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Streit um Pkw-Maut: Scheuer verteidigt sich im Bundestag

26.06.2019 15:59 Uhr
Die Opposition ist der Meinung, dass Verkehrsminister Scheuer bei der Pkw-Maut fahrlässig gehandelt hat.
© Foto: Coloures-Pic/stock.adobe.com

Die Pkw-Maut ist vorerst passé. Wie teuer wird das für den Bund? Die Opposition ist der Ansicht, dass Verkehrsminister Scheuer unnötige Risiken eingegangen ist - doch der sieht die Fehler bei anderen.

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Angesichts massiver Kritik an seinem Vorgehen bei der geplatzten Pkw-Maut bemüht sich Verkehrsminister Andreas Scheuer um Schadensbegrenzung. Der CSU-Politiker wies am Mittwoch im Bundestag Vorwürfe zurück, er habe vorschnell vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die künftigen Betreiberverträge unterzeichnet. Die Opposition attackierte den Minister scharf und droht teils mit einem Untersuchungsausschuss. Scheuer habe es zu verantworten, "dass die Maut für den Steuerzahler ein unglaubliches Folgefiasko ist", sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer.

Scheuer musste im Verkehrs- und Haushaltsausschuss Rede und Antwort stehen. SPD und Opposition werfen ihm vor allem vor, dass er schon Ende 2018 die Verträge mit den vorgesehenen Betreibern Kapsch und CTS Eventim unterschrieben hatte - entgegen vieler Warnungen, ohne auf das anstehende Urteil des EuGH zu warten. Die obersten EU-Richter hatten die Maut in der vergangenen Woche für rechtswidrig erklärt. Scheuer ließ umgehend die Betreiberverträge kündigen - nun drohen mögliche finanzielle Ansprüche der Unternehmen gegen den Bund.

Scheuer verteidigte sein Vorgehen. Nach dem Bundestagsbeschluss zur Maut habe er den Auftrag gehabt, das Projekt voranzubringen. Die EU-Kommission habe grünes Licht gegeben. Abzuwarten hätte bedeutet, dass dem Bund Einnahmen hätten entgehen können. Er habe außerdem "nie vernommen, dass Politik auf Gerichtsurteile bis zum Schluss warten muss, sonst könnten wir den Politikbetrieb einstellen." Der Minister ging zugleich in die Offensive mit Blick auf die Gründe für die Kündigung der Verträge. Es habe auch Probleme bei der "Feinplanung" der Firmen gegeben, Fristen seien nicht eingehalten worden.

Mehrere Gründe für Kündigung der Verträge

Konkret nannte Scheuer mehrere Gründe für die Kündigung der Verträge durch das Ministerium: das Ordnungs- und Europarecht - also das Urteil selbst -, aber auch einen Mängel in der Leistung der Auftragnehmer. Zudem führte er das Verhalten der Unternehmen nach der Kündigung an. Denn diese hätten noch danach noch Unteraufträge an andere Unternehmen vergeben. Am Tag vor dem Gerichtsurteil habe "der Auftragnehmer" - also das Konsortium aus Kapsch und CTS Eventim - mitgeteilt, "dass er mit dem gegenseitigen Arbeiten nicht zurechtkommt", sagte Scheuer. Daraus habe sich ein Kündigungsgrund "mit sehr guten Chancen" entwickelt.

Eventim zeigte sich irritiert: Man sei "verwundert", dass der Auftraggeber "trotz vertraglich vereinbarter Geheimhaltungspflichten öffentlich Aussagen zu Kündigungsgründen trifft", schrieb Kommunikationschef Christian Steinhof auf Twitter. "An derartigen Spekulationen werden wir uns nicht beteiligen."

Die Opposition kritisierte Scheuer scharf. Der FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic monierte, der Minister sehe Schuld bei vielen anderen, räume aber keine persönliche Verantwortung ein. Linke-Expertin Ingrid Remmers sagte mit Blick auf europarechtliche Zweifel an der Maut: "Alle Welt hat gewusst, wie wacklig das Ding ist." Trotzdem Verträge zu unterschreiben, sei verantwortungslos und müsste eigentlich den Rücktritt des Ministers zur Folge haben. FDP, Grüne und Linke halten sich auch die Option eines Untersuchungsausschusses offen. Der AfD-Verkehrspolitiker Dirk Spaniel nannte dies übertrieben. Was nun an Geld fehle, sollte aber nicht beim Straßenbau eingespart werden. 

Kritische Stimmen auch aus der CDU

Auch der Koalitionspartner SPD macht Druck auf den CSU-Minister Scheuer. Die Sozialdemokraten hatten die Pkw-Maut abgelehnt, auch aus der CDU gab es viele kritische Stimmen - aber die Christsozialen hatten sich mit ihrem Wahlkampfschlager in den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl 2013 durchgesetzt.

