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Breitschwert: "Klare Signale setzen"

02.08.2016 15:57 Uhr
Klaus Dieter Breitschwert
Klaus-Dieter Breitschwert: "Die Absicht bestimmt die Sicht. Und wir haben in Bayern ja nur gute Absichten!"
© Foto: Kfz-Gewerbe Bayern

Umsatz und Zulassungszahlen im ersten Halbjahr sehen erfreulich aus. Doch das Bild wird getrübt - unter anderem durch magere Renditen, hohen bürokratischen Aufwand und gekaufte Zulassungen.

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Von Prof. Hannes Brachat

Das große Sommer-Interview: AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat sprach mit Klaus-Dieter Breitschwert, dem Präsidenten des Kraftahrzeuggewerbes Bayern. Thema: Bayerns gute Absichten!

AUTOHAUS: Wie charakterisiert der bayerische Landesverbandspräsident die konjunkturelle Autolandschaft im ersten Halbjahr 2016 für seine Mitglieder?

Breitschwert: Vorweg, ich spreche hier als Interessensvertreter der bayerischen Kfz-Betriebe und deren Belange. Unsere Mitglieder sollen sehen, was sich auf verschiedenen Ebenen des Gewerbes bewegt und für was wir uns aktiv einsetzen. Umsatz und Zulassungszahlen selber geben für Bayern im ersten Halbjahr ein erfreuliches Bild ab. Auch die Zahl der Beschäftigten. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Im Fahrzeugverkauf - Neu- wie Gebrauchtwagen - wird vielfach zu wenig verdient, Werkstatt- und Teilebereich stehen in Sachen Ertrag ebenso unterhalb der Erwartungshaltung. Die Hauptursache: Wer die Tageszulassungen vom ersten Halbjahr analysiert, stellt fest, dass nach wie vor gut 30 Prozent des Neuwagenmarktes mit System gekauft werden. Opel ist mit 44 Prozent im Boot. Selbst Porsche ist mit 37 Prozent Tageszulassungen unterwegs. Und die billigste Marke, Dacia zeigt, dass man auch mit sieben Prozent Tageszulassungen gut klar kommen kann. Die Folge dieser Geldvernichtung sind im Handel nicht zufriedenstellende Deckungsbeiträge. Der Einheiten wegen!

Rendite

Wie sieht eine mögliche Weichenstellung für eine verbesserte Rendite aus?

Breitschwert: Im unbedingten Willen der Hersteller und Importeure für drei Prozent Rendite für den Markenhandel. Eine grundsätzliche weitere Chance liegt in der Verbesserung der Prozesse durch Digitalisierung. Wir werden beispielsweise in der Zukunft im Service pro Tag mehr Werkstattdurchgänge pro Betrieb haben. Aber, pro Werkstattdurchgang weniger verkaufte Stunden. Der unproduktive Arbeitsanteil steigt dadurch. Wenn wir also jetzt die papierlose Annahme im Service einführen, dann muss diese die Effizienz erhöhen. Dass die Digitalisierung in unseren Betrieben selbst große Effizienzsprünge bringen wird, sollten wir nicht erwarten, zumal die Personalkosten unseren größten Kostenbereich ausmachen. Dennoch: Mit der Digitalisierung lassen sich im Markenbetrieb und bei freien Werkstätten Prozesse verbessern.

Nehmen sie als Beispiel unsere Neuwagengarantieabwicklungen. Da bedarf es für einen Antrag je nach Marke mehrere Kundenunterschriften. Das könnte und sollte nur eine sein. Sehr oft muss auch ein höherer bürokratischer Abwicklungsaufwand betrieben werden, der bis zu einer halben Stunde zeitlicher Belastung darstellt. Wenn wir die Garantien künftig digital abwickeln und die Garantieaufwendungen kostendeckend vergütet erhalten, dann macht das eine Renditeverbesserung von 0,5 Prozent aus. Die Spitze des Deutschen Kfz-Gewerbes ist da gefordert, Verbesserungen zu erreichen. Wichtig ist hier auch die digitale Fahrzeugzulassung. Ich erlaube mir noch die Anmerkung, so morgen das Zinsniveau wieder ansteigt, wird es weiteren Druck auf die Rendite geben.

ZDK

An welchen Themen arbeitet die ZDK-Vorstandschaft in Bonn?

Breitschwert: Zwangsläufig gibt es da immer auch formelle Basisthemen, also Finanzlage, Bericht des ZDK-Präsidenten, des Hauptgeschäftsführers, des Berliner Büros, Veranstaltungen, Postenbesetzungen u.a. Haupttätigkeit des obersten Gremiums des Verbandes sollte grundsätzlich sein, die politischen Segel für die Zukunft der Branche zu setzen. Ein aktueller Sachverhalt: Die Mitglieder können erwarten, dass sich die hauptamtliche Spitze des ZDK für die Gleichbehandlung der deutschen mit den amerikanischen Händlern hinsichtlich einer VW-Entschädigung in der Dieselaffäre einsetzt. Interessenvertretung! Ich darf darauf verweisen, dass diese Forderung der frühere ZDK-Hauptgeschäftsführer Prof. Jürgen Creutzig letzte Woche bei AUTOHAUS.de argumentativ vertreten hat.

