Ein Kommentar von Prof. Dr. Jürgen Creutzig
Immer und überall steht der Verbraucher im Vordergrund. Zu Recht. Er ist schließlich der Arbeitgeber der Händler und deren Hersteller/Importeure. Auch beim VW "Dieselgate". Aber wie geht es den betroffenen Händlern? Sie müssen vor Ort ausbaden, was die Techniker im stillen Kämmerlein verbockt haben. Wie sieht es nun für die Betriebe aus? In den USA offenbar nicht schlecht:
Volkswagen plant, die 650 betroffenen Autohändler für ihre Verluste zu entschädigen. Eine Einigung könnte bereits in den nächsten vier Wochen erzielt werden, berichtet das "Wall Street Journal". Das Verhältnis zwischen VW und den US-Händlern galt lange Zeit als angespannt. Viele mussten nach dem Dieselskandal den Frust ihrer Kunden abfedern. Zudem brachen die Umsätze teils stark ein.
Nun scheint sich der Wind gedreht zu haben. Die Verhandlungen über Entschädigungen "machen gute Fortschritte", lobte Alan Brown, Chef der VW-Händlervereinigung, im "Wall Street Journal". "Ich persönlich bin, was VW und unsere Zukunft angeht, optimistischer als je zuvor."
VW startete vor kurzem eine Reihe von Info-Veranstaltungen, die die Händler auf die Kompensation auch der knapp 500.000 Dieselfahrer in den USA vorbereiten sollen. Ende Juni hatten die Wolfsburger eine 14,7 Milliarden Dollar schwere Einigung mit den US-Behörden erzielt. Teil davon ist, dass die Besitzer entschädigt werden und VW alle Autos zurückkaufen muss, falls die Umweltbehörden keiner Reparatur zustimmen. Ein externer Dienstleister wird den Prozess begleiten.
Für betroffene europäische Händler lehnt VW eine Schadenersatzzahlung ab. Begründung: eine andere Rechtsordnung. Falsch: Den Händlern ist genauso ein Schaden entstanden wie den amerikanischen Kollegen. Sie haben genauso den Frust der Kunden aufgefangen. Dafür will sich VW – unabhängig von juristischen Ausflüchten – nicht revanchieren? Unfassbar! Was gilt dann das Wort von der Partnerschaft?
Zur Person:
Prof. Dr. Jürgen Creutzig ist seit 1968 als Rechtsanwalt tätig. Mit der Autobranche ist der Kölner seit langem eng verbunden. Von 1973 bis 2002 war er Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Als Präsident des Europäischen Verbandes des Kraftfahrzeuggewerbes (Cecra) vertrat er von 2001 bis 2010 die Interessen der Autohäuser und Werkstätten in Brüssel.
FrankDy
Christoph Haumann