Nach dem Scheitern der Pkw-Maut will Verkehrsminister Andreas Scheuer dem Bundestag die beiden inzwischen gekündigten Betreiber-Verträge zur Information vorlegen. Sie würden an diesem Dienstag "vollständig und ohne Schwärzung" in der Geheimschutzstelle des Parlaments zur Verfügung gestellt, schrieb der CSU-Politiker am Montagabend auf Twitter. Ihm liege daran, den Bundestag "umfassend und transparent" zu informieren. Die Interessen der Vertragspartner und der Schutz ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seien damit gewahrt. In der Geheimschutzstelle können Parlamentarier Dokumente vertraulich lesen, dürfen aber nicht öffentlich darüber sprechen.
Scheuer machte in München deutlich, dass es ihm nun um eine unverzügliche Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gehe. Dies bedeute für den Bund auch, mit Einnahmeausfällen "in Milliardenhöhe" für den Verkehrsetat in der mittelfristigen Planung zurechtzukommen. Aus der Pkw-Maut hatte das Ministerium einen jährlichen Ertrag von rund 500 Millionen Euro für die Verkehrswege in Aussicht gestellt. Daran wurden aber bis zuletzt auch Zweifel laut.
Die gescheiterte Pkw-Maut hat den Bund bereits 53,6 Millionen Euro gekostet. Die Summe von exakt 53.601.435 Euro fiel von 2014 bis zum Tag des Maut-Stopps durch den Europäischen Gerichtshof an, wie aus einem Bericht des Bundesverkehrsministeriums an den Bundestag hervorgeht. Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Wie der Ausfall erwarteter Maut-Einnahmen sich auf den Bundeshaushalt auswirke, werde noch geprüft.
Die Grünen geben sich nicht damit zufrieden, dass die Bundestagsabgeordneten vertraulich Einsicht in die Betreiber-Verträge für die gescheiterte Pkw-Maut nehmen dürfen. Sie fordern von Scheuer, weitere Dokumente offenzulegen. Die inzwischen gekündigten Verträge mit den Maut-Betreibern seien "nur eine Puzzleteil für eine umfassende Transparenz und Aufklärung", sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer der Deutschen Presse-Agentur. "Dazu bedarf es der Einsicht in alle Rechtsgutachten aus dem Ministerium, die Ministervorlagen und die interne Kommunikation zu der Thematik." Ein Untersuchungsausschuss sei "noch lange nicht vom Tisch".
Die obersten EU-Richter hatten die Maut in der vergangenen Woche für rechtswidrig erklärt, da sie Fahrer aus dem Ausland benachteilige. Hintergrund ist, dass nur Inländer für Mautzahlungen komplett über eine Senkung der Kfz-Steuer entlastet werden sollten.
Offenlegung bereits im letzten Jahr verlangt
Die Opposition hat eine Offenlegung der bereits im vergangenen Jahr geschlossenen Betreiber-Verträge verlangt. Sie kritisiert, dass Scheuer damit vor der endgültigen Rechtssicherheit Fakten geschaffen habe - mit dem Risiko nun drohender Ansprüche gegen den Bund. Das Ministerium argumentiert, es sei in der Pflicht gewesen, die Maut schnell umzusetzen, um die erwarteten Einnahmen zu sichern.
Die Zuschläge für den Mautsystem-Anbieter Kapsch und den Ticketverkäufer CTS Eventim waren Ende 2018 erteilt worden. Sie sollten sich um die Erhebung und die Kontrolle der Maut kümmern.
Scheuer hatte noch am Abend nach dem EuGH-Urteil die Kündigung der Verträge veranlasst - nach Firmenangaben zum 30. September. An diesem Mittwoch will er sich dem Verkehrsausschuss des Bundestags stellen. Nach dem Urteil des EuGH hatte Scheuer bereits eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die finanzielle und organisatorische Folgen klären soll. (dpa)
Rudi S.
Th. Schmidt