Der Prozess gegen Ex-VW-Konzernchef Martin Winterkorn wegen mutmaßlichen Betrugs im Dieselskandal könnte sich verzögern. Zunächst wolle das Landgericht Braunschweig einige weitere Fragen klären lassen, hieß es am Freitag aus Kreisen der Verfahrensbeteiligten. So gebe es eine Reihe von Faktoren, die die Entscheidung über die Zulassung der Anklage hinausschieben könnten. Die "Bild am Sonntag" hatte unter anderem berichtet, die zuständige Kammer habe ein Gutachten gefordert. Das Gericht betonte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, einen Beschluss dazu gebe es nicht.
Beobachter rechneten bisher damit, dass der Prozess gegen Winterkorn und vier weitere Führungskräfte im ersten Quartal 2020 anlaufen könnte. Zunächst muss die Anklage aber zugelassen werden – nach Informationen der Zeitung soll die Staatsanwaltschaft nacharbeiten.
Auch wollten die Richter Akten aus anderen Ermittlungsverfahren in München und Stuttgart sichten. Das Landgericht teilte dazu mit: "Da das Ermittlungsverfahren mit Anklageerhebung abgeschlossen ist, ist die Staatsanwaltschaft für den weiteren Verfahrensgang nicht mehr zuständig. Die Zuständigkeit liegt jetzt allein beim Gericht."
Drei Richter prüfen Tatverdacht
Die Anklage gegen den früheren VW-Vorstandschef Winterkorn war Mitte April erhoben worden. Es geht um den Vorwurf des schweren Betrugs und des Verstoßes gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb im Zusammenhang mit Manipulationen an den Abgaswerten von Millionen Dieselautos. Eine Wirtschaftsstrafkammer aus drei Richtern prüft seither, ob ein hinreichender Tatverdacht besteht. Nach Angaben des Braunschweiger Landgerichts kann eine "zeitliche Prognose zur Dauer des Zwischenverfahrens derzeit nicht getroffen werden".
Aus dem Umfeld der Parteien erfuhr dpa, dass weitere Untersuchungen durchaus Zeit kosten könnten. Ein genauer Zeitrahmen sei jedoch noch nicht absehbar. Der NDR zitierte aus einem Schreiben des Gerichts an Staatsanwaltschaft und Beschuldigte – darin ist die Rede davon, dass bislang «nicht hinreichend ausermittelt sein dürfte», ob im größten Teil der betroffenen Fahrzeuge wirklich Funktionen aktiviert gewesen seien, die die Stickoxid-Emissionen beeinflusst hätten.
Ein Sachverständiger könnte demnach beauftragt werden zu prüfen, ob Steuergeräte der Autos tatsächlich ein Täuschungsprogramm enthielten. Eine Gerichtssprecherin erklärte: "Zum Inhalt der zwischen der Kammer und den Verfahrensbeteiligten im derzeitigen Verfahrensstadium geführten Korrespondenz kann ich keine Angaben machen." (dpa)