Gebrauchtwagenverkauf: " ... soweit gesetzlich zulässig ... "

Seit Einführung des (nicht mehr ganz so) neuen Schuldrechts vor inzwischen mehr als 13 Jahren hat der Bundesgerichtshof (BGH) in vielfachen Urteilen über die Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) entschieden, wie sie in der Kfz-Branche standardmäßig verwendet werden. Gegenstand der höchstrichterlichen Überprüfung waren neben den Garantiebedingungen der Fahrzeughersteller insbesondere Neuwagen-AGB und Gebrauchtwagen-AGB. Ein Zentralthema in Gebrauchtwagen-AGB ist naturgemäß der Ausschluss bzw. die Begrenzung der Sachmängelhaftung. Der BGH hat mit Urteil vom 04.02.2015 (Aktenzeichen VIII ZR 26/14) über die häufig anzutreffende Ausschlussklausel "... soweit gesetzlich zulässig..." befunden, deren Wirksamkeit bisher kontrovers diskutiert wurde. Der Fall Ein Käufer erwarb im Jahr 2007 einen gebrauchten Mercedes-Benz ML 55 AMG mit einem Kilometerstand von 59.000 km zum Preis von 33.000 Euro. Der Verkäufer, ein Verbraucher, beauftragte einen Gebrauchtwagenhändler als Vermittler mit der Veräußerung des Fahrzeuges. Der Händler benutzte für den Abschluss des Kaufvertrages sein Vertragsformular mit seinen AGB. Diese enthielten einen formularmäßigen Gewährleistungsausschluss, wonach das Fahrzeug "(...) gebraucht, wie ausgiebig besichtigt, unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung im Hinblick auf sichtbare und unsichtbare Mängel, insbesondere bezüglich des Kilometerstandes, früherer Unfälle und etwa auftretender Schäden infolge früherer Unfälle (...)" veräußert wird. Auf der Rückseite des Kaufvertragsformulars war unter der Überschrift "Gewährleistung" zusätzlich bestimmt: "Das Fahrzeug ist verkauft unter Ausschluss jeder Gewährleistung. Ansprüche auf Wandlung, Minderung oder Schadensersatz sind, soweit das gesetzlich zulässig ist, ausgeschlossen, und zwar sowohl wegen erkennbarer als auch wegen verborgener Mängel (...)." Bereits einen Tag nach Fahrzeugübergabe bemerkte der Käufer ein "Klackern" im Motor und verlangte deshalb vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufvertrags sowie die Bezahlung von Aufwendungsersatz hinsichtlich der für das Fahrzeug vom Käufer angeschafften Sommerreifen. Der Verkäufer verweigerte beides und berief sich auf einen umfassenden Ausschluss der Sachmängelhaftung gemäß den Gebrauchtwagen-AGB. Es kam zum Prozess. Entscheidungen der beiden ersten Instanzen Sowohl das Landgericht Erfurt in der Ausgangs- wie auch das OLG Jena in der Berufungsinstanz wiesen die Klage des Käufers ab, obwohl durch ein gerichtlich erholtes Sachverständigengutachten festgestellt worden war, dass ein Kolbenschaden vorlag und der Totalausfall des Motors nur eine Frage der Zeit war; zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs wies dieses also nachgewiesenermaßen einen schwerwiegenden Mangel auf. Ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und Aufwendungsersatz wurde dem Käufer dennoch nicht zugestanden, weil der Verkäufer - so die Auffassung beider Gerichte - die Gewährleistung im Kaufvertrag wirksam ausgeschlossen hatte. Der Inhalt der oben stehend zitierten AGB-Klauseln wurde nicht beanstandet. Zwar machte der Käufer im Prozess auch geltend, dass er arglistig getäuscht worden sei und der Gewährleistungsausschluss allein deshalb nicht greifen könne. Der Verkäufer habe jedenfalls den Verdacht eines Vorschadens gehabt und dies habe er dem Käufer pflichtgemäß auch mitteilen müssen. Allerdings konnte der Käufer den ihm obliegenden Beweis eines solchen bestehenden Verdachts auf Seiten des Verkäufers nicht führen. Der Käufer legte gegen das die Klageabweisung bestätigende Berufungsurteil Revision zum BGH ein. Entscheidung des BGH Für den BGH kam es nicht darauf an, ob ein arglistiges Verhalten des Verkäufers vorlag, weil nach seiner Meinung ein Gewährleistungsausschluss