Noch ist die Einführung einer Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen wegen Bedenken gegen das EU-Recht nicht gesetzlich geregelt, da muss sich die Bundesregierung bereits mit einem weiteren Kritikpunkt herumschlagen. Der ITK-Spitzenverband Bitkom erachtet die geplante technische Umsetzung der Infrastrukturabgabe als rückständig.
"Wenn eine Maut für alle Fahrzeuge eingeführt wird, dann sollte sie technisch auf der Höhe der Zeit sein", sagte Bitkom-Präsident Dieter Kempf am Montag laut einer Mitteilung. Eine Maut dürfe nicht nur die öffentlichen Einnahmen steigern, sie müsse vor allem bei den Verkehrsteilnehmern "sinnvolle Verhaltensanreize setzen und den Verkehr steuern", mahnte Kempf an. "Wenn Maut, dann richtig." Er fordert deshalb eine Lösung nach dem Verursacherprinzip. "Die Kosten für Erhalt und Ausbau der Straßen sollten abhängig von der Nutzung gestaffelt werden."
Mit dem jetzigen Verfahren verpasse Deutschland eine große Chance zur notwendigen Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur, betonte der Branchenvertreter. "Während zum Beispiel die niederländische Bahn derzeit komplett auf elektronische Tickets umstellt, will die Bundesregierung künftig jedes Jahr an alle Pkw-Fahrer per Post verschiedenfarbige Aufkleber verschicken, die auf die Windschutzscheiben geklebt werden sollen."
Weniger Staus, mehr Wachstum
Die geplante Flatrate-Lösung – der Preis soll sich nach Emissionsklassen richten, nicht nach gefahrenen Kilometern – verschenkt nach Ansicht des Verbands auch finanzielle Potenziale, die sich aus einer gesamtwirtschaftlichen Rechnung bei der Einführung einer verbrauchsabhängigen Pkw-Maut ergeben würden. Den Gesamtnutzen beziffert Bitkom auf jährlich zehn Milliarden Euro und beruft sich dabei auf eine beim Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Auftrag gegebene Studie. Der Löwenanteil von rund 4,4 Milliarden Euro ergäbe sich aus der Vermeidung von Staus und entsprechenden Zeitverlusten sowie Umweltschäden. Neue Logistiksysteme würden weitere 3,5 Milliarden Euro jährlich sparen. Hinzu kämen Wachstumsimpulse in Höhe von zwei Milliarden Euro mit neuen Services, die die unterschiedlichen Verkehrsnetze miteinander verbinden.
Ein entsprechendes Projekt in Schwedens Hauptstadt Stockholm zeigt das Potenzial solcher intelligenten Verkehrsleitsysteme, die Daten vieler Verkehrsteilnehmer über die Mobilfunknetze in Echtzeit auswerten und so den Verkehr steuern. Dort werden pro Sekunde insgesamt 250.000 anonymisierte GPS-Daten von Handybesitzern, Stau- und Unfallmeldungen sowie Daten von Sensoren und dem Mautsystem analysiert und so der Verkehr gesteuert. Laut Bitkom konnten so die individuellen Fahrzeiten um die Hälfte und das Verkehrsaufkommen sowie die Emissionen um 20 Prozent gesenkt werden. (mid/af)
Michael Kühn
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Ingo Meyer
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