Von Michael Specht/sp-x
Boosten, segeln, rekuperieren. Das ist kein moderner Dreikampf, sondern Fahren im Audi Q7 E-Tron. Die Autowelt ändert sich, mehr und schneller als je zuvor. Und die Hersteller suchen nach neuen Möglichkeiten der Mobilität. Als zweiten Plug-in-Hybrid – nach dem A3 Sportback – bringen die Ingolstädter nun ihr dickstes Schiff mit der aufwendigen Spartechnik an den Start. Und lassen sich das entsprechend vergüten. Der Q7, seit Frühjahr bereits als Benziner und Diesel auf der Straße, kostet in der E-Tron-Ausführung stolze 80.500 Euro, gut 20.000 Euro mehr als der Einstiegsdiesel. Zum Händler kommt der Wagen nächstes Frühjahr.
Den Taschenrechner jetzt heraus zu kramen und anfangen zu tippen, ab wann sich die Anschaffung gegenüber einem reinen Diesel-Q7 lohnt, lohnt nicht. Ist viel zu kompliziert. Nein, man muss den Q7 E-Tron einfach wollen, man sollte Spaß an der neuen Technik und Spaß am Sparen haben. Potenzial ist durchaus vorhanden. Zumindest auf dem Papier. Nach der höchst verwirrenden wie realitätsfernen EU-Formel zur Verbrauchsberechnung von Plug-in-Hybriden kommt der Q7 E-Tron auf einen NEFZ-Wert von 1,7 Litern auf 100 Kilometern. Das einspricht einem CO2-Ausstoß von nur 46 g/km. Da lachen ja die Hühner, hätte man früher gesagt. Doch das Gesetz will es so. Realistisch ist ein Verbrauch von fünf bis sechs Liter, wie unsere rund 100 Kilometer lange Testrunde ergab. Mit dem geringen CO2-Norm-Ausstoß schlägt Audi gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Weil Brüssel sogenannte "Supercredits" für Plug-in-Hybride mit einem CO2-Ausstoß von unter 50 g/km vergibt, zahlt der Q7 E-Tron für den Flottenverbrauch gleich doppelt aufs Konto ein, kann also zwei Modelle mit höherem Spritverbrauch ausgleichen.
Regenerativer Ökostrom im Angebot
Den Q7-E-Tron-Besitzer interessiert dies eher weniger. Für ihn zählen andere Dinge. Zum Beispiel das wirklich einmalige Gefühl, mit so einem Riesen-SUV leise surrend und emissionsfrei unterwegs zu sein. Immerhin leistet die E-Maschine 128 PS. Und das Drehmoment von 350 Newtonmetern schaffen manche Zweiliter-Verbrennungsmotoren nicht. Beides reicht dicke, um im normalen Verkehr mit zu schwimmen. Wird das Gaspedal nur gestreichelt, stromert man mit dem Q7 E-Tron über 50 Kilometer weit. Theoretisch würde der 258 PS starke V6-Diesel also über Monate nicht anspringen, wenn der tägliche Weg ins Büro und zurück nach Hause kürzer ist als diese Strecke. Für ein noch grüneres Umweltgewissen bietet Audi auf Wunsch sogar regenerativen Ökostrom in der heimischen Garage an. Der Q7 E-Tron mutiert somit tatsächlich zu einem klimaneutralen und greenpeacefreundlichem SUV.
Im Alltag – und während unserer Testfahrt – sieht die Sache allerdings anders aus. Wird mehr Leistung abgefordert, zum Beispiel beim Überholen, bringt sich augenblicklich der Sechszylinder-TDI ins Spiel. Dies macht er übrigens äußerst geschmeidig. Beide Motoren, E-Maschine und Verbrenner, ziehen dann gemeinsam an einem Strang und treiben den Audi-Brocken in 6,0 Sekunden von null auf 100 km/h und auf eine Spitze von 225 km/h. Das ist beachtlich. Der Hybrid-Q7 wiegt knapp 2,5 Tonnen. Dabei haben die Entwickler so viel Ehrgeiz in die zweite Generation gesteckt und diese um über 300 Kilogramm gegenüber dem Vorgänger abgespeckt, unter anderem durch eine Aluminium-Karosserie. Doch die Hybridtechnik schlägt mit 375 Kilo auf die Waage. Davon gehen allein 202 Kilo auf die Batterie im Wagenheck. Hier ist sie zwar strategisch gut untergebracht, kostet aber Kofferraumvolumen. Der Q7 E-Tron bring es auf 650 bis – Sitzlehnen umgeklappt – 1.835 Liter. Bei den konventionellen Modellbrüdern lauten die Werte 890 bis 2.075 Liter.
Premium-Anspruch untermauert
Wie diese glänzt auch der Plug-in-Q7 durch grandiosen Reisekomfort und verwöhnt die Insassen mit höchster Material- und Verarbeitungsqualität. Derzeit kann hier kein Konkurrent mithalten. Auch was Audi dem Kunden sonst noch bietet, untermauert den Premium-Anspruch der Ingolstädter Autobauer. Ausgestattet ist der Q7 unter anderem mit einer Wärmepumpe. Sie zieht ihre Energie aus der Abwärme des elektrischen Antriebs und den Hochvoltkomponenten und schickt sie – zuvor komprimiert – als Wärme in den Innenraum. Effekt: Die Heizung muss weniger arbeiten, der Q7 kommt im E-Modus bis zu sechs Kilometer weiter. Verbrauchsmindernd soll auch der sogenannte "Prädiktive Effizienzassistent" wirken. Er weiß per Navi-Daten exakt, wann eine Kreuzung, ein Gefälle oder ein Ortseingangsschild kommt und zeigt im Display einen grünen Fuß an. Dieser signalisiert dem Fahrer: Runter vom Gas, ausrollen, Sprit sparen.
Optisch unterscheidet sich der Q7 E-Tron von seinen konventionellen Brüdern wenig. Wer genauer hinschaut, erkennt die speziellen Räder und mehr Querstreben im Grill. Das ist von Audi so gewollt – und fördert sicher die sozialen Kontakte. Schließlich muss man dem Nachbarn erklären, warum man eben so leise an ihm vorbei gerollt ist.
AENGEL