Die Opposition im Bundestag sieht eine Mitverantwortung des früheren Bundesverkehrsministers Alexander Dobrindt (CSU) bei der gescheiterten Pkw-Maut. Unter seiner Führung seien die Maut-Gesetze durch den Bundestag und Bundesrat gebracht worden, hieß es am Donnerstag in einer gemeinsamen Mitteilung der Obleute von FDP, Grünen und Linke im Maut-Untersuchungsausschuss.
Entgegen vielstimmiger Rechtsmeinungen seien die Maut-Gesetze als rechtskonform deklariert worden. Grünen-Obmann Oliver Krischer sagte, Dobrindt habe die Pkw-Maut eingefädelt und grundlegende Weichen gestellt, die nachher zum "juristischen Totalschaden" vor dem Europäischen Gerichtshof geführt hätten.
Im Ausschuss wurde damit gerechnet, dass die Befragung Dobrindts erst am Abend beginnt. Zu Beginn der Sitzung wurde ein früherer Rechtsberater des Ministeriums gehört. Danach sollte der frühere Verkehrsstaatssekretär Gerhard Schulz befragt werden, der eine Schlüsselrolle bei der Maut spielte.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die Pkw-Maut im Sommer 2019 für europarechtswidrig erklärt - sie sei diskriminierend für Autobesitzer aus anderen EU-Ländern. Das Urteil bezog sich auf ein Modell, für das Dobrindt als Verkehrsminister Ende 2016 noch grünes Licht der EU-Kommission erhalten hatte. Die Pkw-Maut war auf Drängen der CSU in den schwarz-roten Koalitionsvertrag von 2013 gekommen. Dobrindt war von 2013 bis 2017 Verkehrsminister und ist seitdem CSU-Landesgruppenchef.
Im Zentrum des Ausschusses steht, dass das Ministerium unter Dobrindts Nachfolger Andreas Scheuer (CSU) Ende 2018 Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut geschlossen hatte – bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Die Opposition wirft Scheuer daher schwere Fehler zulasten der Steuerzahler vor. Scheuer weist die Vorwürfe zurück.
FDP-Obmann Christian Jung sagte, Dobrindt hätte Scheuer davon abhalten müssen, die Betreiberverträge vor dem EuGH-Urteil zu unterzeichnen. Der Linke-Obmann Jörg Cezanne sagte, das Ministerium habe unter Dobrindts Führung die Behauptung, die deutsche Pkw-Maut sei EU-gerecht, wie ein Mantra durch alle parlamentarischen Befassungen getragen.
Unterdessen sieht die Opposition offene Fragen bei der Kommunikation Scheuers über ein privates Mail-Postfach. Krischer sagte, wenn Scheuer Korrespondenz über eine private Mailadresse zur Pkw-Maut verschwiegen habe, dann müsse das Konsequenzen haben.
Private E-Mail-Adresse für dienstliche Angelegenheiten?
Der "Spiegel" berichtete, Scheuer habe offenbar eine private, bislang unbekannte E-Mail-Adresse für dienstliche Angelegenheiten benutzt. Mehrere Quellen hätten dem Magazin bestätigt, dass Scheuer über einen Account beim Anbieter GMX kommunizierte, auch in Sachen Pkw-Maut. Gegenüber dem Untersuchungsausschuss habe Scheuer das Postfach nicht offengelegt.
Ein Sprecher des Ministeriums sagte: "Da weder an noch von diesem Account Mails zum Thema Pkw-Maut geschickt wurden, kann es doch auch keine Diskussion darüber geben." Weiter hieß es, die Erreichbarkeit des Wahlkreisabgeordneten und Bundesministers Scheuer sei auf verschiedene Weise gegeben. Der Minister werde am 28. Januar im Untersuchungsausschuss sein und dort auf Fragen der Abgeordneten antworten. FDP-Obmann Jung sagte: "Ich habe immer noch den Eindruck, dass wichtige Mails von Andreas Scheuer fehlen." (dpa)
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