Die geplante Pkw-Maut sorgt für immer größeren Ärger innerhalb der Union. CSU-Chef Horst Seehofer verlangte ein Ende des Gegenwinds aus den Reihen der Schwesterpartei. "Wir haben das Konzept von Bundesminister Alexander Dobrindt und erwarten von der CDU Koalitionstreue", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Montag).
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lässt laut "Spiegel" ein eigenes Konzept prüfen, um Privatinvestoren für den Autobahnbau zu gewinnen und mit Maut-Einnahmen zu vergüten - nach der Wahl 2017. Seehofer sagte: "Ich kann gar nicht glauben, dass ein Kabinettsmitglied Maut-Konzepte gegen das federführende Kabinettsmitglied entwickelt." Die Grünen fordern ein Machtwort von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
Die bekannte sich nun eindeutig zur Einführung der geplanten Pkw-Maut bekannt. "Um es ganz klar zu sagen: Sie steht im Koalitionsvertrag, und sie wird kommen", sagte Merkel am Montag nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. Sie betonte, auch Schäuble bringe sich konstruktiv in die Beratungen für einen Gesetzentwurf ein. Über das Thema Maut hinaus habe er mit dem Verkehrsminister außerdem auch über weitere Möglichkeiten gesprochen, mehr privates Kapital für Investitionen in die Infrastruktur Deutschlands zu aktivieren.
CDU-Bundesvize Armin Laschet begrüßte die Gesprächsbereitschaft der CSU. Es sei ein wichtiges Signal, dass CSU-Chef Horst Seehofer jetzt angekündigt habe, noch einmal über das Thema zu sprechen, sagte der nordrhein-westfälische CDU-Landesvorsitzende am Montag vor Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. Laschet betonte: "Wir sind koalitionstreu." Der Koalitionsvertrag sei aber nie davon ausgegangen, "alle Kreis- und Bundesstraßen zu bemauten".
Schäuble will alle belasten
Schäuble denke daran, nicht nur Fahrer aus dem Ausland, sondern alle Autobahnnutzer zu belasten, berichtet das Magazin "Der Spiegel". Da der Koalitionsvertrag dies ausschließt, bezögen sich Überlegungen auf die nächste Wahlperiode. Schäuble ging auf Nachfragen dazu am Sonntag nicht konkret ein. Sein Haus versuche, über alles nachzudenken, sagte er nur allgemein. Der Minister bekräftigte, dass er "viele schwierige Fragen" bei den Mautplänen sehe, "von der Europa-Tauglichkeit bis zu Verfassungsfragen". Er fügte hinzu: "Es muss seriös diskutiert werden, und am Ende muss man entscheiden."
Auch Verkehrsminister Dobrindt will stärker auf öffentlich-private Partnerschaften setzen - aber unabhängig vom Maut-Gesetzentwurf, wie es am Sonntag aus seinem Ministerium hieß. Das Ressort sei auch in Gesprächen mit dem Finanzministerium "zur Modellentwicklung weiterer Infrastrukturinvestitionen mit der Hereinnahme privaten Kapitals". Auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) lotet bereits aus, wie mehr private Investoren für die Verkehrswege zu gewinnen sind.
Dobrindt verteidigte sein Konzept für eine Vignettenpflicht auf allen deutschen Straßen, die Anfang 2016 starten soll. "Mit der Einführung der Infrastrukturabgabe beteiligen sich dann diejenigen an der Finanzierung unserer Straßen, die bislang kostenlos unser Straßennetz nutzen", sagte er der "Bild am Sonntag". Einige CDU-Landesverbände wollen die Pläne aber nicht mittragen, weil sie wirtschaftliche Einbußen in Grenzregionen befürchten. Schäuble hat bei den weiteren Beratungen ein wichtiges Wort mitzureden, da inländische Autofahrer für Maut-Zahlungen voll über die Kfz-Steuer entlastet werden sollen.
Informelles Gespräch mit EU-Verkehrskommissar
Offen ist, ob die Maut EU-Recht entspricht, das eine Benachteiligung wegen der Nationalität untersagt. Dobrindt traf am Wochenende zu einem informellen Gespräch mit EU-Verkehrskommissar Siim Kallas in Bayern zusammen. Dabei sei es um mehrere derzeit diskutierte Themen gegangen, hieß es dazu ohne nähere Angaben aus dem Ministerium. Nach Informationen der "Leipziger Volkszeitung" (Montag) verlangt das Kanzleramt eine Garantie der neuen EU-Kommission, auf rechtlichen Einspruch gegen ein deutsches Maut-Modell zu verzichten.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte am Sonntag, die Regierung habe sich mit ihren Maut-Plänen total verfahren. Merkel solle ihre Minister zurückpfeifen. Schäuble setze "dem Quatsch noch einen drauf", wenn er öffentlich-private Partnerschaften anstrebe. Diese rechneten sich laut Kritik des Bundesrechnungshofes nicht. "Schäuble will nicht nur die Autofahrer abzocken, sondern das Geld dann auch noch aus dem Fenster rauswerfen", kritisierte Hofreiter. (dpa)