Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat die Kritik an seinen Mautplänen etwa aus der nordrhein-westfälischen CDU zurückgewiesen. "Durch die Infrastrukturabgabe wird es keine Auswirkungen auf den Grenzverkehr geben", sagte der CSU-Politiker der "Rheinischen Post" (Donnerstag). In Bayern kenne man diese Situation mit Österreich seit Jahren, nur umgekehrt. Der Grenzverkehr habe in den vergangenen Jahren aber sogar noch zugenommen. Die Menschen in den Grenzregionen kämen aus vielen Anlässen nach Deutschland, zum Beispiel für Urlaube, sie besuchten Freunde oder machten Ausflüge. "Allein dadurch lohnt sich die Jahresvignette schon."
Die CDU-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen im Bundestag hatte bei einer Klausurtagung am Mittwoch Dobrindts Mautpläne wegen befürchteter Nachteile für die Wirtschaft in den Grenzregionen geschlossen abgelehnt. Sie forderte Dobrindt auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der sich im Rahmen der Koalitionsvereinbarung bewege.
"Eine Maut auf allen Straßen lehnen wir ab, weil wir der Auffassung sind, dass damit die Koalitionsvereinbarung verletzt würde", sagte der Vorsitzende der mit 63 Abgeordneten größten CDU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Hintze, der dpa in Berlin. Die CDU-Abgeordneten wollten nun das Gespräch mit Dobrindt suchen. "Wir sind an einer konstruktiven Lösung interessiert." Dazu müssten die Pläne Dobrindts aber an zentralen Punkten geändert werden.
Eine Maut auf allen Straßen würde den gesamten europäischen Grenzverkehr treffen, kritisierte Hintze. Dies würde nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der grenzüberschreitenden Nachbarschaftskultur schaden. Die Niederlande seien für NRW ein wichtigerer Handelspartner als die USA. "Die gesamte Grenzregion ist in Aufruhr." Kritik war auch aus bayerischen Grenzkommunen laut geworden.
Seehofer geht im Maut-Streit auf Kritiker zu
CSU-Chef Horst Seehofer ist jetzt überraschend auf Kritiker vor allem in der Union zugegangen. "Selbstverständlich werden wir Einwände der Grenzregionen noch einmal prüfen", sagte der bayerische Ministerpräsident der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag). Er kritisierte den unionsinternen Streit über das Wunschprojekt der CSU. "Das hätte es nicht gebraucht. Wir sind nicht der politische Gegner der CDU." In der Spitze der großen Koalition gebe es aber ein sehr starkes Vertrauensverhältnis. "Wir sind uns da völlig einig, dass wir die Maut machen und über Einzelheiten der Ausgestaltung vernünftig miteinander reden." Seehofer betonte zugleich: "Eine bessere Lösung als das Dobrindt-Konzept kenne ich nicht." Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Mittwochabend bei einer Veranstaltung des Magazins "Cicero" zur Maut bekräftigt: "Sie ist Teil des Koalitionsvertrags."
Eine Prüfung von Sonderregeln für grenznahe Regionen hatte als erster Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) vorgeschlagen. Seehofer hatte ihn aber zurückgepfiffen. Daraufhin erklärte das Bundesverkehrsministerium Ende Juli, für Ausnahmen für grenznahe Landkreise gebe es "weder Anlass noch Handlungsspielräume".
Die Opposition forderte, die Mautpläne zu stoppen. Hoffentlich sei die Ablehnung der nordrhein-westfälischen CDU-Abgeordneten nicht nur Klamauk, sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer: "Dann muss die Bundesregierung aber auch die Konsequenz ziehen und den Dobrindt'schen Wegezoll einstampfen." Linke-Verkehrspolitiker Herbert Behrens sagte: "Im Fantasialand des Ministers tauchen immer neue Windmühlen auf, die er besiegen muss, ehe er seinem Ziel der Pkw-Maut näher kommt." FDP-Chef Christian Lindner forderte, die Mautidee aus dem Verkehr zu ziehen: "Es ist ein total verkorkstes Projekt." (dpa)
Marian-M.
Frank Fehling