HB ohne Filter: Volvo, Peugeot-Händlerverband, Tiemeyer
Heute: "Care by Volvo" - Top-Flatrate-Modell, Peugeot - der "Löwen-Händlerverband", Ruhrgebietstalk bei Tiemeyer und Politische Dieselreaktion
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24.11.2017Heute: "Care by Volvo" - Top-Flatrate-Modell, Peugeot - der "Löwen-Händlerverband", Ruhrgebietstalk bei Tiemeyer und Politische Dieselreaktion
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"Care by Volvo" - Top-Flatrate-Modell
Volvo wurde 2010 für 1,3 Milliarden Dollar in bar vom chinesischen Automobilhersteller Geely übernommen. Aktuell wurde die Volvo-Elektrorevolution angekündigt. Ab 2019 gibt es jedes Modell mit Strom. Volvo verabschiedet sich vom Diesel! Mit "Care by Volvo" wird ein weiterer gigantischer Innovationsschritt aufgelegt. Zu einer fixen Monatsrate können Kunden den neuen Volvo XC40 bis zu 48 Monaten nutzen. Darin sind Kfz-Steuer, Versicherungspaket, Wartung, Reparaturen, Ersatzfahrzeug, kostenfreies Mietfahrzeug für zwei Wochen, Winterbereifung, Räderwechsel und -einlagerung und eine 24h-Pannenhilfe enthalten. Bis auf das Benzin ist das Autofahren für den Käufer exakt berechenbar. Die Flatrate, der Preis für Fahrzeugnutzung steht.
Der damit verbundene Wandel: von der Besitzer- zur reinen Nutzerrate. Und diese Offerte gibt es nur beim Volvo-Händler. Ohne Nachlassverhandlung! Hier wird vorgemacht, wie man zukünftig Leistungspakete exklusiv für den Markenhandel kreieren kann, die es eben nur im Verbund Hersteller-Handel gibt. Eindringende Drittanbieter werden abgewehrt bzw. haben sehr hohe Hürden zu nehmen. AUTOHAUS wird noch darstellen, zu welchen Leistungspreisen der Volvo-Händler hier mit im Boot sitzt. Mir ist bislang keine vergleichbare Offerte in der Branche bekannt. Volvo macht das möglich! Ein "chinesischer Hersteller"! Wo bleiben die Herstellerbanken? Die Auto-Spezialbanken? Müssen das erst wieder neue Disruptoren vormachen?
Dass das Modell "Care by Volvo" bei Neufahrzeugkäufern quer über alle Marken angenommen wird, zeigt das untenstehende Befragungsergebnis aus dem "Autokäufer puls" vom November 2017:
Peugeot - der "Löwen-Händlerverband"
Traditionell treffen sich die Mitglieder des Verbandes der Peugeot-Partner Deutschlands (VPPD) zu ihrer Jahresversammlung im Kongresszentrum auf der Maininsel in Schweinfurt. Was die ehemalige Oberbürgermeisterin der Stadt, Gudrun Grieser - in ihrem Vorleben Lehrerin (!) - in ihrer 18-jährigen Amtszeit aus Schweinfurt gemacht hat, verdient größten Respekt. Zu ihren Werken gehört besagtes Kongresszentrum. Da lässt sich im Verbund mit Ausstellern im Schatten von SKF, ZF (Sachs), Schaeffler, Bosch Rexroth AG u.a. sehr gut tagen.
Natürlich sitzt bei den Peugeot-Partnern die Frühjahrsaktion mit Sixt und 1&1 mit dem Modell 208 noch tief in den Socken. Der letzte Geschäftsführer Benno Gaessler wurde zum Bauernopfer und musste deswegen gehen. Als wäre das französische Dicté in der Peugeot-Zentrale zu Paris unwissend daneben gesessen. Oder man denke an die aktuelle Teilepreiserhöhung u.a. Gewichtige Ereignisse also. Da half nun auch ein ansprechendes Veranstaltungsprogramm in Schweinfurt mit Vorträgen von Antje Woltermann, Dr. Martin Endlein oder Prof. Dr. Ulrich Ermschel nicht darüber weg, dass sich auf der Tagung Unmut nach innen gerichtet Luft machte und offen gegenüber der Verbandsspitze inklusive Geschäftsführung artikuliert wurde. Die Fachpresse war nicht geladen. Auch das lässt sich vielschichtig deuten. Wer nichts zu verbergen hat, kann offen kommunizieren. So es Vertrauliches, auch zwischen Importeur und Händler, gibt, können die Journalisten solange den Raum verlassen - und man kann sich bei der Fachpresse darauf verlassen, dass darüber auch nicht geschrieben wird. Glaubt denn da einer immer noch, die Presse würde die eigentlichen "Schweinereien" nicht ohnehin erfahren? Pflügen wir tiefer.
