Gegen die umstrittene Pkw-Maut formiert sich neue Kritik aus den Ländern. Der Verkehrs- und der Finanzausschuss des Bundesrats bezweifeln die Höhe der Einnahmen und haben "grundsätzliche Bedenken", ob das vom Bundeskabinett beschlossene Paket mit europäischem Recht vereinbar ist. Das geht aus Empfehlungen der Ausschüsse für die Sitzung der Länderkammer am 6. Februar hervor.
Die beiden Gesetze zur Maut und zur kompletten Maut-Entlastung für inländische Autobesitzer durch eine geringere Kfz-Steuer sind im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. Auch im Bundestag sollen EU-Aspekte jedoch genauer unter die Lupe kommen. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wies alle Einwände zurück.
"Die Pkw-Maut ist noch nicht durch. Da liegen noch harte Diskussionen vor uns", sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol der Deutschen Presse-Agentur. Die Beratungen im Parlament würden nicht einfach. Der Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer, betonte: "Der Bundesrat ist fast einhellig gegen die Dobrindt-Maut. Bundeskanzlerin (Angela) Merkel muss endlich die Reißleine ziehen und diesen Maut-Unsinn beerdigen."
An diesem Dienstag wird EU-Kommissarin Violeta Bulc im Verkehrsausschuss erwartet. Bulc hatte eine Benachteiligung von EU-Ausländern kritisier. Am Wochenende brachte sie nun eine europaweite Pkw-Maut ins Gespräch. Der "Welt am Sonntag" sagte sie, die Höhe einer solchen Abgabe solle sich "ausschließlich an der Zahl der gefahrenen Kilometer orientieren und nicht zeitabhängig sein". Dann werde niemand diskriminiert.
Dobrindt sagte zu dem Vorschlag: "Dass die Kommission sich positiv zur Mautfinanzierung von Straßen äußert, ist ein gutes Signal." Eine europaweite Maut sei jedoch nur schwer umzusetzen, sagte Dobrindt der "Bild"-Zeitung. "Dazu wird es sehr lange Diskussionen in Europa geben. Das ändert nichts an unserer Entscheidung, im nächsten Jahr in Deutschland die Infrastrukturabgabe einzuführen."
"Keine nennenswerten Einnahmezuwächse"
Die Bundesrats-Ausschüsse sehen die Gefahr, dass in einem EU-Vertragsverletzungsverfahren oder vor dem Europäischen Gerichtshof die Kompensation für deutsche Kfz-Halter für rechtswidrig erklärt wird. Zu bedenken gegeben wird auch, dass wegen der Steuerreduzierung "keine nennenswerten Einnahmezuwächse" für das Verkehrsnetz zu erkennen seien. Über die Ausschuss-Empfehlungen hatte zuerst das Magazin "Der Spiegel" berichtet.
Dobrindt will die Pkw-Maut ab 2016 für Autobahnen und Bundesstraßen kassieren. Fahrer aus dem Ausland sollen nur für Autobahnen zahlen. Erwartet werden daraus nach Abzug der Systemkosten zusätzlich 500 Millionen Euro pro Jahr für Investitionen ins Straßennetz.
Der Verkehrsausschuss des Bundesrats schlägt zudem weitere Maßnahmen vor, um Nachteile für Grenzregionen zu vermeiden. Dafür sollten bestimmte Autobahnabschnitte im Bereich von 30 Kilometern «innerhalb des Bundesgebietes bis zu den Staatsgrenzen» von der Mautpflicht auszunehmen sein. Aus Datenschutzbedenken kritisiert werden die geplanten Stichprobenkontrollen über eine Nummernschild-Erfassung. Für Inländer reiche der Zahlungseingang der Maut aus, so dass deren Daten nicht erhoben werden müssten. (dpa)
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Dieter M. Hölzel