Automobilhandel und Politik – das ist nicht immer eine glückliche Beziehung. Ein echter Könner beider Metiers ist Klaus Dieter Breitschwert. AUTOHAUS traf den Unternehmer, Ehrenpräsidenten des Bayerischen Kfz-Gewerbes und ehemaligen Landtagsabgeordneten vor kurzem zum Interview. Der Rahmen war passend gewählt: Beim Sommerempfang der Bayerischen Mittelstands-Union in seinem Ansbacher Autohaus begrüßte Breitschwert zahlreiche CSU-Granden.
AUTOHAUS: Im Kfz-Gewerbe gab es zuletzt kritische Stimmen, die der Politik eine zu große Nähe zur Industrie vorwerfen. Dagegen finde die mittelständische Branche bei wichtigen Themen kaum Gehör. Woran liegt das?
Klaus Dieter Breitschwert: Zunächst möchte ich festhalten: Es gibt nicht die eine Politik. Es gibt immer nur unterschiedliche Entscheidungsträger und entsprechend differenzierte Meinungen. Das politische Gebilde ist unglaublich komplex, angefangen von den Kommunen über die Länderparlamente und Städtetage bis hin zu Bundestag, Bundesrat und – auf europäischer – die Institutionen der EU. Dann die Regierungen, Parteien, Koalitionen, Ausschüsse, Gremien usw. Nur wer das Innenleben der Politik kennt und versteht, kann wirkungsvoll arbeiten. Deswegen bringen uns allgemeine Aussagen wie "Die Politik ist schlecht" nicht weiter. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass sich dadurch alle angesprochen fühlen.
AH: Es geht also um Zusammenhänge, Verbindungen und handelnde Personen. Warum tut sich die Branche so schwer damit.
K. D. Breitschwert: Die Schwierigkeit für das Kfz-Gewerbe besteht darin, dass wir uns sehr konkret mit den einzelnen Bereichen auseinandersetzen müssen. Die Innung und Verbandsvertreter haben die Aufgabe, die Anliegen unserer Betriebe und Branchen bei den Ansprechpartnern in den Städten und Ländern und Bund vorzubringen. Es reicht nicht, bei einer politischen Veranstaltung in der Nähe eines wichtigen Entscheidungsträgers zu sitzen. Interessensvertreter müssen sich schon auf diesem Parkett bewegen können und die Ansprüche erläutern und anmelden. Am Ende zählt ohnehin nur die Frage: Wer bekommt Recht bzw. wer schafft die Mehrheit?
AH: Was kann die Branche noch tun?
K. D. Breitschwert: Wir müssen unter anderem aufpassen, dass wir unsere eigene Geschichte nicht schlechtreden. Ich weiß natürlich um die Schwierigkeiten beim Dieselabsatz. Aber ich halte es beispielsweise für falsch und überzogen, wenn wir Verluste pro Euro-5-Diesel von 20 bis 30 Prozent nach außen kommunizieren. Das kann im Einzelfall stimmen, aber nicht in der Breite. Das könnte für mittelständische Autohändler existenzbedrohend sein.
AH: Das Kfz-Gewerbe muss sich besser verkaufen – welche Rolle spielt dabei die PR-Arbeit der Innungen und Verbände?
K. D. Breitschwert: Die Öffentlichkeitsarbeit ist von entscheidender Bedeutung. Der Grund ist einfach: Früher war die Presse die sogenannte vierte Macht im Staat, heute steht sie an Nummer eins. Ich denke zuvorderst an die Tele- und danach an die Printmedien mit ihrem großen Einfluss auf die Meinungsbildung in der Bevölkerung. Natürlich geht es zentral um die Botschaft. Man muss inhaltlich etwas zu sagen haben. Verbandsmitglieder beispielsweise wollen sehen, was für sie konkret initiiert wird.
AH: Schwelende Dieselkrise, zögerliche Nachrüstung, weitere Fahrverbote in großen Städten – was setzt dem Automobilhandel derzeit am stärksten zu?
K. D. Breitschwert: Aus meiner Sicht ist die Deutsche Umwelthilfe eine ganz besondere Herausforderung. Die Organisation, die nach meiner Wahrnehmung den Grünen nahesteht, traktiert die Kfz-Betriebe seit Jahren unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes mit Abmahnungen, selbst bei den kleinsten Abweichungen und füllt sich mit überzogenen "Abmahngebühren" noch die Taschen. Dagegen müssen die Verbände weiter entschieden vorgehen.
AH: Glauben Sie noch an den Dieselantrieb?
