Heycar: Der Herausforderer aus Berlin-Mitte

Der Herausforderer sitzt in Berlin, genauer gesagt im Stadtteil Mitte, Rosenthaler Straße 42. Hektisch rennen die Mitarbeiter über den Flur des Büros, das jetzt schon an seine Kapazitätsgrenzen stößt. An der Wand hängen Displays mit den wichtigsten Kennzahlen, damit auch alle der rund 60 Mitarbeiter tagesaktuell auf dem Laufenden sind. HeyCar-CEO Markus Kröger hält kurz inne, um einen Kollegen durchzulassen, der im Eilschritt via Headset mit einem Kunden spricht. Branchengrößen "ongeboardet" Kröger nickt und zeigt auf die Top-100-Händler-Liste - quasi ein analoges Zeugnis für den Erfolg. Bei acht der zehn größten deutschen Autohandelsgruppen findet sich ein Haken. Bedeutet: Sie ließen sich schon von der neuen Qualitätsplattform für alle Automarken - so der Anspruch - überzeugen. In der HeyCar-Sprache heißt das "ongeboardet". Die große Außendienstmannschaft des operativen Partners Volkswagen Financial Services, der hinter dem Branchenneuling steht, scheint einen guten Job zu machen. "Der Markt, den wir adressieren können, liegt bei 500.000 Fahrzeugen", erklärt der HeyCar-Chef im Besprechungsraum. "Als Partner des Handels wollen wir diesen Markt bedienen. Und die Resonanz der Händler stimmt uns sehr positiv." Drei Monate nach dem Launch waren bereits 150.000 Inserate in der GW-Börse. Zur Erinnerung: Ende Oktober war HeyCar gestartet - mit dem Ziel, die bekannten Player mobile.de und AutoScout24 anzugreifen. "Wir haben den Anspruch, uns perspektivisch als Plattform Nummer eins für höherwertige Gebrauchtwagen in Deutschland zu positionieren", sagte damals Dr. Christian Dahlheim, Vertriebsvorstand von Volkswagen Financial Services. Fahrzeuge bis acht Jahre und 150.000 Kilometer sowie keine Werbung und Inserate von privat - das sind die Eckdaten. Preismodell noch nicht bekannt Wie ein Boxer scheint der Herausforderer aus der Hauptstadt zu spüren, dass der Champion ein wenig angeschlagen ist. Keine Frage: Die Diskussionen über die Geschäftsmodelle der großen Fahrzeugbörsen fallen in der Händlerschaft mitunter heftig aus. Stichwort: Preisbewertungen. Doch auch bei HeyCar gibt es noch eine wichtige Unbekannte, nämlich das Preismodell. Denn aktuell zahlen die Marken- und ausgewählten freien Händler nämlich noch keinen Cent. CEO Kröger spricht von einer erfolgsabhängigen Vergütung. Man möchte das Konzept der Plattform gemeinsam mit dem Händlerbeirat erproben, auch das Preismodell soll in enger Abstimmung mit den Händlern entstehen. Ein Vertrauensvorschuss der Autohandelsbetriebe für den Newcomer. Kröger sieht darin kein Problem: "Wir haben viele organische Anfragen. Die Händler sagen: 'Wir wollen auf eure Plattform.'" Maximal eine Woche dauert das sogenannte Onboarding, heißt es in Berlin. Doch was treibt den HeyCar-CEO, der schon Führungspositionen bei PayPal und Delivery Hero bekleidete, an? "Wir wissen, dass wir eine große Chance haben, weil wir den Kunden in den Mittelpunkt stellen." Ein klassischer Start-up-Ansatz, sich vom Konsumenten leiten zu lassen. "Persönlich fand ich die Kombination spannend: etwas Neues aufzubauen und diese knifflige Situation zu lösen. Das reizt mich sehr." Kröger denkt kurz nach: "Hier geht es um eine unternehmerische Herausforderung." Und der relativ späte Markteintritt? "Ich glaube nicht, dass wir zu spät dran sind", betont er. Die Marke in die Köpfe bekommen Wer allerdings einen kundenzentrierten Ansatz wählt, der muss eine neue Marke wie HeyCar erst einmal in den Köpfen der Bevölkerung verankern. Sonst bleibt der Traffic auf der Website aus. Und den Traffic braucht man schließlich, damit die angeschlossenen Händler auch Geschäft machen. Zumal Experten gerne davon sprechen, dass es zehn Jahre dauern könne, bis man eine Marke etabliert habe. Auf die richtige Marketingstrategie kommt es also an, das wissen auch die Verantwortlichen in Berlin und Braunschweig. So wurde der Startschuss in den Regionen Berlin, Hamburg/Bremen und Rhein/Ruhr intensiv mit SEO-Maßnahmen begleitet. Für den großen Marketing-Hingucker sollen dann ab März dieses Jahres weitere Maßnahmen ergänzend sorgen: Mit Fernsehspots, einer nationalen Printkampagne und Out-of-Home-Werbung will man die Endkunden auf die Website locken. Händlern gut zuhören "Wir haben heute schon deutschlandweit alle Regionen abgedeckt", bestätigt Kröger im Gespräch. Aus Sicht der Plattformmacher müssen sich die Regionen jetzt nur noch mit Leben füllen, sprich Händler akquiriert werden. Allein diese Woche seien über 60 Standorte dazugekommen, so der HeyCar-Chef. Damit das Wachstum so weiter geht, will man dem Markt gut zuhören, die richtigen Schlüsse ziehen und Lösungen anbieten. Ein kleines Beispiel gefällig? Auf der Startseite wurde das große Bild des VW-Modells durch ein Fahrzeug von Mercedes-Benz ersetzt. Schließlich sieht man sich als Qualitätsplattform für alle Marken - das sollte dann auch optisch rüberkommen. Aktuell würden schon 25 Prozent der Fahrzeuge nicht aus dem VW-Konzern stammen, freut sich Herausforderer Kröger. Kurzfassung Bei acht der zehn größten deutschen Autohandelsgruppen konnte der neue Player HeyCar, hinter dem VW Financial Services steht, schon punkten. Die GW-Börse sieht sich als Qualitätsplattform für alle Automarken. Allerdings gibt es aktuell noch eine wichtige Unbekannte: das Preismodell.

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