Der Taxi- und Fahrdienstmarkt in Deutschland soll grundlegend reformiert werden. Nach langem Ringen hat das Verkehrsministerium nun einen Gesetzentwurf vorgelegt. Für neue Mobilitätsanbieter sollen bestehende Hemmnisse verschwinden. Konkret sollen eine neue Verkehrsform eingeführt und Regelungen zum Taxen- und Mietwagenverkehr geändert werden. Das sieht ein Gesetzentwurf aus dem Haus von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Kritik kam vom Taxiverband, aber auch vom Fahrdienstvermittler Uber.
Die schwarz-rote Koalition hatte vereinbart, den Einstieg neuer Anbieter in den Taxi- und Fahrdienstmarkt zu erleichtern, die meist per App bestellt werden. Die neuen Dienste sollen das klassische Taxigewerbe sowie den öffentlichen Nahverkehr ergänzen. So sollen sogenannte Pooling-Angebote von Fahrdiensten, bei denen sich mehrere Fahrgäste ein Fahrzeug teilen, dauerhaft erlaubt werden.
In der Koalition gab es lange Verhandlungen darüber. Scheuer hatte Anfang 2019 Eckpunkte für eine Modernisierung des Personenbeförderungsrechts vorgelegt. Der Entwurf geht nun in die Ressortabstimmung. Auch der Bundesrat muss dem Gesetz zustimmen.
Stärkere Flexibilisierung der Mobilität
Im Entwurf heißt es, durch die Digitalisierung entstünden zunehmend plattformbasierte Geschäftsmodelle, die eine bedarfsgerechte und gebündelte Vermittlung von Mobilitätsdienstleistungen möglich machten. Auf diese Weise entstehe die Möglichkeit, Fahrten und Fahrzeuge mit anderen, meist fremden Mitreisenden zu teilen. Angebote "on demand" ermöglichten eine stärkere Flexibilisierung der Mobilität als der noch weitgehend fahrplangebundene Nahverkehr.
Die neuen Mobilitätsangebote bräuchten aber eine rechtssichere Genehmigungsgrundlage, heißt es. Anbieter wie Uber, Moia, Clevershuttle und ViaVan sollen also künftig Rechtssicherheit bekommen. Bislang sind viele neue Anbieter nur auf Grundlage befristeter Ausnahmeregelungen unterwegs.
Konkret soll eine neue Verkehrsform des "gebündelten Bedarfsverkehrs" geschaffen werden. Dieser soll nicht der Beförderungspflicht unterliegen. Die zuständigen Behörden sollen Vorgaben zu Sozialstandards machen können. Zwischen den unterschiedlichen Beförderungsformen soll es einen "fairen Ausgleich" geben, Länder und Kommunen sollen entsprechende Steuerungsmöglichkeiten erhalten.
Taxigewerbe füchtet um sein Geschäft
Das klassische Taxigewerbe fürchtet wegen der neuen Konkurrenz um sein Geschäft. Um das Taxigewerbe zu entlasten, soll die Taxitarifpflicht gelockert werden können - durch einen kommunal festgelegten Tarifkorridor mit Höchst- und Mindestpreisen. Für häufig frequentiere Ziele wie Flughäfen oder Bahnhöfe sollen Streckentarife festgelegt werden können. Die Ortskundeprüfung für Taxifahrer soll abgeschafft werden, stattdessen soll es eine Pflicht für ein Navigationsgerät geben.
An der Rückkehrpflicht für Mietwagen ohne Auftrag wird laut Entwurf grundsätzlich festgehalten. Es soll aber die Möglichkeit geschaffen werden, die Rückkehrpflicht "näher auszugestalten" - durch die Festlegung weiterer Abstellorte ab einer bestimmten Distanz zum Hauptbetriebssitz.
Die Rückkehrpflicht stand im Zentrum der Reformdebatte. Sie besagt, dass Fahrzeuge neuer Fahrdienste nach jeder Fahrt an den Betriebssitz zurückkehren müssen und anders als klassische Taxis nicht auf der Straße auf Kunden warten dürfen. Das Taxigewerbe hatte eine Abschaffung der Rückkehrpflicht strikt abgelehnt.
Im öffentlichen Personennahverkehr soll es künftig einen sogenannten Linienbedarfsverkehr geben. Das bedeutet, es soll möglich werden, Fahrten mit kleineren Fahrzeugen statt dem herkömmlichen Linienbus zu machen. Das zielt vor allem darauf, das Angebot auf dem Land zu verbessern.
Nachbesserungen gefordert
Der Bundesverband Taxi und Mietwagen forderte Nachbesserungen am Entwurf. Geschäftsführer Michael Oppermann kritisierte am Donnerstag in Berlin vor allem die Regelungen zur Rückkehrpflicht. Neue Ausnahmen verhinderten eine Kontrolle. "Der Minister rollt Uber damit zwar nicht den roten Teppich aus, aber er öffnet ihnen persönlich die Hintertür." Außerdem kritisierte Oppermann, Uber & Co würden nicht auf klare Sozialstandards verpflichtet. Scheuer müsse dringend nacharbeiten.
Für Uber sagte Deutschlandchef Christoph Weigler: "Während der Rest der Welt ambitionierte Schritte unternimmt, um den Klimawandel zu bekämpfen, den Umstieg auf nachhaltige Fortbewegung voranzutreiben und dabei neue Formen der Mobilität zu ermöglichen, ergreift Deutschland traurigerweise diese Chance nicht. Der vorliegende Gesetzesvorschlag zwingt Chauffeur-Mietwagen immer noch dazu, leer durch deutsche Stadtzentren zu fahren." Das verhindere den notwendigen Umstieg auf Elektrofahrzeuge.
Auch der Deutschland-Chef von Free Now, Alexander Mönch, sieht erheblichen Nachbesserungsbedarf. "Insbesondere die künstliche Trennung zwischen den drei Verkehrsarten Taxi, Mietwagen und Pooling wird in der Realität schwerlich funktionieren. In der Konsequenz wird dies zu mehr Verkehr in den Städten führen, weil noch weitere Servicetypen mit neuen Fahrzeugen hinzukommen." Die FDP-Verkehrspolitikerin Daniela Kluckert sagte, der Entwurf lasse sowohl die Interessen der Nutzer als auch die von neuen und innovativen Unternehmen völlig außer Acht und verteidige einzig die Pfründe von wenigen. (dpa)