K. D. Breitschwert: Ja, absolut. Der moderne und saubere Diesel ist auf weite Sicht erforderlich. Wir brauchen die Technologie nicht nur zur Einhaltung des Flottenverbrauchs. Auch im Individualverkehr wird sie weiter eine gewichtige Rolle spielen. Das gilt insbesondere für Vielfahrer, den ländlichen Raum und im Bereich der Lkw.
AH: Die Nachrüstung der Abgasreinigung bei älteren Diesel-Pkw stand 2018 auf der Agenda des Kfz-Gewerbes ganz oben. Bislang fehlen die Systeme in der Breite. Was sagen sie dazu?
K. D. Breitschwert: Mir ist bewusst, wie technisch anspruchsvoll solche Lösungen sind. Deren Entwicklung benötigt Zeit und beginnt bereits zu wirken. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Nachrüstung eine Erfolgsgeschichte werden kann, gerade im Umfeld von großen Städten, wo Dieselfahrer mit Fahrverboten rechnen müssen, aber auch darüber hinaus. Voraussetzung dafür ist, dass die Eigenbeteiligung der Kunden in einem vertretbaren Umfange bleibt. Auf jeden Fall würde eine technische Nachrüstung die Dieselwerte stabilisieren und uns den Abverkauf erleichtern. Man darf nicht vergessen: Dahinter steht ein gigantisches Volksvermögen, nicht nur auf den Höfen, sondern auch bei den Fahrzeugbesitzern.
AH: Wie stehen Sie zur Elektromobilität?
K. D. Breitschwert: Unabhängig davon, dass wir als VW-Konzernhändler agieren, sage ich: Die Entwicklung hin zum Elektroauto ist unaufhaltsam, das ist politisch auch so gewollt. Deshalb bieten wir unseren Kunden mit Überzeugung E-Fahrzeuge und die entsprechende Ladeinfrastruktur an. Als Kfz-Unternehmer möchte ich schließlich auch in Zukunft Autos verkaufen und servicetechnisch betreuen. Natürlich müssen wir zurzeit technisch sehr viel in die Betriebe investieren. Da ist Anpassungsfähigkeit gefragt. Aber das ist seit jeher eine große Stärke des Automobilgewerbes.
AH: Wie sollten die Kfz-Betriebe dem Mangel an Fachkräften begegnen?
K. D. Breitschwert: Ausbilden, ausbilden, ausbilden! Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass die Ausbildung eigener Fachkräfte selbst im harten Wettbewerb mit der Industrie funktioniert. Dass dies im Zuge der demografischen Entwicklung nicht leichter wird, ist klar. Man muss den Nachwuchs aber nur konsequent fördern und ihm eine Perspektive bieten. Das Auto ist für junge Menschen nach wie vor interessant. Das ist meine feste Überzeugung. Grundsätzlich muss aber an der Imageschraube pro Handwerk noch kräftiger gedreht werden. Wir brauchen nicht nur Elite-Unis, sondern gleichgewichtig Elite-Handwerk.
AH: Im ersten Halbjahr bewegte sich der deutsche Automarkt auf hohem Niveau. Wie fällt ihr persönliches Zwischenfazit aus?
K. D. Breitschwert: Ich bin mit der Entwicklung zufrieden. Mit den Marken VW, VW-Nutzfahrzeuge, Weltauto und dem zugehörigen Service, übrigens auch für Skoda und Seat sind wir auf Kurs, auch im 2016 gestarteten Kia-Betrieb in Feuchtwagen läuft es ordentlich. Dort ist, wie auch anderswo, die ADAC-Partnerschaft und das Abschleppgeschäft von Bedeutung. Die Audi-Seat-Skoda-Kooperation mit Feser-Breitschwert in Burgoberbach kommt sehr gut voran. Für das zweite Halbjahr bin ich vorsichtig optimistisch. Wir werden sehen, wie die WLTP II-Umstellung ab September läuft und wie die Umstellungspolitik der Hersteller/Importeure zum Jahresende hin aussehen wird. Ab 2020 gelten die strengen EU-Grenzwerte und da wird sicher noch 2019 CO-2 –Lastiges vorgezogen.
AH: Sie blicken auf eine lange Karriere in der Kommunal- und Landespolitik sowie im Ehrenamt zurück. Jetzt sind Sie, 76 Jahre alt, - wie auch in den Jahrzehnten zuvor - im Autohaus. Wie würden Sie Ihr aktuelles Jobprofil beschreiben?
K. D. Breitschwert: Als geschäftsführender Gesellschafter bin ich nach wie vor tätig und bringe meine Erfahrungen und Möglichkeiten entsprechend ein.
AH: Herr Breitschwert, herzlichen Dank!
Interview: Ralf Padrtka
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