Leadmanagement: Age of customer - wie bitte?

Vor einigen Monaten fragte mich ein amerikanischer Investor in einem Beratungsprojekt, mit welchen Systemen die deutschen Automobilhändler ihre Kundenanfragen aus den verschiedenen Quellen messen. Egal, ob Telefon, E-Mail, Schauraumbesuch, Weiterleitung von der Webseite des Herstellers, der eigenen Webseite oder von bestimmten Autobörsen. Es müsse doch Systeme geben, die Autohäuser in Deutschland zur Verfolgung von Kundenanfragen einsetzen. Und dann wollte er auch gleich noch wissen, was denn so die besten Leadquellen seien und wie sie zum Erfolg beitragen. Leider musste ich ihn da enttäuschen. Die Aussage "Solche Zahlen haben nur die wenigsten Händler in Deutschland" verblüffte ihn und machte ihn etwas ungläubig. Er gab mit klar zu verstehen, dass dies in den USA und auch in UK Standard sei. Am Ende einer Woche wisse der Händler, wie seine analogen/digitalen Medienquellen und seine Verkäufer im Verlauf der Woche "performt" haben. Gerade in Deutschland, "wo ihr tolle Prozesse habt", müsse es doch so etwas geben. Service transparenter als Verkauf? Ist hier eine Entwicklung an Automobilbetrieben vorbeigegangen? Pauschal kann man das wohl nicht sagen. Aber vielleicht hinkt der Verkauf in Sachen Transparenz noch etwas hinterher. Schauen wir uns den Service im Kfz-Betrieb an. Da sind wir doch einsame Spitze. Arbeitswert-Systeme geben den richtigen Überblick, wie lange wir für bestimmte Arbeiten benötigen, und am Ende der Woche können wir sehen, wie viel AW aufgewendet und wie viel davon auch tatsächlich weiterberechnet wurden. Ganz nebenbei können wir dank unserer Software über wenige Mausklicks erfahren, welcher Mechaniker die beste Relation zwischen Input und Output hat. Stellen wir die gleiche Frage nach Effizienz einmal im Verkauf. Wie konvertiert eigentlich eine Interessenten-Anfrage, die von der Webseite des Herstellers an das Autohaus weitergeleitet wird? Wie viele Anfragen von einer Börse brauche ich, damit meine Verkäufer, besser noch differenziert nach Verkäufern, ein Auto verkaufen? Wie viele Kunden melden sich auf eine Anzeige in der lokalen Tageszeitung? Das können oder wollen wir nicht messen? Oder interessiert es uns einfach nicht? Bei der Verfolgung von Leads (Neudeutsch für Kundenanfragen) aus den verschiedenen analogen und digitalen Quellen stoßen die Herstellersysteme oft an ihre Grenzen. Aber ich denke, es ist auch die Aufgabe des Unternehmers, sich im Verkauf den Überblick zu verschaffen, den er seit Jahrzehnten im Service hat. Die Gründe und Treiber, warum wir ein AW-System haben, will ich hier nicht besprechen, das würde glatt den Rahmen sprengen. Fakt ist: Es gibt Systeme, die Transparenz in den Vertriebsvorgang bringen. In Deutschland werden diese Systeme bisher nur wenig genutzt. Doch diese Leadmanagement-Systeme kommen langsam in Mode - aber eben nur langsam. Keine Frage: Schon vor 20 Jahren ist die "CRM-Sau" durchs Dorf getrieben worden und leider elendig verendet. Die Notwendigkeit für ein Customer-Relationship-Management wurde nicht gesehen und von Misstrauen bezüglich des Kundendatenschutzes begleitet. CRM und Leadmanagement sind nicht ganz vergleichbar, da Leadmanagement-Systeme die prozessuale Bearbeitung von Kundenanfragen im Fokus haben, aber vielleicht erklärt das die Akzeptanzprobleme beim Handel. Erzählen Sie heute bloß keinem Händler etwas von CRM. Der Begriff ist von den Herstellern leicht verbrannt worden. Vielleicht war die Zeit auch zu früh, denn bis heute ist es ja auch ohne CRM und Leadmanagement-System immer noch gut gegangen. Wollen die Kunden alles sofort? Mit dem Internet beziehungsweise den neuen Medien kommt jetzt aber Druck auf den Kessel. Der Automobilhandel sieht sich einer Flut von unterschiedlichen Leadquellen ausgesetzt, die es zu bändigen gilt. Solange sich das Internet auf die Gebrauchtwagenbörsen konzentriert hat, war alles okay. Die Anfragen wurden an die Gebrauchtwagenabteilung weitergeleitet. Alles war überschaubar. Jetzt im Zeitalter der Kunden kommen die Anfragen