Der Chef des Prüfkonzerns Dekra hat die aktuellen Auto-Abgasprüfungen als "nicht mehr zeitgemäß" bezeichnet. Es brauche in der Europäischen Union ein neues System in Kombination mit Zulassungsverfahren und Hauptuntersuchungen, sagte Dekra-Chef Stefan Kölbl am Mittwoch in Stuttgart. Neben neuen Zulassungsverfahren für Autos mit Tests im Labor und auf der Straße, wie sie demnächst in der EU geplant sind, brauche es auch eine wirksame Nachkontrolle.
Außerdem müssten die Prüfer auch die Software im Rahmen der regelmäßigen Hauptuntersuchung unter die Lupe nehmen können. Das sei bislang nicht der Fall, sagte Kölbl. Bei Volkswagen war eine Software in der Motorsteuerung von Dieselautos manipuliert worden, um Abgaswerte auf dem Prüfstand zu schönen. In Zukunft werde Software eine viel größere Rolle spielen, sagte Kölbl. Gänzlich ungeklärt sei noch, wer Updates, die Hersteller künftig via Funk aufspielen könnten, mit Blick auf Motorsteuerung und Abgaswerte überprüfen.
Prüfkonzerne wie Dekra oder TÜV sind im Zuge des VW-Abgasskandals selbst in die Kritik geraten. Sie werden von den Herstellern für die Abgasmessungen bei Typgenehmigungen neuer Modelle bezahlt. Sofern sie keine eigenen Abgaslabore haben, findet die Prüfung bei den Herstellern statt. Der Leiter des Dekra-Autogeschäfts Clemens Klinke geht davon aus, dass im Gegensatz zur Dekra die Mehrzahl der 54 technischen Dienste in Europa keine eigenen Labore hat. Der Schwarze Peter liege aber bei den Herstellern. Die Prüfdienste hielten sich streng an Protokolle.
Die EU-Kommission hatte im Januar den Vorschlag gemacht, das Vergütungssystem der Prüfdienste zu ändern. Außerdem schlug die Kommission eine Überprüfung durch unabhängige Stellen und gegenseitige Kontrollen durch nationalen Behörden vor. Dekra-Chef Kölbl zeigte sich offen für die Vorschläge. Kritik an den technischen Diensten wies er aber von sich: "Von unserem Selbstverständnis her sind wir die unabhängigen Dritten."
Umsatzsteigerung um 8,4 Prozent
Wirtschaftlich haben sich die Turbulenzen nicht auf die Dekra ausgewirkt. Der Konzern steigerte seinen Umsatz auch dank zweier Übernahmen um 8,4 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte stammt aus Fahrzeugprüfungen, dazu kommen Gutachten nach Unfällen, aber auch Sicherheitsprüfungen in Industrie und Bau. Das Ergebnis wuchs um etwa zehn Millionen Euro auf 92,5 Millionen Euro.
Auch in diesem Jahr will der Konzern seinen Umsatz um fünf bis acht Prozent steigern. Schon im ersten Quartal legte der Umsatz des Konzerns um 6,1 Prozent zu. (dpa)