Ein flächendeckendes Netz - und das Laden von Elektroautos soll einfach, schnell und bequem sein: Das sind die Ziele der Bundesregierung. "Die Elektromobilität wird nur Akzeptanz finden, wenn das Laden so einfach ist wie heute das Tanken", sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing am Mittwoch. Jede Negativerfahrung mit der Elektromobilität erschwere den Umstieg auf klimafreundliche Antriebe. Der FDP-Politiker will beim Ausbau des Ladenetzes mehr Tempo machen. "Wir haben keine Zeit zu verlieren."
Das Kabinett beschloss einen "Masterplan Ladeinfrastruktur". Für den erwarteten Hochlauf der E-Mobilität brauche es einen vorauslaufenden Aufbau von Ladestationen, sagte Wissing. Lücken müssten vor allem auf dem Land vermieden werden. Hier komme vor allem den Kommunen eine Schlüsselrolle zu. Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller, sagte: "Die Ladeinfrastruktur darf für den Erfolg der Elektromobilität nicht zum Flaschenhals werden."
Zur Umsetzung des Plans sind 6,3 Milliarden Euro vorgesehen. Ziel der Bundesregierung sind eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte in Deutschland im Jahr 2030. Derzeit sind es nach Zahlen der Bundesnetzagentur rund 70.000, darunter rund 11.000 Schnellladepunkte. Ziel der Bundesregierung sind mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030. Zurzeit sind 1,6 Millionen E-Pkw zugelassen - Tendenz stark steigend.
CO2-Emissionen kaum gesunken
Die CO2-Emissionen im Verkehr sind in den vergangenen Jahren kaum gesunken. Wissing sprach von einem Aufholbedarf. E-Autos sollen eine Schlüsselrolle spielen, um Klimaziele zu schaffen. Der Plan sieht 68 Maßnahmen vor. So sollen die Kommunen stärker eingebunden werden. Der Aufbau von Ladepunkten in Wohnvierteln, an Tankstellen sowie bei Firmen soll vorangetrieben werden. Mehr Flächen sollen verfügbar gemacht werden, vor allem an Verkehrsknotenpunkten wie Bahnhöfen oder Park & Ride-Plätzen.
Als schwierigste Aufgabe bezeichnete der Minister die Integration ins Stromnetz, das rechtzeitig ausgebaut werden soll. Bisher betrage der Anteil von Elektroautos am Stromverbrauch 0,5 Prozent - 2030 seien es bei 15 Millionen E-Pkw acht Prozent.
Die Strompreise sind aber gestiegen. "Bleiben sie dauerhaft so hoch, sind entsprechende Auswirkungen auf die zuletzt erfreulichen Zahlen beim Hochlauf der Elektromobilität unvermeidlich", sagte die Chefin des Verbandes der Automobilindustrie, Hildegard Müller, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Stromsteuer müsse schnellstmöglich auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden.
Regierung arbeitet auch an Strompreisbremse
Wissing sagte, die Bundesregierung habe die Strompreise im Blick, aber auch die Kraftstoffpreise seien gestiegen. Die Regierung arbeitet derzeit neben einer Gaspreisbremse auch an einer Strompreisbremse.
Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sagte der Deutschen Presse-Agentur, er erwarte im kommenden Jahr eine "Renaissance des Verbrenners". Er nannte als Grund unter anderem den Strompreis und geplante Kürzungen bei staatlichen Kaufprämien.
ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand sagte, die Rahmenbedingungen für den Hochlauf der E-Mobilität hätten sich erheblich verschlechtert. Nicht nur Fortschritte bei der Ladeinfrastruktur seien notwendig, sondern Maßnahmen, die die Unsicherheiten bei Förderung, Strompreisen und Verfügbarkeit von Fahrzeugen in den Blick nähmen. Wichtig sei es auch, weitere Fortschritte bei der Nutzerfreundlichkeit zu erzielen. Das gelte vor allem mit Blick auf die Transparenz von Preisen an der Ladesäule und Bezahlmöglichkeiten.
Weniger Bürokratie gefordert
Kerstin Andreae, Chefin des Energiebranchenverbandes BDEW, kritisierte, der Masterplan verpasse die Chance, gezielt die Bremsklötze zu beseitigen, die viel zu lange aufseiten der öffentlichen Hand einen schnelleren Ladesäulenausbau erschwerten. So sei mehr Tempo bei Genehmigungen nötig und deutlich weniger Bürokratie bei Förderprogrammen.
Unterdessen stimmte eine Mehrheit der Abgeordneten des Europaparlaments dafür, dass bis 2026 an den Hauptverkehrsstraßen alle 60 Kilometer eine Ladestation eingerichtet werden soll. Die Infrastruktur für Alternativen zu Verbrennern müsse dringend ausgebaut werden, um die EU-Klimaziele zu retten, sagte der zuständige Berichterstatter Ismail Ertug. Im nächsten Schritt müssen Parlament und EU-Staaten über den endgültigen Gesetzestext verhandeln.