aus zig Quellen (NW, GW, Service und was noch alles kommen wird) und der Autohandel muss organisatorisch und systemseitig reagieren. Unternehmer sollten deshalb ihre Prozesse neu definieren. Ein Beispiel gefällig: Wo leite ich die Anfragen, die über Social-Media-Plattformen gestellt wurden, hin? Fragen über Fragen. Doch damit nicht genug, jetzt wollen die Verbraucher (Neudeutsch: Customer) auch noch eine Antwort innerhalb von vier Stunden, nachdem sie eine Anfrage gestellt haben - besser sind natürlich 15 Minuten! An diesem Punkt sind wir nun beim Automobilhandel angekommen. Viele Anfragen, die nach Meinung der Verkäufer alle Schrott sind, und Verbraucher, die alles möglichst schnell wollen. Wartezeiten von über 24 Stunden gehen aus Sicht der Verbraucher gar nicht mehr. 43 Prozent der potenziellen Kunden wechseln bei Nicht-Reaktion nach vier Stunden den Händler oder noch schlimmer die Marke, wie es sich bei "Cap Gemini Cars Online 2014" nachlesen lässt. Wer hat den Überblick? Das Gebot der Stunde, liebe Autohausunternehmer, schafft die Transparenz, die Ihr in der Werkstatt habt, endlich auch im Vertriebsprozess. Das digitale Zeitalter hat auch Eure Prozesse beschleunigt. Prozesse sind das neue Marketing. Nur mit klaren Regeln sind die Anfragen aus verschiedenen Quellen mit den seitens der Kunden erwarteten Bearbeitungszeiten zu bewältigen. Klar kenne ich die Aussage: "Meine Verkäufer nutzen keine Leadmanagement-Systeme." Aber dann müssen sie sich eben daran gewöhnen. Es ist eben keine "Wenn ich Lust habe"-Option, sondern es gilt: ja oder nein. Wenn durchgängig die Effizienz der Leadquellen gemessen werden soll, dann führt kein Weg daran vorbei. Beeinflusst die Digitalisierung die Organisation? Die Professionalität im Vertrieb muss sich erhöhen, und dazu gehört es auch, den Ansatz "one face to the customer" zu überdenken. Warum soll ein Interessent nicht von jemandem zurückgerufen werden, der mit Headset im ersten Stock des Handelsbetriebes sitzt? Der Interessent möchte eine schnelle Antwort, auch wenn der Verkäufer auf Probefahrt ist oder eine Auslieferung tätigt. Viele Anfragen lassen sich von geschulten Mitarbeitern im Verkauf beantworten und diese können den Interessenten auch noch ganz nebenbei qualifizieren. Und glauben Sie mir, diese vorqualifizierten Interessenten werden von den Verkäufern gerne zurückgerufen. Denn idealerweise ist schon der in Zahlung zu nehmende Gebrauchtwagen erfragt und dem Verkäufer kann ein besseres Bild des Kunden vermittelt werden. Ein wichtiger Faktor ist die Dokumentation der Anfragen und die gezielte Weiterleitung zu den Verkäufern, eben via Leadmanagement-Systeme. Der Verkaufsprozess muss neu definiert werden. Schnellere Reaktionszeit? Die Reaktionszeit wird im digitalen Zeitalter zu einem wichtigen Erfolgsfaktor. Es kommen ja immer weniger Kunden in die Showrooms. Im Durchschnitt besucht ein Autokäufer den Händler vor dem Kaufabschluss noch 1,4 Mal. Also müssen alle Anstrengungen darauf abzielen, jeden potenziellen Kunden zu aktivieren. Übrigens: Vor zehn Jahren waren das noch fünf Besuche im Autohaus. Warum die Hersteller trotz schwindender Besuchszahlen immer neue aufwändigere Showrooms fordern, wollen wir hier besser nicht besprechen. Am Ende des Tages erlauben moderne Leadmanagement-Systeme einen Überblick, welche Quellen die besten Verkaufschancen und Kostenrelationen zum Verkauf eines Fahrzeuges bieten. Auch können wir sehen, wie lange die durchschnittliche Bearbeitungszeit einer Kundenanfrage gedauert hat. Die New Customer werden es mit einer höheren Kundenzufriedenheit danken. Kurzfassung Unser Autor hat sich die Frage gestellt, warum Kfz-Betriebe in puncto Verkauf nicht die gleichen effizienten Prozesse wie im Service an den Tag legen. Ferner zeigt er auf, dass Unternehmer sowohl die "One face to the customer"-Linie verlassen als auch auf moderne Leadmanagementsysteme setzen sollten. Stefan J. Gaul ist Partner und Geschäftsführer der effisma.group GmbH & Co. KG.

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