Der neue Skoda Enyaq hat einen Blitzstart hingelegt. Erst seit April auf der Straße, nähern sich die Bestellungen für das Elektro-SUV allein in Deutschland bereits der Marke von 10.000 Exemplaren. Und jetzt legt die schöne VW-Tochter aus dem Osten auch noch nach und zielt dabei auf die Fans eines Allradantriebs. Wie bei Elektroautos üblich, muss dafür ein zweiter E-Motor her, der fortan für die Vorderachse verantwortlich zeichnet. Zusammen mit dem bereits etablierten Kollegen am Heck leistet das Doppelherz immerhin 195 kW/265 PS. So stark war noch kein Enyaq.
Beleuchteter Frontgrill als Blickfänger
Damit der Neuling auch optisch standesgemäß daherkommt, hüllt er sich bevorzugt in die ebenfalls neue "Sportline"-Ausstattung, deren Merkmale zum Beispiel in Wagenfarbe lackierte Schweller und Frontschürze, serienmäßiges LED-Matrix oder auf Wunsch bis 21 Zoll große Räder sind. Absoluter Clou dieser Enyaq-Version ist fraglos der zentrale Frontgrill, dessen vertikale Rippen samt der Querstrebe von 131 LEDs erleuchtet werden. Skoda nennt das Gebilde "Crystal Face" wegen seiner schmuckhaften Anmutung. Es ist in einem weiterem Ausstattungspaket enthalten, dessen Preis noch nicht feststeht.
Vorbild ist der BMW X6, der erstmals in Deutschland einen leuchtenden Grill bot. Bei der Testrunde auf Autobahn, im dicken Prager City-Gewühl oder den oft recht schmalen Landstraßen nahe des Skoda-Stammsitzes in Mlada Boleslav kam das illuminierte Kristalllicht tagsüber naturgemäß nicht zur Geltung, wenn man vom Tunnel unter der Moldau einmal absieht. Es tritt stets gemeinsam mit der normalen Beleuchtung in Aktion, kann nicht separat ein- oder abgeschaltet werden. Das Abschalt-"Verbot" gilt übrigens auch für den Allradantrieb, dessen Regelung übernimmt die bordeigene Elektronik. Nur über den rechten Fuß kann der Mensch seine Absichten kundtun. Wie oder wann die Humanbefehle dann umgesetzt werden, bleibt der maschinellen Logik vorbehalten.
Allrad nicht fürs Gelände, sondern für den Spaß
Beispiel Autobahnpraxis: Wegen des Tempolimits von 130 km/h reicht der Heckmotor zum ortsüblichen Fortkommen völlig aus. Erst recht, wenn immer wieder ein überholender Lkw den Vorwärtsdrang ausbremst. Räumt der dann die linke Spur, dauert es eine gefühlte Schrecksekunde, bis der Frontmotor den Fahrerwunsch nach Spurtkraft umsetzt. Dann aber geht es zur Sache im 2,3-Tonnen-Schiff, das Duo zieht und schiebt im Gleichklang. Allrad nicht fürs Gelände, sondern für den Spaß in Zeiten der neuen Mobilität. Später auf der Landstraße zeigt der Enyaq iV, dass er auch den Kurventwist beherrscht.
Wenn´s denn wirklich sein muss. Der größte Feind eines E-Autos ist nun mal neben eisigen Temperaturen ein schwerer Fuß auf dem früher "Gas" genannten rechten Pedal. Das gilt auch für den immerhin ab rund 50.000 Euro teuren Allradler. Seine Batterie gleicht mit 82 kWh der des Enyaq mit Heckantrieb und nur einem Motor. Wer nun die höhere Leistung und die deutlich gewaltigere Durchzugskraft (425 statt 310 Newtonmeter) des Duo-Motors zu freigiebig nutzt, wird mit einer kürzeren Reichweite bestraft. Nix da mit einer Strecke von mehr als 500 Kilometern.
Skoda Enyaq Sportline iV 80
BildergalerieOb ein 265 PS-Allrad-SUV wirklich "simply clever" ist?
Eine Erkenntnis, die allen E-Autos gemein ist. Gefragt ist eben eine etwas andere Art von Fahrern. Gerade Skoda ist bekannt für seine eher besonnene, unaufgeregte Kundschaft, die das Markenversprechen "simply clever" auch lebt. Ob nun ein bärenstarker, durchaus faszinierender Enyaq mit Allrad-Power wirklich "clever" ist, entscheiden die künftigen Käufer. Denn die Normalos in der Modellfamilie haben für deutlich weniger Geld auch viel zu bieten. Manche Neu-Skodaner werden aber sogar auf den angekündigten Skoda Enyaq RS mit noch mehr Leistung warten. Nichts ist halt so, wie es einmal war.
Dietmar Seyerle