Persönlichkeitsrecht: Mein Bild gehört mir?

Der Wettbewerb verlangt heute von den Unternehmen u. a. einen möglichst ansprechenden, modernen Internetauftritt. Dieser wird häufig mit der Abbildung der Belegschaft - sei dies in Einzel- oder in Gruppenfotos - gestaltet. Was geschieht mit solchen Arbeitnehmerfotografien, wenn der Arbeitsvertrag beendet ist, müssen die Fotografien gelöscht werden? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in seiner Entscheidung vom 19.02.2015, Az. 8 AZR 1011/13 mit einem solchen Fall befasst. Der Fall Für einen Internetauftritt ließ ein Unternehmer einen Werbefilm anfertigen, in welchem sein Unternehmen allgemein dargestellt wird. In dem betreffenden Video mit einer Länge von insgesamt wenigen Minuten ist auch ein Arbeitnehmer in zwei kurzen Sequenzen von jeweils zwei bis drei Sekunden zu sehen, und zwar einmal an einem Schrank stehend und zum anderen auf einem Stuhl sitzend. Der Arbeitnehmer hatte - ebenso wie 31 weitere Arbeitnehmer des Unternehmens - eine Einverständniserklärung zur Veröffentlichung des Videos mit seiner Darstellung unterzeichnet. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses widerrief der Arbeitnehmer seine Einwilligung zur Verwendung seines Bildes in den Filmaufnahmen und forderte den Unternehmer unter Fristsetzung auf, das Video von der Homepage zu entfernen. Diesem Verlangen kam der Unternehmer etwa zwei Monate nach Fristablauf nach, behielt sich jedoch vor, das Video zukünftig erneut auf seiner Homepage zu veröffentlichen. Damit gab sich der Arbeitnehmer nicht zufrieden. Er erhob Klage und verlangte die Unterlassung weiterer Veröffentlichung sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.819,75 Euro (entsprechend dem dreifachen Bruttomonatsgehalt) für die Zeit, in welcher seine Bilder ohne Einwilligung im Internet veröffentlicht wurden. Der Arbeitnehmer begründete seine Klage damit, dass er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zur Belegschaft gehöre. Deshalb sei auch ein etwaiges Einverständnis automatisch erloschen. Jedenfalls habe er seine Einwilligung wirksam widerrufen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses stelle insoweit einen wichtigen Grund dar, der den Widerruf rechtfertige. Es entspreche seinem anerkennenswerten Interesse, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht weiter mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht zu werden. Außerdem habe er für die von dem Unternehmen verwendeten Bildaufnahmen keine Bezahlung erhalten. Die beiden ersten Instanzen wiesen die Klage des Arbeitnehmers ab. Das BAG wollte sich ersichtlich mit einem solchen Fall befassen und ließ die Revision zu. Recht am eigenen Bild Jeder Mensch besitzt ein Persönlichkeitsrecht, das im Range eines Grundrechts dem Schutz seiner Person vor Eingriffen in den Lebens- und Freiheitsbereich dient. In der deutschen Rechtsordnung ist das Persönlichkeitsrecht mit dieser konkreten Benennung allgemeingesetzlich nicht geregelt. Spezialgesetzliche Bestimmungen beziehen sich jedoch auf einzelne besondere Persönlichkeitsrechte, wie das Recht auf Achtung der Ehre, das Namensrecht - oder das Recht am eigenen Bild. Gemäß § 22 Kunsturheberrechtsgesetz (Kunst-UrhG) gilt Folgendes: "Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt." Fotografien von Personen dürfen also nur mit vorheriger Einwilligung des Betroffenen veröffentlicht werden. Ohne Belang ist es, ob es sich um eine Einzelfotografie, Gruppenfotografie oder "Gelegenheits"-Fotografie handelt. Dabei ist eine Zustimmung bereits dann erforderlich, wenn sich aus den Gesamtumständen ein Rückschluss auf die Identität des Abgebildeten ziehen lässt. Dies gilt naturgemäß insbesondere dann, wenn die Bildveröffentlichung mit Namensangaben - auch mit abgekürzten Namensangaben - versehen ist. Ohne Einwilligung dürfen Bilder nur in den Ausnahmefällen des § 23 KunstUrhG (Bilder der Zeitgeschichte, Bilder von Personen als bloßes Beiwerk einer Landschaft, Bilder von Demonstrationen etc., Bilder, die einem höheren Interesse der Kunst dienen) veröffentlicht werden. Aus einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild ergibt sich ein Unterlassungsanspruch des Betroffenen. Bei schwerwiegenden Verletzungen besteht für den Betroffenen ein Anspruch auf Schadensersatz, der auch ein Schmerzensgeld beinhalten kann. Entscheidung des BAG Das BAG kam unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen und bei Berücksichtigung des Umstandes, dass