Zwei Weltkonzerne verbünden sich auf dem Weg zur digitalen Autoproduktion: Der US-Internetriese Amazon soll den weltgrößten Autobauer Volkswagen produktiver machen.
Dazu sei eine mehrjährige Entwicklungszusammenarbeit mit der Amazon-Tochter Amazon Web Services vereinbart worden, teilten die Unternehmen am Mittwoch mit. Künftig wolle der Autogigant mit Hilfe einer "Volkswagen Industrial Cloud" seine weltweit 122 Fabriken vernetzen. Ende 2019 sollten erste Dienste und Funktionen starten.
Dies ist nicht die einzige Kooperation mit einem der amerikanischen Tech-Riesen: Volkswagen arbeitet bei Cloud-Diensten auch mit Microsoft zusammen, um seine Autos voll zu vernetzen.
Beim Cloud-Computing werden Daten nicht länger lokal, sondern auf Servern externer Anbieter gespeichert. Mit Hilfe der Cloud-Technologie von Amazon will Volkswagen Maschinen und Anlagen sämtlicher Fabriken vernetzen, um Abläufe besser steuern, effizienter fertigen und Lieferengpässe sowie Fehler frühzeitig erkennen zu können. Die cloudbasierte Plattform sei auch die Voraussetzung für Technologien wie intelligente Roboter. Amazon ist vor allem als weltgrößter Online-Händler bekannt, hat aber auch enorme Serverkapazitäten. Dienste wie Netflix oder Dropbox laufen darüber.
Produktivität im Produktionsnetzwerk steigern
Volkswagen hatte bereits angekündigt, bis 2025 die Produktivität im gesamten Produktionsnetzwerk - außer China - um 30 Prozent steigern zu wollen. Wesentliche Voraussetzung dafür: die neuen Cloud-Pläne.
VW-Chef Herbert Diess sagte unlängst auf einer Betriebsversammlung, Volkswagen sei "im Wettbewerbsvergleich in unseren Fabriken und in der Verwaltung langsamer und weniger produktiv". Die Produktion als Wettbewerbsfaktor solle gestärkt werden, erklärte Oliver Blume, Produktionsvorstand im VW-Konzern und Porsche-Chef. Volkswagen und Amazon ergänzten sich "hervorragend".
Diess betonte kürzlich: "Wir müssen mit unseren Autos deutlich mehr Geld verdienen, um in die Zukunft investieren zu können. Wir müssen schlanker, beweglicher, schneller werden, um beim Tempo der neuen Wettbewerber mitzuhalten." Er machte aber auch klar, dass die Digitalisierung Arbeitsplätze kosten werde - auch in der Verwaltung. Dies solle aber über Altersteilzeit sozialverträglich gelöst werden.
Kürzlich hatte der bei der Marke VW Pkw fürs Tagesgeschäft zuständige Manager Ralf Brandstätter angekündigt, dass in den nächsten fünf Jahren zusätzlich 5.000 bis 7.000 Stellen wegfallen sollen.
Auch an anderer Stelle setzt Diess auf Kooperationen, darunter die Partnerschaft mit Ford: ab 2022 soll die Entwicklung von Transportern und mittelgroßen Pick-ups beginnen.
Volkswagen hatte im vergangenen November Investitionen von 44 Milliarden Euro für Digitalisierung, autonomes Fahren und E-Mobilität in den kommenden fünf Jahren angekündigt. Ab 2020 sollen jährlich mehr als fünf Millionen Autos der Marke VW vollvernetzt auf den Markt kommen. Auch andere Autobauer wollen ihr Geschäftsmodell zunehmend vom Verkauf von Fahrzeugen auf digitale Dienste umstellen.
Globale Lieferkette soll Teil der "Industrial Cloud" werden
Langfristig soll auch die globale VW-Lieferkette mit über 30.000 Standorten von mehr als 1.500 Zulieferern Teil der "Industrial Cloud" werden. Daher sei die Plattform offen für weitere Unternehmen aus Autoindustrie, Handel oder Logistik. Verhandlungen liefen bereits. Denkbar sei sogar, die Plattform für andere Hersteller zu öffnen.
Mittelfristig sollten rund 220 Experten von VW und Amazon Web Services an den Cloud-Plänen arbeiten, die Entwicklung beginne "ab sofort", wie es hieß. In Berlin sei ein gemeinsames Innovationszentrum geplant. Zu den Projekten zähle ein Dienst, der Warentransporte innerhalb und außerhalb der Fabrik lokalisieren könne. Analysedienste sollten berechnen, wie effizient die Maschinen arbeiteten. Darüber hinaus entwickelt Volkswagen mit Hilfe von Microsoft die "Volkswagen Automotive Cloud", die alle digitalen Dienste und Mobilitätsangebote des Autobauers bündelt. Damit will VW in der Lage sein, digitale Dienste auf die ganze Flotte auszuweiten.
Angesichts neuer Konkurrenten wie Tesla und des Umbruchs einer ganzen Branche zu E-Autos und digitalen Lösungen stehen Autokonzerne wie VW, Daimler oder BMW unter Druck. Neben Microsoft und Amazon drängt mit Google ein weiterer Tech-Player mit Macht in den Automobilmarkt. (dpa)