Organisationsgrad
Peugeot Deutschland hat insgesamt 711 Partner, davon 465 reine Servicepartner und 246 Vertriebspartner. Von den 711 Partnern sind 260 im Verband als Mitglieder registriert. Es sind also gerade mal 36 Prozent der Peugeot-Partner Mitglied im VPPD. Woran liegt dieser überschaubare Organisationsgrad? Nicht nur bei Peugeot, auch in anderen Fabrikatsorganisationen, trifft man in den Verbänden wie bei deren Veranstaltungen mehr auf kleinere und mittlere Betriebsgrößen. Die "Großen" vertreten sich selbst. Sie haben direkten Zugang zur Importeursspitze. Ein offener Verband würde sich diesem Thema, dem unzureichenden Organisationsgrad per Partnerbefragung widmen und Konsequenzen ziehen.
Internetauftritt
Oftmals stellt man auffällige Zurückhaltung in der Händlerschaft gegenüber einem Händlerverband fest, weil sich über die Vorstandschaft eine markige Klebemasse bildet, die mit Ewigkeit ihre Ämter gepachtet hat. Man achtet bewusst nicht auf regelmäßig jungen Nachwuchs, frisches Blut. Natürlich könnte hier der jeweilige Verbandsgeschäftsführer einiges bewegen. Wer beispielsweise den Auftritt des Peugeot-Händlerverbandes am Schirm aufruft, stellt dort fest, dass die letzten Arbeitskreissitzungen 2016 stattfanden, eine sogar vor drei Jahren. Möchte man sich dort die Zusammensetzung des Vorstandes ansehen, betritt man Niemandsland. Dieser Internetauftritt allein wird wenig dazu beitragen, dass dort einer die Beitrittserklärung zum VPPD ausfüllt. Eine schlaffe Performance!
Beitragsverdoppelung
Wenn dann bei der Händlerverbandstagung - trotz ansprechender Programmpunkte - beim Thema "massive Beitragserhöhung" ganze 56 Stimmen abgegeben werden, davon 44 mit Ja, stellen sich weitere grundsätzliche Fragen. 55 stimmberechtigte Mitglieder - bei der Abendveranstaltung mit Tombola sollen es dann 103 gewesen sein - beschließen eine Verdoppelung des Beitrages. Pro Vertragstyp von 200 auf 400 Euro. Geht das? Das mag zwar prozentual im Ergebnis eine überwältigende Mehrheit gewesen sein. Wenn aber von 260 Mitgliedern 56 über eine Beitragserhöhung abstimmen, sollte man dringlich die Satzung überprüfen! Fazit: Die unzureichende Beteiligung am VPPD muss in der Tat mit der Wirksamkeit seiner Vertreter in Zusammenhang gebracht werden.
Der Neue
In Schweinfurt trat auch der neue Geschäftsführer von Peugeot Deutschland auf: Steffen Raschig (48). Wirbelwind Raschig ist nicht nur als BFC Calw-Absolvent (1993) bekannt, sondern über all die vielen Stationen, die er bis heute von Moskau bis Rüsselsheim automobilistisch zurückgelegt hat. Zuletzt im Hause Opel. Schnelldenker Raschig überschlägt auf der Maininsel, wie viel Verkaufsvolumen im Saal sitzt und stellt dann fest, dass rund 70 Prozent von denen vermarktet werden, die der Partei der "Abwesenden" angehören. Nachdem Raschig das Trommeln beherrscht, wird er sich auf freiem Felde seine "Größen" separat zusammenziehen. Wer Raschig kennt, weiß aber auch, dass er dem Peugeot-Händlerverband Dampf machen wird. In deren eigenen Interesse. Speed, Volumen, Vorwärts, Attacke, das ist seine Headline. Am 28. November 2017 ist Dateline. "Kölle alaaf!"
Ruhrgebietstalk bei Tiemeyer
Heinz-Dieter Tiemeyer arrangierte mit dem "Tiemeyer-Talk" eine neue Plattform kommunikativer Begegnung. Er lud seine VW-Händlerkollegen und Kolleginnen im Schloss Berge in Gelsenkirchen ein, um sich über aktuelle Branchenthemen auszutauschen. Automobile Szenarien sowie digitaler Vertrieb standen im Zentrum der Ausführungen. Tiemeyer selbst hat seinen Firmensitz in Bochum und ist mit weiteren Standorten vor allem in Duisburg, Gelsenkirchen, Herne und Recklinghausen vertreten. Außerdem ist Tiemeyer Mitglied im Beirat des VW-Audi-Händlerverbandes.