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol kritisierte am Mittwoch, Scheuer habe zu früh Fakten geschaffen: "Die Warnungen der SPD sind leider nicht ernst genommen worden." Die Sitzung des Verkehrsausschusses könne "nur der Auftakt sein, vollständige Transparenz zu schaffen". Es müsse nun eine zügige Einigung mit den privaten Unternehmen geben, wie hoch die Schadensersatzansprüche seien. 

Rückendeckung für Scheuer kam dagegen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Deutschland sei im Vorfeld auf alle Bedenken der EU eingegangen, sagte sie bei einer Regierungsbefragung im Bundestag. "Dass der Minister dann, um jetzt nicht ewig Zeit verstreichen zu lassen, die ersten Schritte gegangen ist, das ist klar." (dpa)

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KOMMENTARE


MWF

26.06.2019 - 18:02 Uhr

Wenn Ahnungslosigkeit, Talentfreiheit und Arroganz zusammen auftreten, kommt oft CSU dabei raus.


Jürgen Schneider

26.06.2019 - 18:21 Uhr

Hier zeigt sich wieder klar, das immer nur versucht wird eine/einen Schuldige/n zu finden, damit diese eine verantwortliche Person dann vom Amt zurücktritt. Im Endeffekt hat dies keine Auswirkungen für die zurückgetretenen Politiker außer das wir Steuerzahler den Schlamassel wieder bezahlen dürfen. Hauptsache man kann dann mit dem Finger auf jemanden zeigen, der/die war es.Ich weiß nicht welche Spezialisten hier für teure Gutachten verpflichtet werden aber diese sollten dann auch bzgl. Regress zur Verantwortung gezogen werden.In diesem Land wird oft nur sinnlos debattiert ohne das jemand mal versucht Probleme direkt und nüchtern anpackt. Gute Spezialisten haben wir mehr als genug in Deutschland, allerdings ist unsere Regierung offenbar nicht fähig diese zu den richtigen Themen zu befragen bzw. zu rekrutieren. Man sollte immer Augen und Ohren offen halten und auch mal schauen was der Nachbar macht anstatt nur seinen eigenen Stiefel und Ansichten zu vertreten bzw. später zu verteidigen. Könnte helfen, bitte liebe Bundesregierung nehmt die Scheuklappen ab und hört auf Geld zu verbrennen !!


Erwin Tischler

26.06.2019 - 23:26 Uhr

Der Rücktritt des Verkehrsministers Scheuer wäre fällig. Es sei denn, sein Vorgänger Dobrindt hätte die Verträge voreilig unterschrieben! Dann macht es Sinn, dass Dobrindt nicht Verkehrsminister geblieben ist, denn so ist niemand mehr verantwortlich, der noch im Amt ist. - Ist das nicht immer so in der Politik? Ein Schelm, wer böses dabei denkt....


Rudi S.

27.06.2019 - 09:08 Uhr

Man kann es sich kaum mehr anhören, welche Ausreden Hr. Scheuer verwendet, um seine eigene Unfähigkeit zu verkleiden. Wann wacht unsere Regierung endlich auf und stellt diesen arroganten Sack in die Ecke? Wieviel Steuergeld von uns allen wird noch hinausgeschmissen?


Josef Schwab

28.06.2019 - 14:04 Uhr

Das Vorgehen von Verkehrsminister Andreas Scheuer war mit einem äußerst hohen Risiko behaftet. Es war zu keiner Zeit sicher, dass der EUGH die Steuer nicht kippen würde.Man kann in dieser Lage nicht schon Einnahmen im Bundeshaushalt einplanen. Geschweige denn Verträge mit Anbietern schließen, die die Mauteinnahmen einziehen sollen. Zumindest hätten entsprechende Rücktrittsklauseln für den Fall einer Rechtswidrigkeit der Maut vereinbart werden müssen (ob dies der Fall war ist unklar, da Verträge nicht einsehbar).Sehr obskur ist jetzt das Argument, dass jetzt irgendwelche Kündigungsgründe von Seiten des Ministeriums gefunden bzw. vorgeschoben werden.Es verwundert schon mit welcher Leichtfertigkeit hier Verträge geschlossen werden. Jedes kleinere private Unternehmen würde in so einem Fall die Gefahr einer Insolvenz einkalkulieren müssen. Der Inhaber bzw. Geschäftsführer hätte die Konsequenzen zu tragen.So sollte man mit Steuergeldern nicht umgehen. Ich bin überzeugter Vertreter der sozialen und auch liberalenMarktwirtschaft.Unüberlegtes Handeln muss aber seine Konsequenzen haben.


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