Bei Volkswagen schwelt weiter ein Konflikt um den Umbau der Kernmarke VW. Markenchef Herbert Diess versuchte am Freitag, die Lage zu entschärfen. "Bei der Umsetzung eines so grundlegenden Programms wird es selbstverständlich immer wieder Diskussionen um unterschiedliche Positionen geben", schrieb Diess in einem Brief an die Mitarbeiter, welcher der dpa vorlag. "Diese werden wir gemeinsam mit allen Beteiligten sachlich klären." Es gelte, den "Zukunftspakt" mit aller Kraft umzusetzen. Mit dem Programm soll die Ertragskraft der Konzern-Kernmarke VW gesteigert werden. Diess bedauerte zugleich, dass VW nicht wie gewohnt Leiharbeiter in großer Zahl an Bord nehmen könne. "Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens lässt uns im Moment wenig Spielraum."
Der VW-Betriebsrat hatte dem Unternehmen vorgeworfen, Vereinbarungen des "Zukunftspakts" nicht einzuhalten. Der Betriebsrat bemängelte insbesondere, dass im laufenden ersten Halbjahr in einigen Positionen keine neuen Stellen geschaffen werden sollen. In einem Schreiben an die Belegschaft vom Donnerstag kritisierte der Betriebsrat, Diess agiere "zutiefst unsozial". Der Markenchef soll bis Montag (13.2.) erklären, wie er sich eine Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat vorstellt.
Mit dem "Zukunftspakt" soll die renditeschwache Kernmarke der Wolfsburger auf mehr Profit getrimmt werden. Dazu sieht der Pakt bis 2025 unter anderem die Streichung von bis zu 30 000 Jobs weltweit vor. VW will dies ohne betriebsbedingte Kündigungen schaffen - etwa über eine stärkere Nutzung von Altersteilzeit. Auf der anderen Seite sollen mehrere Tausend Stellen in Zukunftsbereichen neu entstehen.
In Wolfsburg sollte am Freitagnachmittag nach dpa-Informationen ein bereits seit längerem geplantes Treffen des Aufsichtsratspräsidiums stattfinden. Mit einer Mitteilung danach ist nicht zu rechnen, wie es in VW-Kreisen hieß. In dem Gremium sind unter anderen Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, Wolfgang Porsche, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und Betriebsratschef Bernd Osterloh.
Bei VW gibt es derzeit auch Konflikte bei der Aufarbeitung des Dieselskandals. Der frühere Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch hatte laut Medienberichten Anschuldigungen gegen mehrere aktuelle Aufsichtsräte erhoben. So sollen unter anderem Weil und Osterloh bereits Anfang März 2015 von Hinweisen auf Abgas-Manipulationen in den USA erfahren haben - und damit viel früher als bisher bekannt. Der Skandal war dann Mitte September 2015 öffentlich geworden. Der VW-Aufsichtsrat sowie Weil und Osterloh auch persönlich hatten die Vorwürfe scharf zurückgewiesen. Die Behauptungen seien unwahr. (dpa)
Herbert Wesselmann