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Verkehrsgerichtstag: Alkoholsünder früher zum Idiotentest

29.01.2016 11:04 Uhr
MPU
Alkoholsünder im Straßenverkehr sollen nach dem Willen des Deutschen Verkehrsgerichtstages früher zum sogenannten Idiotentest.
© Foto: TÜV Süd

Trinker schneller zum Test, Dashcam-Nutzung regeln, Verkehrsprozesse beschleunigen, Fahrlehrer besser ausbilden: Der Verkehrsgerichtstag hat dem Gesetzgeber wieder viel Aufgaben gestellt.

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Alkoholsünder im Straßenverkehr sollen nach dem Willen des Deutschen Verkehrsgerichtstages früher zum sogenannten Idiotentest. Die Grenze für die gefürchtete Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) sollte von 1,6 auf 1,1 Promille sinken, empfahl der Verkehrsgerichtstag am Freitag in Goslar. Am 54. Verkehrsgerichtstag haben rund 2000 Experten aus Ministerien, Behörden und Hochschulen, von Verbänden, Gerichten, Automobilclubs und Unternehmen teilgenommen. 

Das Gremium forderte eine klare gesetzliche Regelung zur Nutzung von Mini-Kameras, sogenannter Dashcams, in Kraftfahrzeugen. Der Verkehrsgerichtstag empfahl zudem die Beibehaltung der Blutprobe für Promille-Sünder, eine Verbesserung der Fahrlehrer-Ausbildung, die Einrichtung spezialisierter Kammern bei den Gerichten zur Beschleunigung von Zivil-Verkehrsprozessen und zur korrekten Festlegung des Schadenersatzes für Verkehrsopfer.

Die Zahl der sogenannten Idiotentests in Deutschland wird voraussichtlich stark steigen. Der Verkehrsgerichtstag empfahl, dass Alkoholsünder bei der ersten Auffälligkeit künftig bundesweit einheitlich schon ab einem Promillewert von 1,1 die MPU absolvieren müssen, wenn sie den Führerschein zurückerhalten wollen. Diese Grenze liegt derzeit in den meisten Bundesländern bei 1,6 Promille. In anderen Ländern wird die 1,1-Promille-Grenze aufgrund richterlicher Entscheidungen bereits angewendet. Zuletzt mussten jährlich rund 45.000 Kraftfahrer wegen Alkoholauffälligkeit im Straßenverkehr zum Idiotentest. Fachleute gehen davon aus, dass diese Zahl nach einer Herabsetzung der Promille-Grenze durch den Gesetzgeber stark steigen würde.

Gesetzliche Regelung zur Nutzung von Dashcams

Der Verkehrsgerichtstag verlangt eine klare gesetzliche Regelung zur Nutzung von Dashcams in Kraftfahrzeugen. Die Aufzeichnungen ermöglichten die Aufklärung von Unfallhergängen und Straftaten, führten aber auch zur Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten. Derzeit fehle es in Deutschland und den Nachbarländern an einer klaren Rechtsgrundlage zur Verwendung der Kameras, beklagten die Experten. Sie empfahlen anstelle eines generellen Verbotes oder einer generellen Zulassung einen "Ausgleich zwischen Beweisinteresse und Persönlichkeitsrecht" auf "der Basis des europäischen Datenschutzrechtes". Aufnahmen sollten "anlassbezogen" zulässig sein, etwa bei einem drohenden Unfall. Sonst sollten sie kurzfristig automatisch überschrieben werden. Die Verfolgung von Verkehrsverstößen ohne gravierende Folgen dürfe weiterhin nicht auf Dashcam-Aufnahmen gestützt werden. Der Missbrauch von Aufzeichnungen mit personenbezogenen Daten, etwa durch eine Veröffentlichung im Internet, sei zu bestrafen.

Entgegen den Forderungen der Polizei soll es bei der Blutprobe für Alkoholsünder im Straßenverkehr bleiben. Die Atemalkoholanalyse, die bei niedrigeren Promille-Werten ausreicht, sei bei Werten im Bereich der absoluten Fahruntüchtigkeit über 1,1 Promille kein ausreichendes Beweismittel, meint der Verkehrsgerichtstag. Die Polizei hatte sich vom Wegfall der Blutprobe eine große Zeitersparnis versprochen. Dass - wie bisher - ein Richter die Blutprobe anordnen muss, sei allerdings nicht nötig, meinen die Experten. Dies könne auch die Staatsanwaltschaft.

Um die zahllosen langwierigen Zivil-Prozesse um Verkehrsstreitigkeiten zu beschleunigen, hat der Verkehrsgerichtstag die Spezialisierung von Richtern und Anwälten vorgeschlagen. Bei einzelnen Gerichten sollten zudem besondere Kammern für Verkehrsrecht eingerichtet werden, die dann auch überörtlich tätig sind. Nach Angaben von Experten schleppen sich Verkehrsprozesse zum Teil jahrelang hin.

Fahrlehrerausbildung

Fahrlehrer sollen künftig in ihrer Ausbildung mehr pädagogische Kompetenzen erwerben, empfiehlt der Verkehrsgerichtstag. Dazu solle zunächst die Ausbildung der Ausbildungs-Fahrlehrer verbessert werden. Kandidaten sollen mindestens einen mittleren Bildungsabschluss haben. Bisher ist ein Hauptschulabschluss ausreichend. Das Mindestalter für den Zugang zum Fahrlehrerberuf solle von 22 auf 21 Jahre sinken.

Weil die korrekte Berechnung des Verdienstausfalles für Verkehrsopfer komplex und problematisch ist, sollten Fachanwälte in der Ausbildung darauf vorbereitet werden, empfiehlt der Verkehrsgerichtstag. Die Gerichte sollten bei Schäden ab einer bestimmten Größenordnung spezialisierte Kammern einsetzen. Fachleute meinen, dass Verkehrsopfer durch falsche Berechnung eines jahrelangen Verdienstausfalles Einbußen im sechsstelligen Euro-Bereich erleiden können. (dpa) 

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