Bis Ende September soll es für Millionen von Fahrern älterer Dieselautos Klarheit geben: Sollen die Fahrzeuge für bessere Luft in Städten umfangreich nachgerüstet werden? In der großen Koalition gibt es seit langem Streit darüber. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte am Freitag zur Frage technischer Diesel-Nachrüstungen eine Entscheidung nach der Sommerpause an. "Wir müssen gucken, wie wir unter der Maßgabe der Verhältnismäßigkeit, der Notwendigkeit, möglichst Fahrverbote zu vermeiden, eine vernünftige Lösung finden Ende September", sagte die CDU-Politikerin in Berlin.
Die Bundesregierung müsse eine Entscheidung fällen. Es gebe Gutachten und Arbeitsgruppen, aber noch keine Abschlussberichte. "Das kann nicht bis in den Sankt-Nimmerleinstag vertagt werden. Und deshalb brauchen wir hier eine gemeinsame Haltung der Bundesregierung, die ist zur Zeit noch nicht gegeben", sagte Merkel.
SPD für technische Nachrüstungen, CSU dagegen
Die SPD fordert technische Diesel-Nachrüstungen, also Umbauten direkt am Motor. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist dagegen - er hat rechtliche, technische und finanzielle Bedenken. Merkel selbst hatte sich in der Vergangenheit ebenfalls skeptisch gezeigt.
In vielen Städten werden Schadstoff-Grenzwerte überschritten, als ein Hauptgrund dafür gelten Diesel-Abgase. Die Autobranche setzt auf Software-Updates von Fahrzeugen, damit die Luft besser wird. Dies soll eine Verringerung der Luftbelastung mit Stickoxiden (NOx) im Schnitt um 30 Prozent bringen. Die Bundesregierung hatte zudem ein Milliarden-Programm für Kommunen aufgelegt. Dieses sieht etwa die Umrüstung von Bussen oder die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs vor.
Software-Updates würden nicht ausreichen
Aus Sicht von Umweltverbänden, aber auch der SPD, reicht das aber nicht aus, damit der Schadstoff-Ausstoß in vielen Städten wirksam begrenzt wird. Sie fordern deswegen Hardware-Nachrüstungen - und zwar auf Kosten der Hersteller. Allerdings ist umstritten, ob es rechtlich überhaupt möglich wäre, die Hersteller dazu zu zwingen.
"Wenn die Bundeskanzlerin das Ziel der SPD teilt, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge verhindern zu wollen, dann kommt Frau Merkel an der technischen Nachrüstung von Euro 5 und Euro 6 Dieselfahrzeugen auf Kosten der Hersteller nicht vorbei", sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol der Deutschen Presse-Agentur. "Ich erwarte, dass Frau Merkel Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer von seiner Blockade abbringt."
In einem ersten Schritt sollte das Bundesverkehrsministerium die Zulassung für bereits erprobte technische Nachrüstsysteme erteilen, sagte Bartol. "In einem weiteren Schritt sollte die technische Nachrüstung im Umkreis der Städte kommen, in denen Autofahrer konkret von Fahrverboten bedroht sind."
Politik und Autobranche wollen Fahrverbote für ältere Dieselautos unbedingt vermeiden. Das Bundesverwaltungsgericht hatte solche Verbote generell für zulässig erklärt, wenn sie verhältnismäßig sind. In Hamburg gibt es bereits auf zwei Straßen Dieselfahrverbote zur Luftreinhaltung, ab Jahresbeginn 2019 soll es auch in Stuttgart Fahrverbote für ältere Diesel-Autos geben. Ein Prozess über mögliche Dieselfahrverbote in hessischen Städten ist vor dem Wiesbadener Verwaltungsgericht für den 5. September geplant. Konkret laufen Klagen der Deutsche Umwelthilfe (DUH) gegen die Städte Wiesbaden, Frankfurt, Darmstadt und Offenbach. (dpa)
Dietmar Seyerle