Europas größter Autobauer Volkswagen zeigt sich enttäuscht über die Welle weiterer Klagen von US-Bundesstaaten gegen den Konzern. Die Wolfsburger stehen nach monatelangem Ringen kurz vor der Genehmigung eines Milliardenvergleichs im Abgas-Skandal in den USA – doch nun klagen einzelne Staaten mit anders gelagerten Vorwürfen weiter. Zudem wurde bekannt, dass VW wegen der Affäre um manipulierte Emissionswerte wohl auch großen Personalaufwand in den USA betreiben muss.
"Es ist bedauerlich, dass ein paar Staaten entschieden haben, jetzt Umweltschutzklagen zu erheben, ungeachtet ihrer früheren Unterstützung des laufenden gemeinschaftlichen Verfahrens der Staaten", sagte ein VW-Konzernsprecher am Freitag in Wolfsburg.
Europas größter Autobauer hatte sich erst Ende Juni mit Hunderten US-Klägern sowie den Generalstaatsanwälten von 44 US-Bundesstaaten auf einen Vergleich von insgesamt bis zu 15,3 Milliarden Dollar geeinigt. Mit dem Vergleichsentwurf sollen auch Klagen von US-Bundesstaaten wegen Verstößen gegen Verbraucherschutzvorschriften abgewickelt werden. Danach reichten jedoch bereits die Staaten New York, Maryland und Massachusetts neue Klagen gegen VW ein – diesmal wegen Verstößen gegen Umweltschutzregeln.
In der Nacht zum Freitag wurde bekannt, dass auch der Staat Washington eine Strafe über 176 Millionen Dollar (derzeit etwa 159 Millionen Euro) gegen den deutschen Autobauer verhängte, um ihn für umweltrechtliche Verstöße zur Rechenschaft zu ziehen. "Volkswagen hat die Luftreinhaltegesetze unseres Staates verletzt und die Gesundheit der Menschen gefährdet", erklärte die Leiterin des Umweltamts Washington (Department of Ecology), Maia Bellon. Die Strafe kann binnen 30 Tagen angefochten werden.
Volkswagen werde die Klageschriften prüfen und zu gegebener Zeit antworten, kündigte der Konzernsprecher am Freitag an. Für VW bergen die neue angemeldeten Regressforderungen hohes Risiko – weitere Millionenzahlungen könnten weitere US-Regulierer ermutigen, ebenfalls noch zusätzliche Ansprüche anzumelden. Und aus dem Schneider ist der Konzern in den USA ohnehin noch lange nicht, nach wie vor laufen strafrechtliche Ermittlungen wegen möglicher krimineller Vergehen im Zusammenhang mit dem Abgas-Skandal.
Personaloffensive geplant
Unterdessen wurde bekannt, dass VW zur Bewältigung des Milliarden-Vergleichs zur Beilegung der US-Zivilklagen mehrere Hundert zusätzliche Helfer und Mitarbeiter verpflichten will. VW-Anwältin Sharon Nelles hatte dies bereits am 26. Juli bei der letzten Anhörung vor dem zuständigen US-Gericht in San Francisco erklärt, wie aus einem Protokoll der Konferenz hervorgeht. Benötigt werden unter anderem jede Menge Spezialisten, die die VW-Händler in den USA bei den Umrüstungen der Dieselwagen unterstützen. Zuerst hatte "Spiegel Online" über die geplante Personaloffensive berichtet. (dpa)
Markus Wieser