Weniger Gewicht heißt weniger Verbrauch - bedeutet aber auch mehr Agilität und Fahrspaß. Dies gilt in besonderem Maße bei Sportwagen. Und exakt aus diesem Grund fassten vor vier Jahren die Entwickler bei Mercedes-Benz den Entschluss: Die Karosserie der nächsten SL-Generation wird nicht wie bisher aus Stahl, sondern aus Aluminium sein.
Besser hätten es die Stuttgarter zeitlich auch nicht treffen können. Schließlich ist das Thema Leichtbau derzeit in der Autobranche en vogue. Nach Audi und Jaguar ist Mercedes damit der dritte Hersteller, der das Leichtmetall in Großserie einsetzt. Hierzu wurde im Werk Bremen eigens eine neue und vollautomatisierte Fertigungsstraße eingerichtet. Deren Kapazität liegt bei mehr als 100 Fahrzeugen pro Tag. Eigene Pressen verwendet Mercedes allerdings nur für Alubleche, aus denen unter anderem Hauben, Kotflügel, Türen und Seitenteile entstehen. Sämtliche anderen Aluminium-Halbzeuge wie Guss- und Strukturteile stammen von Zulieferern.
Der neue SL, interne Bezeichnung R 231, wiegt bis zu 140 Kilogramm weniger als der Vorgänger (R 230). 110 Kilo davon gehen allein auf das Konto des Leichtmetalls. Die Biege- und Torsionssteifigkeit der Rohkarosserie soll um über 20 Prozent gestiegen sein. "Unsere Aluminium-Struktur wiegt lediglich 254 Kilogramm und ist der Stahlausführung in jeder Disziplin überlegen", sagt Thomas Rudlaff, Leiter Alu-Rohbau, "sowohl was die Steifigkeit, die Sicherheit als auch das Schwingungsverhalten angeht." Eine 100prozentige Aluminium-Quote erreicht allerdings auch der SL nicht. Wegen der Überschlagsicherheit erhielten die A-Säulen und der Windschutzscheibenrahmen Stahlverstärkungen.
Akustik-Trick im vorderen Fußraum
Gegenüber den Wettbewerbern setzt Mercedes teils auf neue Füge- und Verbindungstechniken und verwendet einzigartige Strukturteile. So bestehen die vorderen Längsträger aus sogenannten Hydroform-Profilen, die Seitenschweller aus Sieben-Kammer-Strangpressprofilen oder der dreiteilige Mitteltunnel aus "Tailored Welded Blanks", in der Dicke variierenden Blechen. Die Stirnwand (AlSi10MgMn) des SL ist laut Rudlaff das größte Alu-Druckgussteil im Karosseriebau und reduziert die Anzahl der Bauteile gegenüber früher erheblich. Für den Boden verwendet Mercedes rund vier Zentimeter dicke Sandwichplatten, die durch Reibrührschweißen hochfest miteinander verbunden werden.
Eine Besonderheit ließen sich die Mercedes-Ingenieure im vorderen Fußraum des SL einfallen. Aufgrund der sehr steifen Gussstruktur zwischen Stirnwand, Längsträger und Radkasten wurden dort - einzigartig in der Branche - große Basslautsprecher platziert. Ihnen steht aus dem dahinter liegenden Hohlraum ein Resonanzvolumen von insgesamt 17 Litern zur Verfügung. Der Akustik-Trick erlaubt eine nie gekannte Klangqualität und soll selbst einen offenen Roadster in einen rollenden Konzertsaal verwandeln können.
Lutz Lohmann