Von Ralf Padrtka/AUTOHAUS
Opel will die Zusammenarbeit mit seinen Vertriebspartnern in Europa auf eine neue Basis stellen. Dazu kündigt der Rüsselsheimer Autobauer Ende April 2018 die bestehenden Händlerverträge mit zweijähriger Frist. Betroffen von dem Schritt seien europaweit alle 1.600 Verträge, erklärte Deutschland-Chef Jürgen Keller im Gespräch mit AUTOHAUS. Hierzulande seien es 385 Handelsbetriebe.
"Ab diesem Dienstag verschicken wir die Kündigungsschreiben in Verbindung mit einem Letter of Intent", sagte Keller. Gleichzeitig fällt der Startschuss für die Gespräche mit den Händlervertretern. "Ich gehe davon aus, dass wir diese im Sommer abschließen und dann das Vertragswerk vorlegen können." Mit einer Einsetzung der neuen Vereinbarungen rechnet er Anfang 2020.
Hierzulande werden laut Keller lediglich zwölf Betriebe kein neues Vertragsangebot erhalten. Von einer Ausdünnung des Vertriebsnetzes könne deshalb keine Rede sein. In der Branche hatte es zuletzt Spekulationen darüber gegeben, dass Opel im Falle einer Kündigung die Zahl der Händlerstandorte reduzieren könnte.
Unangetastet bleibt auch das mehrstufige Vertriebssystem. Keller: "Wir werden auch künftig die Vertragshändler mit angegliederten Zweigbetrieben und das Netzwerk der Autorisierten Opel Vertreter AOV haben." Die Autohäuser würden weiter eine maßgebliche Rolle in der Fahrzeugvermarktung spielen. "Sie sind und bleiben für uns die Schnittstelle zum Kunden", unterstrich der Manager.
Gleichwohl muss sich auch Opel den neuen Herausforderungen durch den rasanten Wandel in der Automobilindustrie und in der Kundenerwartung stellen. Deshalb habe man darauf verzichtet, die bestehenden Vereinbarungen lediglich zu ergänzen, so Keller. "Die Veränderungen in der Branche sind so tiefgreifend, dass wir dafür einen neuen vertraglichen Rahmen brauchen."
Zukunftsorientierte Aufstellung
Mit Blick auf die Inhalte sagte der Deutschland-Chef, dass mit den neuen Regelungen eine deutliche Reduktion der Komplexität und des Verwaltungsaufwands für den Handel einhergehen werde. Das gelte vor allem für die Erfüllung von Standards. Zur Vereinfachung gehöre auch, dass künftig jeder Händler Pkw und Nutzfahrzeuge vertreiben könne. Bisher gab es für die Sparten zwei separate Verträge. Keller: "Wir wollen gemeinsam den Markt für leichte Nutzfahrzeuge noch besser und professioneller bearbeiten."
Im Bereich Elektromobilität sieht Keller ebenfalls positive Entwicklungen. "Wir planen kein reduziertes Vertriebsnetz für E-Fahrzeuge. Jeder Partner wird die künftigen elektrifizierten Modelle vertreiben können. Das ist ein ganz entscheidender Punkt." Opel will bis 2024 für jedes Pkw-Modell auch eine elektrifizierte Variante ins Programm nehmen. Bereits 2020 – zum Start des neuen Vertrags – sollen vier entsprechende Fahrzeuge verfügbar sein.
Nach der Übernahme durch den französischen PSA-Konzern setzt Opel derzeit an verschiedenen Hebeln an, um nach verlustreichen Jahren nachhaltig profitabel zu werden. Dazu wurden alle Geschäftsbereiche eingehend analysiert. Im Vertrieb hat der Autobauer ein großes Leistungsgefälle ausgemacht. "Wir haben sehr viele sehr gute Händler, wir haben aber auch Betriebe, die hinsichtlich Profitabilität und Performance nicht dort sind, wo sie eigentlich stehen müssten. Deswegen müssen wir Grundlegendes anpacken", betonte Keller. Ziel sei es, eine "noch stärkere Leistungskultur im Handel zu schaffen".
Die Netzkündigung kommt für die deutschen Opel-Händler nicht unerwartet. Ihre Interessensvertretung VDOH hat sich bereits für die Verhandlungen gerüstet und ein qualifiziertes Team zusammengestellt. Außerdem hat Geschäftsführer und Rechtsanwalt Uwe Heyman eine ausführliche Expertise angefertigt. Die Betriebe will der Verband per Rundschreiben und gegebenenfalls durch eine erneute außerordentliche Mitgliederversammlung über den Verlauf der Gespräche informieren. (rp)
Opelaner
Claus-Henrick Estorff
Annotator
MB
Dr. Bartholome