Eine höchstrichterliche Entscheidung über mögliche Schadenersatz-Ansprüche von Diesel-Käufern gegen Daimler verzögert sich. Eine für den 27. Oktober angesetzte Verhandlung dazu sagte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Montag ab. Der klagende Autokäufer habe seine Revision zurückgenommen, hieß es zur Begründung (Az. VI ZR 162/20). Gleichzeitig kündigte der BGH für den 14. Dezember eine neue Verhandlung in einem vergleichbaren Fall an (Az. VI ZR 314/20). Die Grundsatz-Frage dürfte dann dort geklärt werden. Ob an dem Tag auch schon das Urteil verkündet wird, ist offen.
Ein Daimler-Sprecher teilte auf Anfrage mit, der Kläger habe "für uns völlig überraschend die Revision zurückgezogen". "Wir haben uns in dieser Sache nicht verglichen und auch kein Vergleichsangebot unterbreitet." Ein Vergleich ist eine Einigung hinter den Kulissen, um ein richterliches Urteil zu vermeiden. Meist fließt dabei Geld.
In den Verfahren geht es um eine Technologie des Stuttgarter Autobauers in Diesel-Fahrzeugen, die sich Thermofenster nennt. Dabei werden die Abgase zum Teil wieder im Motor verbrannt. Das verringert den Stickoxid-Ausstoß. Wie viele Abgase zurückgeführt werden, ist unterschiedlich und hängt mit von der Außentemperatur ab.
Käufer will Kaufpreis teilweise erstattet bekommen
Die Kläger halten dies für eine unzulässige Abschalteinrichtung. Sie führe dazu, dass das Auto bei behördlichen Prüfungen Grenzwerte einhalte, die auf der Straße überschritten würden. Auch im neuen Fall, der wie der alte vom Oberlandesgericht (OLG) Koblenz kommt, sieht sich der Käufer getäuscht und will erreichen, dass Daimler sein Auto zurücknimmt und ihm den Kaufpreis zum Teil erstattet. Daimler hält die Technik für zulässig, sie diene dem Schutz des Motors.
Das OLG Koblenz hatte in beiden Fällen geurteilt, dass der Autobauer beim Inverkehrbringen des Fahrzeugs nicht sittenwidrig gehandelt habe. Ob das Thermofenster rechtmäßig ist, sei letztlich ohne Bedeutung. Denn es könne nicht unterstellt werden, dass die Verantwortlichen in dem Bewusstsein agiert hätten, eine illegale Abgastechnik zu verwenden. Die Gesetzeslage sei nicht eindeutig.
Damit unterscheiden sich die Daimler-Fälle in einem wichtigen Punkt von den Klagen gegen den Volkswagen-Konzern. Dort ist klar, dass die verwendete Technik nicht erlaubt war. Der BGH hatte deshalb am 25. Mai in einem aufsehenerregenden Urteil entschieden, dass VW Zehntausenden Klägern grundsätzlich Schadenersatz schuldet. Zu den genauen Bedingungen gab es Ende Juli weitere Urteile.
Ebenfalls am 14. Dezember wird in Karlsruhe ein weiterer VW-Fall verhandelt. Dann geht es um die umstrittene Frage der Verjährung. (dpa)