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Arbeitskreis VI: Gefährdungshaftung künftig auch für E-Scooter

23.08.2022 04:52 Uhr | Lesezeit: 5 min
Arbeitskreis VI: Gefährdungshaftung künftig auch für E-Scooter
Der VGT-Arbeitskreis VI reagiert auf die vielen Verletzten und sogar Todesfälle aus dem Gebrauch von E-Scootern und will den bisher geltenden gesetzlichen Ausschluss der Gefährdungshaftung auch für diese max. 20 km/h schnellen Fahrzeuge aufheben.
© Foto: ADAC e.V.

Gefahrpotential, Unfallstatistik, technische Möglichkeiten, Ausstattungen und ein beengter Verkehrsraum sprechen nach Ansicht des VGT inzwischen auch gegen Fahrzeuge unter 20 km/h. Dem Gesetzgeber wird deshalb empfohlen, mit Ausnahme von Krankenfahrstühlen alle anderen Kfz, insbesondere E-Scooter, in die Gefährdungshaftung zu übernehmen.

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Der AK VI wurde geleitet von Dr. Jutta Laws, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Hamm. Als Referenten brachten die jeweils unterschiedlichen Sichtweisen mit ein: Annett Brinckmann, Fachanwältin für Steuerrecht, Referatsleiterin Steuerrecht und Justiziariat beim Deutschen Bauernverband e. V. (Berlin), Prof. Dr. Dirk Looschelders, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Universität Düsseldorf sowie RA Stephan Miller, ADAC e.V. (München).

Grundsätzliche Themenstellung und Gefahrenpotential

Den Istzustand, der es zu überprüfen galt, formulierte der AK VI folgendermaßen:
§ 8 Nr. 1 StVG schließt eine Haftung nach dem StVG aus, wenn das Kraftfahrzeug keine höhere Geschwindigkeit als 20 km/h erreichen kann. Im Zuge der StVG Reform zum 17. Juli 2020 wurde ergänzt, dass dieser Ausschluss auch für ein mit einem solchen Fahrzeug verbundenen Anhänger gilt. Auf die Vielzahl der Kraftfahrzeuge, die in den vergangenen Jahren im Bereich geringer Höchstgeschwindigkeiten hinzugekommen sind (bspw. E-Scooter), hat der Gesetzgeber nicht reagiert; ebenso nicht auf die sich im Laufe der Jahre veränderten landwirtschaftlichen Kraftfahrzeuge, die durch ihre immer weiter verbesserten technischen Leistungsmöglichkeiten ein höheres Gefahrenpotential aufweisen können.

Es stelle sich daher insbesondere die Frage, ob es nicht an der Zeit ist, den Ausschlusstatbestand des § 8 Nr. 1 StVG enger zu fassen.

Dies v.a. auch deshalb, da alleine im vergangenen Jahr bei mehr als 2.011 Unfällen mit E-Scootern insgesamt 2.020 Menschen verletzt wurden, 386 von ihnen schwer und weitere fünf Personen starben. In fast jedem dritten Unfall war die Fahrerin bzw. der Fahrer des E-Scooters hauptverantwortlich (Quelle: Statistisches Bundesamt). In den Genuss der Gefährdungshaftung kam keine(r) der Verletzten.

Daneben gibt es viele landwirtschaftliche Kraftfahrzeuge, die maximal 20 km/h fahren können. Bei ihnen habe sich zwar im Laufe der Zeit im Hinblick auf ihre Höchstgeschwindigkeit nichts geändert, wohl aber im Hinblick auf die technischen Möglichkeiten und Ausstattungen. Hierdurch könne es – trotz gleichbleibender Höchstgeschwindigkeit – zu einem erhöhten Gefährdungspotential kommen, ohne dass die Gefährdungshaftung zur Anwendung kommen würde.

Ausgehend von einer rechtlichen Einordnung des Ausnahmetatbestands sollte deshalb hinterfragt werden, ob dessen jetzige Fassung noch zeitgemäß sei – und zwar aus Sicht anderer Verkehrsteilnehmer, aus Sicht der Verbraucher und nicht zuletzt aus Sicht der Landwirtschaft.

Resolution mit "Freiraum" einzig noch für Krankenfahrstühle

Die Kernfrage, ob unser Haftungsrecht noch zeitgemäß ist, beantwortete der AK VI schließlich mit der nachfolgenden 4-Punkte-Empfehlung:

1. Der Gesetzgeber sollte § 8 Nr. 1 StVG grundlegend reformieren. Der generelle gesetzliche Ausschluss der Gefährdungshaftung für langsam fahrende Kraftfahrzeuge ist angesichts der geänderten Verhältnisse im Straßenverkehr nicht mehr zeitgemäß.

2. Das Gefährdungspotential land- und forstwirtschaftlicher Kraftfahrzeuge sowie von Baufahrzeugen und sonstigen selbstfahrenden Arbeitsmaschinen, die bauartbedingt maximal 20 km/h fahren können, hat sich im Laufe der Zeit aufgrund höherer Geschwindigkeiten der anderen Verkehrsteilnehmenden sowie geänderter technischer Ausmaße und Ausstattungen deutlich erhöht. Deshalb ist eine Ausnahme von der Gefährdungshaftung nicht mehr gerechtfertigt.

3. Das Gefährdungspotential neuer Typen langsam fahrender Kraftfahrzeuge, die bauartbedingt zwischen 6 km/h und 20 km/h fahren können, wie etwa E-Scooter, erscheint insbesondere wegen der erwartbaren Zunahme der Nutzung und der Enge des Verkehrsraums so hoch, dass sie ebenfalls der Gefährdungshaftung unterfallen sollten.

4. Motorisierte Krankenfahrstühle sollten aufgrund des geringen Gefährdungspotentials und unter sozialpolitischen Gesichtspunkten weiter von der Gefährdungshaftung ausgenommen bleiben.

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