Konzentration

Und wie beurteilen Sie das Thema Branchenkonzentration?

Breitschwert: In der gegenwärtigen Phase wird von Seiten der Hersteller/Importeure auf weniger Eigentümer und pro Eigentümer auf mehr Betriebe gesetzt. Weniger Partner, weniger Vertriebskosten. Mehr Verlagerungsmöglichkeiten. Die Sicht der Konzentration - und damit weniger Händler - ist aber nicht das Abbild der Realität. Diverse Marken haben sich von ihrem B-Händlernetz getrennt. Diese Händler bedienen sich nun freier Kanäle und haben neben besseren Konditionen keine Verkaufsstandards mehr zu erfüllen. 

Tatsache ist, die Hersteller reduzieren die Bedeutung des Markenhandels und bauen nach und nach den freien Parallelhandel auf. Wer bedient Sixt mit Neuwagen? Bald wird die HUK mit dabei sein. Oder wer beliefert große, freie Händler mit Neuwagen? Es ist ohne Frage sinnvoll, dass der ZDK für betroffene Betriebe darstellt, wie es konzeptionell ohne Markenhändlervertrag für einen Betrieb weitergehen kann. Dazu gehört unter anderem die Sicherung des Servicevertrages.

Schadensteuerung

Da kommt auch immer die Schadensteuerung durch die Kfz-Versicherungen auf. Jetzt offerieren die Kfz-Versicherer ihren Kunden eigene Apps, um noch unmittelbarer einwirken zu können.

Breitschwert: Es wäre auch hier sinnvoll, der ZDK würde jährlich eine Übersicht schaffen, welche Versicherung wie und zu welchen Konditionen Schadensteuerung betreibt. Es sind die Betriebe, also die Mitglieder selber, die sich an der Schadensteuerung aktiv beteiligen. Die Gegenantwort der Automobilhersteller bleibt nicht aus. Mercedes-Benz hat nun seit 1. Juli 2016 eine eigene App eingeführt und wird künftig darüber seine Kunden steuern. Ein Verbandsorganisation wird diese Entwicklung nicht verhindern, sondern sollte Markttransparenz schaffen und mal Betriebe reden lassen, die zeigen, wie man das Steuerungsmanagement der Versicherungen im eigenen Betrieb wirtschaftlich löst. 

E-Automobile

Der ZDK gehörte auch zu den Institutionen, die die Prämie für Elektroautos ablehnten. Der bisher überschaubare Erfolg der Förderung gibt dem Verband recht.

Breitschwert: Es liegen inzwischen von Volkswagen, von Audi, von BMW und von Mercedes-Benz klare strategische Aussagen zum Elektroauto bis 2025 vor. Das E-Auto wird kommen. Das Thema Reichweite, der Fahrzeugpreis, die Batteriekosten, die Ladeinfrastruktur, das lässt sich alles Zug um Zug lösen. Die Akzeptanz des Ganzen geht vom Kunden aus. Wir sollten die geforderten Schritte offen begleiten.

Ich fände eine ZDK-Studie sinnvoll, die den Investitionsrahmen für E-Autos bei freien Werkstätten und beim Markenhandel aufzeigt. Ebenso die Ausbildungsnotwendigkeiten. Dazu gehört auch eine Analyse über wegfallendes Öl, Zündkerzen, Zahnriemen u.a. Wir haben zur Stunde 45 Millionen Pkw auf der Straße. Bis eine Million davon Elektrofahrzeuge sind und zum Auslastungseinbruch führen, wird es noch einige Jahre dauern. Im Moment sind auf deutschen Straßen ganze 25.000 reine Elektroautos unterwegs.

Blaue Plakette, Endrohrmessung

Ein Wort zur "Blauen Plakette", zur Schadstoffmessung am Endrohr?

Breitschwert: Der ZDK lehnt die "Blaue Plakette" ab und vertritt dies auch klar in Berlin an den entsprechenden Stellen. Es wäre allerdings wünschenswert, dass diese Sichtweise inklusive der Endrohrprüfung in der breiten Öffentlichkeit der Branche für jedes Mitglied dargestellt würde. Es kann und darf nicht sein, dass 13 Millionen Dieselfahrer aus den Städten ferngehalten werden.

Wichtigstes politisches Anliegen der Abgasmessung sollte sein, nachdem doch überall - auch bei den Herstellern - der Kunde ganz vorne steht, dass künftig realistische Verbrauchswerte gemessen werden, die dann auch in den Fahrzeugprospekten stehen und dem tatsächlichen Kraftstoffverbrauch auf der Straße entsprechen. Das schafft glaubwürdige Kundenzufriedenheit.

Digitalisierung

Ein Wort zur Digitalisierung?

Breitschwert: Auch hier gilt es klare Signale zu setzen. Wir tun das unter anderem unter "Bayern Digital" und stehen da in engem Austausch mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie. Mal sehen, mit welchen Ideen wir hier für frischen Wind in der Branche sorgen können. Die Absicht bestimmt die Sicht. Und wir haben in Bayern ja nur gute Absichten!

Herr Breitschwert, vielen Dank für das Gespäch!

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