der Arbeitnehmer seine Einwilligung zur Veröffentlichung seiner Abbildung widerrufen hatte, zu dem Ergebnis, dass diesem weder ein Unterlassungsanspruch noch ein Anspruch auf Schmerzensgeld zusteht. Unterstellt - so das BAG -, die Abbildungen des Arbeitnehmers im Video bedurften einer Einwilligung nach § 22 Kunst-UrhG, so hatte der Unternehmer diese schriftlich tatsächlich erhalten. Diese ohne Einschränkungen gegebene schriftliche Zustimmung erlosch auch nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Ein späterer Widerruf war zwar grundsätzlich möglich, jedoch hatte der Arbeitnehmer für diese Ausübung seines Rechts keinen plausiblen Grund angegeben. Im Streitfall war ein individueller Bezug der Filmaufnahmen auf die Person des Arbeitnehmers nicht ersichtlich. Vielmehr dienten die Aufnahmen der Darstellung von Arbeitsabläufen und der Präsentation des Betriebs. Die Persönlichkeit des Arbeitnehmers war damit nicht in den Vordergrund gestellt; soweit er in dem Film zu sehen war, diente dies nur Illustrationszwecken. In einem solchen Fall hat der abgelichtete Arbeitnehmer auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus kein gesteigertes Interesse an der Entfernung seiner Aufnahmen. Darüber hinaus war nach Auffassung des BAG zu berücksichtigen, dass es jedem Arbeitnehmer klar sein muss, dass solche Filmaufnahmen sehr kostenaufwändig sind und daher nicht im Rahmen einer üblichen Personalfluktuation ständig geändert bzw. neu erstellt werden können. Fazit Liegt eine Einwilligung des Arbeitnehmers zur Veröffentlichung seiner Bildnisse nicht vor, so sind diese aus einem Internetauftritt ohne Weiteres zu entfernen; der Arbeitnehmer hat einen Unterlassungsanspruch und ggf. sogar einen Schadensersatzanspruch. Hat der Arbeitnehmer eine Einwilligungserklärung abgegeben, kann er diese zwar grundsätzlich widerrufen. Ein solcher Widerruf ist jedoch nur dann wirksam, wenn gewichtige Gründe vorliegen, die den Widerruf rechtfertigen. Hierbei gilt: Je mehr die bildliche Darstellung des Arbeitnehmers einzelpersonbezogen ist, umso mehr ist ein gewichtiger Grund für den Widerruf anzunehmen. Beispiel: Ein inzwischen ausgeschiedener Werkstattleiter wird mit einigen anderen Mitarbeitern abgebildet mit der Veröffentlichung "Unser Werkstatt-Team Name A, Name B, Name C ...". Ein solcher Internetauftritt sollte zur Vermeidung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen umgehend geändert werden. Kurzfassung 1. Nach § 22 KunstUrhG dürfen bildliche Darstellungen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet bzw. veröffentlicht werden. Dies gilt selbstverständlich auch für Abbildungen von Arbeitnehmern auf der Internetseite des Arbeitgebers.2. Bei einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild ergibt sich für den Betroffenen ein Unterlassungsanspruch, in schwerwiegenden Verletzungen sogar ein Schmerzensgeldanspruch.3. Widerruft ein Arbeitnehmer eine vormals erteilte Genehmigung zur Veröffentlichung seines Bildes und kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, ergibt sich hieraus für den Arbeitnehmer nicht automatisch ein Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz.4. Ein solcher Anspruch ist nur dann anzunehmen, wenn die Abbildung über eine allgemeine Betriebspräsentation hinausgeht und einen ausdrücklichen individuellen Bezug auf den Arbeitnehmer hat. Kommentar Das in diesem Beitrag besprochene Urteil des BAG steht letztlich in einer Reihe von vorangehenden Urteilen aus der Instanzenrechtsprechung. Genannt seien beispielsweise das Urteil des LAG Köln vom 10.07.2009 (Az 7 Ta 126/09) sowie das Urteil des Arbeitsgericht Frankfurt vom 20.06.2012 (Az 7 Ca 1649/12). Auch nach diesen Urteilen kann der Arbeitnehmer nicht ohne Weiteres die vollständige Entfernung seiner bildlichen Darstellung auf dem Internetauftritt des Arbeitgebers verlangen. Nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt ist der Arbeitnehmer im Einzelfall im Rahmen der beim Persönlichkeitsrecht vorzunehmenden Interessenabwägung sogar auf ein "milderes Mittel" zu verweisen. Es genügt hierfür beispielsweise das Verpixeln eines Gesichts sowie die Entfernung eines Namens, damit der Arbeitnehmer nicht mehr individualisierbar ist. Ob ein solches Verpixeln für einen Internetauftritt zielführend ist, mag allerdings auf einem anderen Blatt stehen.Rechtsanwalt Rainer Bopp, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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