Die zentrale Frage des AK VII lautete, ob die Beurteilung der Fahreignung durch das Strafgericht und die Fahrerlaubnisbehörde nicht möglicherweise "zwei Seiten einer Medaille" darstellen.
Geleitet wurde der AK von Dr. Peter Dauer LL.M., Leitender Regierungsdirektor a.D., ehem. Behörde für Inneres und Sport (Hamburg). Als Referenten traten auf: Stefan Derpa, Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (München), Dr. Ingo E. Fromm, Fachanwalt für Straf- und Verkehrsrecht, Sozietät Dr. Caspers, Mock &
Partner mbB (Koblenz), Thorsten Prange, Vorsitzender Richter am Landgericht Bremen und Dr. Thomas Wagner, Fachbereichsleiter a.a. BfF DEKRA e. V. Dresden (Klettwitz).
Aufgaben- und Problemstellung
Fakt heute ist, dass sowohl das Strafgericht, als auch die Fahrerlaubnisbehörde wegen desselben Sachverhaltes die Fahrerlaubnis entziehen können. Dabei wird den Strafgerichten grundsätzlich der Vorrang eingeräumt, um Doppelprüfungen und gegenläufige Entscheidungen unter den Kompetenzträgern zu vermeiden. Die damit bezweckte Homogenität in der Anwendungspraxis sei jedoch zu vermissen: "Entzieht das Strafgericht die Fahrerlaubnis gemäß § 69 Abs. 1 StGB, erschöpft sich die Begründung der Anordnung – insbesondere im Bereich der Trunkenheitsdelikte – in dem schlichten Verweis auf die in § 69 Abs. 2 StGB normierte Regelvermutung der Fahrungeeignetheit."
Die Gründe für die Anordnung (Feststellung charakterlicher, körperlicher und/oder geistiger Eignungsmangel?) verbleiben im Dunkeln, war deshalb ein grundsätzlicher Diskussionspunkt. In diesem Kontext wurde zunächst hinterfragt, warum dem Strafgericht die erforderliche Sachkunde für die Entziehung der Fahrerlaubnis zugewiesen werde, die Fahrerlaubnisbehörde sich demgegenüber der sachverständigen Hilfe von Fachärzten und Psychologen bediene?
Des Weiteren galt es zu klären, inwieweit die Teilnahme an einem Nachschulungskurs/Fahreignungsseminar oder die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB zu widerlegen vermag? Wenn es dem Angeklagten sodann gelinge, anstelle der Entziehung der Fahrerlaubnis ein Fahrverbot gemäß § 44 Abs. 1 StGB zu erstreiten, entfalte diese Entscheidung nicht zwingend eine Bindungswirkung gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde. Sie werde nur dann bejaht, wenn den Urteilsgründen sicher zu entnehmen ist, dass das Strafgericht die Fahreignung eigenständig beurteilt hat – was oftmals jedoch verneint werde: "Dem Verurteilten droht damit eine erneute Fahreignungsüberprüfung mit ungewissem Ausgang, obwohl diese gerade durch die strafgerichtliche Entscheidung vermieden werden soll."
Im Fokus des Arbeitskreises standen somit also Fragen nach den Maßstäben der strafgerichtlichen und behördlichen Fahreignungsbeurteilung, der dafür unerlässlichen Expertise, Möglichkeiten der Widerlegung der Regelvermutung der Fahrungeeignetheit und einer Stärkung der Bindungswirkung strafgerichtlicher Entscheidungen gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde.
Die Empfehlungen an die Politik
1. Das geltende System der Doppelkompetenz der Fahreignungsbeurteilung durch das Strafgericht und die Fahrerlaubnisbehörde sollte beibehalten werden.
2. Sieht das Strafgericht von der Entziehung der Fahrerlaubnis ab, weil es den Angeklagten für fahrgeeignet hält, muss es diese Entscheidung nachvollziehbar begründen. Dadurch wird die Bindungswirkung gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde sichergestellt.
3. Die Fortbildung im Verkehrsverwaltungsrecht bei den Strafgerichten, Strafverfolgungsbehörden und in der Anwaltschaft muss intensiviert werden. Eine entsprechende Spezialisierung innerhalb der Strafgerichte ist wünschenswert.
4. Beschuldigte sollen in jedem Stadium des Verfahrens möglichst frühzeitig - insbesondere durch qualifizierte Merkblätter - über weitere, mögliche fahrerlaubnisbezogene Maßnahmen informiert werden.