Wegen der geplanten Kontrollen über eine elektronische Erkennung von Nummernschildern stößt die Pkw-Maut jetzt auch auf Datenschutz-Bedenken. "Es geht um sensible Daten von 40 Millionen deutschen Autofahrern", sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. Eine mögliche Weitergabe von Daten zur Kontrolle an eine Behörde oder gar private Dritte sei problematisch. Auch Datenschutzbeauftragte der Länder äußerten sich besorgt. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wies Befürchtungen zurück. "Kein Bürger muss Sorge haben, dass jetzt irgendwo Profile gespeichert werden könnten", sagte er der "Bild"-Zeitung (Freitag).
Als Beleg fürs Bezahlen der Maut soll es laut dem Gesetzentwurf überraschend keine Vignetten-Aufkleber für die Windschutzscheibe geben. Kontrolliert werden soll stattdessen über einen elektronischen Abgleich der Nummernschilder wie bereits jetzt bei der Lkw-Maut. Bei der Pkw-Maut soll die Überwachungen stichprobenartig erfolgen, wie Dobrindt erläuterte. Sofort nach der automatischen Abfrage, ob ein Kfz-Halter Maut zahle, würden die Daten wieder gelöscht. "Ich garantiere: Eine Weitergabe an andere Behörden findet nicht statt."
Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar forderte strikte Auflagen. Eine umfassende Kontrolle oder gar Bewegungsprofile von Autofahrern müssten über eine gesetzliche Zweckbindung ausgeschlossen sein. Gesichert sein müsse, dass Daten "im Nicht-Trefferfall sofort vom System gelöscht werden", sagte er der dpa. Der Beauftragte in Rheinland-Pfalz, Edgar Wagner, sagte: "Besser wäre es, auf Techniken zu verzichten, die solche Gefahren für den Datenschutz hervorrufen." Eine Nummernschild-Erfassung verstoße aus Sicht von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht gegen Datenschutz. Ein Löschen der Daten könne aber technisch auch einfach unterbleiben.
Die Bundesdatenschutzbeauftragte, Andrea Voßhoff, sagte der "Rheinischen Post", sie werde "mindestens die hohen datenschutzrechtlichen Standards der Lkw-Maut" einfordern. Grünen-Chef Cem Özdemir warnte: "Einen gläsernen Pkw-Fahrer darf es nicht geben." Der Grünen-Fachpolitiker Konstantin von Notz sagte der dpa: "Das ist ein Dammbruch, weil wir beim nächsten schweren Strafverfahren die Diskussion darüber bekommen werden, dass man an diese Daten von polizeilicher Seite ran will."
"Nonsens und provinziell"
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte der dpa, sie rechne fest damit, dass die Niederlande und Belgien auf EU-Ebene gegen eine Pkw-Maut klagen. Absehbar sei zudem, dass Autos aus den Nachbarländern auf mautfreie deutsche Straßen ausweichen. Ihr SPD-Kollege Michael Groschek befürchtet Ärger mit Deutschlands Nachbarn bei der Einführung der Gebühr. "Es wird eine 'Rache-Maut' geben", prophezeite der NRW-Verkehrsminister Groschek im rbb-Inforadio: "Unsere Nachbarn bringen sich in Stellung." Wer Niederländer und Belgier abkassiere, werde selbst beispielsweise auf der Fahrt zur Küste abkassiert. "Das ist nicht europafreundlich, sondern das ist Nonsens und provinziell."
Laut Dobrindts am Donnerstag vorgelegten Gesetzentwurf sollen alle Inländer auf Autobahnen und Bundesstraßen Maut zahlen. Sie werden dafür aber über eine geringere Kfz-Steuer voll entlastet. Fahrer aus dem Ausland sollen auf Autobahnen zur Kasse gebeten werden. Daraus erwartet Dobrindt nach Abzug veranschlagter Systemkosten von 195 Millionen Euro rund 500 Millionen Euro im Jahr, die extra ins Verkehrsnetz fließen. Eingeführt werden soll die Maut 2016. (dpa)
nicam