schon anfänglich nicht anzunehmen war. Der BGH im Revisionsurteil wörtlich: "Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der formularmäßige Ausschluss der Sachmängelhaftung der Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen am Maßstab des §§ 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB nicht standhält und deshalb unwirksam ist." Der BGH hat wiederholt entschieden, dass eine umfassende Haftungsfreizeichnung in AGB-Klauseln auch für Körperund Gesundheitsschäden (§ 309 Nr. 7 Buchst. a BGB) sowie für sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden (§ 309 Nr. 7 Buchst. b BGB) wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH im Übrigen selbst dann, wenn der Käufer ein Fahrzeug nicht als Verbraucher, sondern als Unternehmer erworben haben sollte (BGH VIII ZR 141/06). Der BGH sah in den im Kaufvertrag verwendeten Klauseln eine solche unzulässige umfassende Haftungsfreizeichnung. Der Zusatz in einer AGB-Klausel "soweit das gesetzlich zulässig ist" beseitigt nach den Darlegungen des BGH die Unwirksamkeit einer gegen die gesetzlichen AGB-Regelungen verstoßenden Klausel nicht. Mit einer solchen Formulierung liegt eine "salvatorische Klausel" vor. Eine salvatorische Klausel ist wiederum ihrerseits unwirksam, wenn sie gegen das vom BGH postulierte "Verständlichkeitsgebot" verstößt. Ein solcher Verstoß gegen das Verständlichkeitsgebot wurde vom BGH angenommen, so dass das Berufungsurteil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen wurde. Neben einer rein apodiktischen Aussage fehlt im Urteil des BGH allerdings eine Begründung, weshalb die Bezugnahme auf das Gesetz ("... soweit gesetzlich zulässig...") missverständlich sein soll. Kurzfassung 1. Eine umfassende Haftungsfreizeichnung in AGB-Klauseln auch für Körper- und Gesundheitsschäden sowie für sonstige durch grobes Verschulden verursachte Schäden ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH unwirksam.2. Eine Haftungsfreizeichnung in diesem Umfang ist selbst dann unwirksam, wenn der Käufer ein Fahrzeug nicht als Verbraucher, sondern als Unternehmer erwirbt.3. Eine unwirksame vertragliche Regelung kann im Einzelfall durch eine "salvatorische Klausel" geheilt werden. Der Vertragstext "... soweit gesetzlich zulässig..." stellt nach dem Urteil des BGH vom 04.02.2015 (Az. VIII ZR 26/14) eine solche salvatorische Klausel dar.4. Eine salvatorische Klausel ist ihrerseits unwirksam, wenn sie gegen das vom BGH postulierte "Verständlichkeitsgebot" verstößt. Bei dem Klauseltext "... soweit gesetzlich zulässig..." ist ein solcher Verstoß gegen das Verständlichkeitsgebot anzunehmen. Kommentar Mit vielfachen und teilweise abenteuerlichen Formulierungen wird von Seiten des Gebrauchtwagenhandels immer wieder versucht, die Sachmängelhaftung auszuschließen oder jedenfalls zu begrenzen. Der BGH hat diesbezüglich in den letzten Jahren eine ganze Reihe von unzulässigen AGB-Klauseln kassiert. Wer das AGB-Formular des ZDK in der aktuellen Version verwendet, befindet sich dabei soweit auf der "sicheren Seite", wie man dies angesichts ständiger Änderungen der Gesetze, Verordnungen, Richtlinien und Rechtsprechung nur sein kann.Im Einzelfall kann allerdings das Bedürfnis bestehen, einen Gewährleistungsausschluss kurz und präzise zu vereinbaren. Sofern ein Ausschluss der Sachmängelhaftung möglich ist, bietet sich beispielsweise folgende Formulierung an: "Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelansprüche. Der Ausschluss der Sachmängelhaftung gilt nicht für grob fahrlässig und vorsätzlich verursachte Schäden und nicht für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers und der Gesundheit." Jedes Autohaus sollte in regelmäßigen Abständen die Wirksamkeit der Klauseltexte in den eigenen Vertragsformularen überprüfen.Rechtsanwalt Robert Glocker

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