Im Bemühen um bessere Straßen fordert der Präsident des Deutschen Verkehrsgerichtstags eine organisatorische Neuausrichtung. "Wir müssen ernsthaft über eine Infrastruktur-Behörde für den Bau und den Betrieb von Fernstraßen nachdenken", sagte der frühere Generalbundesanwalt Kay Nehm am Donnerstag bei der offiziellen Eröffnung des 54. Deutschen Verkehrsgerichtstages (VGT) im niedersächsischen Goslar.
Die Verkehrswege in Deutschland seien in einem schlechten Zustand. Neubau und Sanierung hinkten weit hinter dem Bedarf her. Angesichts "maroder Straßen und Brücken, kilometerlanger Baustellen mit Ewigkeits-Charakter und stetig wachsender Staus" müssten "Mittel und Kräfte" konzentriert werden. Eine Infrastruktur-Behörde müsste deshalb auch bundesweit zuständig sein und agieren.
"Deutschlands Straßen sind nicht in dem Zustand, in dem sie sein müssten", sagte der VGT-Präsident der Deutschen Presse-Agentur am Rande des Kongresses. Die Bundesrepublik könne sich ein Vorbild an Österreich nehmen. "Die dortige Infrastruktur-Gesellschaft ASFINAG, die auch die Maut erhebt, ist ein gutes Beispiel", erläuterte Nehm. "Da hat sich gezeigt, dass eine Behörde den Überblick hat und schlagkräftig ist." Das deutsche Modell, die sogenannte Auftragsverwaltung, bei der die Länder im Auftrag des Bundes agieren, sei dagegen viel zu schwerfällig, um das marode Verkehrssystem instand zu halten und zu modernisieren.
Behörde für Verkehrswege
Ziel müsste es sein, eine schlagkräftige Behörde ins Leben zu rufen, die für die Verkehrswege in ganz Deutschland zuständig ist, sagte Nehm. Diese Behörde müsse nicht nur für den Bau, die Planung und die Unterhaltung der Straßen zuständig sein. "Sie müsste auch sicherstellen, dass die Straßen nicht - wie heute - einem übermäßigen Verschleiß unterliegen." Derzeit gebe es keine effektiven Maßnahmen, um die für die Straßen besonders schädlichen, überladenen Lastwagen aus dem Verkehr zu ziehen und die Verantwortlichen zu bestrafen.
Es gelte jedenfalls "den Blick der Verkehrspolitik auf Wichtigeres zu lenken, als die Maut für Ausländer und das wunderliche Wiederaufleben von 295 regionalen Kennzeichenkürzeln", sagte Nehm in seiner Eröffnungsansprache.
Beim Verkehrsgerichtstag in Goslar befassen sich bis Freitag rund 2.000 Experten mit aktuellen Verkehrsthemen. Im Mittelpunkt stehen unter anderem der Einsatz von Minikameras, sogenannter Dashcams, als Beweismittel nach Verkehrsdelikten, eine mögliche Abschaffung der Blutprobe für Alkoholsünder im Straßenverkehr und neue Grenzwerte für die auch als "Idiotentest" bezeichnete Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU). (dpa)
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Michael Kühn
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