefüttert wird, verbessert sich die Luftqualität auf einen Schlag überall.Diesen Schlag sollte Deutschland - angeblich ein souveräner Rechtsstaat - gegen die EU-Kommission führen....Stop die Bevormundung, stop die Ausplünderung, stop die Entrechtung durch diese Mafiaorganisation!


Lars

18.05.2018 - 10:10 Uhr

Herr Rüdel,es ist mir unbekannt, in welcher Beziehung Sie zu Herrn Resch von der DUH stehen, aber besonders dankbar sind ihm alle deutschen Dieselfahrer, die durch die DUH Kampagnen einen beträchtlichen Wertverlust hinnehmen müssen. Auch sehr viele Kfz-Händler sind Herrn Resch äußerst dankbar, dass sie mit den Abmahngebühren diesen Verein unterstützen. Und da ist die Dankbarkeit für den Vermögensverlust der Dieselfahrzeuge auf den Höfen noch nicht einmal inbegriffen. Wehmut verbreitet sich nur, dass es die Grünen nach der Wahl nicht geschafft haben, sonst wäre Herrn Resch mindestens ein Staatssekretärposten sicher gewesen.


egonsamu

18.05.2018 - 12:34 Uhr

@Hutter-Sobeck:diese Länder wählen Regierungen, die sie vor EU-Willkür und Bevormundung schützen...So einfach.


egonsamu

18.05.2018 - 12:41 Uhr

@Detlef RüdelIch bin froh, daß Frau Merkel die Abgasgeschichte NICHT zur Chefsache erklärt hat. Denn in diesem Fall würden wird heute nur noch Eselskarren, Fahrräder und Rollschuhe zur Forbewegung nutzen dürfen. Die Panikaktion nach Fukuschima läßt grüßen.Herr Resch und seine DUH ist ein krimineller Abmahnverein, der mit Mafiamethoden Betriebe um Schutzgeld erpresst und in den Ruin treibt. (...)


Stauder7

18.05.2018 - 13:38 Uhr

Ja es ist richtig das es viele Schuldige gibt die Betrogen haben mit den Abgaswerten. Und ich finde das VW die Kosten tragen sollte. Aber zum Fahrverbot in Hamburg: Man sollte den Schiffsverkehr komplett für 4 Wochen einstellen und ich Wette, alle Werte in Hamburg sind TOP.Nur die deutsche Wirtschaft liegt dann am Boden.Außerdem stehe die Mess-Stationen in Deutschland nicht sehr förderlich für die Werte.Ich würde gerne eine Karte mit allen Mess-Stationen, inkl. Entfernungen zum Straßenrand, inkl. EU-Vorgabe sehen. Gab ja genug Bilder das die Stationen direkt an der Straße stehen anstatt 25 Meter Abstand zu haben.


SH

18.05.2018 - 19:53 Uhr

Brüsel ein Wunderland von Bürokraten. Unser ekligen Dieselstinker die hier alle Grünen zum Sterben bringen sind nun auf dem Balkan und welch Wunder sind dort alle glücklich und haben keine Umweltprobleme mehr. Das ist unsere Eu wie sie leibt und lebt


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