AUTOHAUS-Chefredakteur Ralph Meunzel gab als Moderator in seinem Statement einen Überblick über die aktuelle Branchenszenerie und legte erste Konjunkturdaten für das Wirtschaftsjahr 2018 vor. Ich setzte Akzente zum E-Auto sowie zum Stand der Digitalisierung der Branche. Auf die Frage eines Händlerkollegen zur aktuellen VW-Händlersituation erwiderte ich: "Die VW-Händlervertragskündigung ist für Frühjahr 2018 europaweit angesagt. Wie zu vernehmen ist, soll das Netz massiv gelichtet werden. Ergo: Bin ich als strategischer Partner morgen noch dabei? Nachdem Volkswagen nicht offen kommuniziert, schafft dieser Zustand weder eine Vertrauensebene, noch stimmt das zuversichtlich. Jeder wartet ab. Das ist alles andere als motivierend und schafft in jeder Beziehung große Zurückhaltung."
Was raten Sie in der Vorgehensweise Richtung Volkswagen, so eine weitere Frage. Meine Antwort: "Der VW-Händlerverband sollte über allem dem Hersteller darlegen, weshalb ein Autohaus auch in Zukunft für die Infrastruktur des Hersteller unverzichtbar ist. Worin liegt der Mehrwert des Handels für den Hersteller? Der zweite zentrale Punkt: Neuwagen können künftig nicht nur virtuell konfiguriert werden, sondern auch virtuell bestellt werden. Wie sehen dafür grundsätzlich die digitalen Spielregeln von Volkswagen aus? Für den Vertrieb wie für den Service. Mit welcher Marge wird der Handel daran beteiligt? Für die Auslieferung, die Folgebetreuung, Garantieabwicklung usw.? Sechs Prozent? Tesla hat 2013 "Function on demand" eingeführt. Wie wird der VW-Handel an dieser Produktlinie beteiligt? Welche Geschäftsmodelle in Sachen Mobilität schafft Volkswagen, die als Gemeinschaftsaktion Hersteller-Handel offeriert werden? Neue Produktangebote, die es nicht bei Amazon, Sixt und anderen Disruptoren, sondern ausschließlich über den Verbund-Hersteller-Handel gibt?
Weiter: "Wie sieht der Hersteller-Direktvertrieb aus? Und wie werden Kanäle wie Sixt-Neuwagen mit VW-Produktnachlässen von 35 Prozent und mehr abgestellt? Es ist doch der Hersteller, der diese Nachlasslandschaft ermöglicht. Und der Hersteller ist für die Preispolitik verantwortlich. Wie sehen ganz konkret die digitalisierten Prozesse aus, die zu schlankeren Prozessen führen? "Cross" lässt sich nun mal nicht digitalisieren. Welche Synergiepakete werden für die Händlerschaft geschnürt? Und wer baulich in die Vollen geht, braucht Bestandsschutz. Eigentlich müsste heute ein viel größerer Teil der Investitionen in die IT- und Digitalstrategie fließen. In die Roboterisierung. Wie lange geht es denn noch, bis elektronische Preisschilder im Neu- wie im Gebrauchtwagenbereich in der VW-Organisation selbstredend sind? Ohne Frage, das geht alles viel zu langsam und öffnet neuen Disruptoren neue Ansätze." Bei "Meet and eat" wurden die Überlegungen dazu diskutiert.
Die Teilnehmer am Tiemeyer Ruhrgebietstalk
Politische Dieselreaktion
In Berlin ist aktuell eine geschäftsführende Regierung im Amt. Hier der Beweis. Der bis 24. Oktober amtierende Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, antwortet dem ehemaligen Bayerischen Landesverbandspräsidenten Klaus Dieter Breitschwert zur Dieselthematik. Breitschwert hatte sich als Noch-Präsident an den Minister gewandt und die Pauschalverurteilung der Diesel-Technologie sowie Fahrverbote hinterfragt. Breitschert forderte in Sachen Nachrüstung technische Lösungen zu wirtschaftlich vernünftigen Konditionen. Ex-Verkehrsminister Dobrindt in seiner Antwort: "Die Automobilindustrie hat zugesagt, bis Ende 2018 insgesamt 5,3 Millionen Diesel-Pkw nachzurüsten. Das Nachrüsten von Hardware wird in den Arbeitsgruppen diskutiert, die durch das Nationale Forum Diesel beschlossen wurden." Dobrindt fungiert jetzt als Landesgruppenchef der CSU in Berlin. Inwiefern hat seine Aussage zum Diesel noch Gewicht? Der heutige Ehrenpräsident des Bayerischen Landesverbandes Klaus Dieter Breitschwert: "Alexander Dobrindt ist mit der Dieselthematik im Detail vertraut. Er lehnt beispielsweise Fahrverbote für Diesel ab. Und diese politische Sichtweise wird auch zukünftig in der CDU-/CSU-Fraktion in Berlin vom ehemaligen Bundesverkehrsminister mit gewichtiger Wirkung vertreten werden. Und das ist für unser Gewerbe nur gut so."
Spruch der Woche:
"Nicht der Topf ist schuld, wenn er überläuft." (Norbert Stoffel)
Mit den besten November-Grüßen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
www.brachat.de