Von Michael Gebhardt/SP-X
Wirklich gut läuft das Europa-Geschäft von Ford nicht, und die aktuellen Entwicklungen sind alles andere als rosig. Wie gut, dass der Autobauer einen neuen Hoffnungsträger in Petto hat: die dritte Kuga-Generation. Das Kompakt-SUV, das bereits vor fast einem Jahr seine Premiere gefeiert hat, läuft in den USA unter dem Namen Escape schon seit Monaten recht erfolgreich und wartet voraussichtlich ab Ende April auch bei den deutschen Händlern auf die Kundschaft. Die muss mindestens 26.300 Euro investieren, doch dabei dürfte es nur selten bleiben.
Wer das Basis-Modell ordert, bekommt zwar einen Infotainment-Touchscreen, Tempomat und eine manuelle Klimaanlage, ansonsten aber nur wenige Komfort-Extras. LED-Scheinwerfer, Wlan-Hotspot, eine elektrisch betätigte Heckklappe, den praktischen Türkantenschutz, der beim Öffnen automatisch ausfährt, und leider auch die meisten Assistenten (unter anderem Geisterfahrer-Warner, Ausweichassistent, Tot-Winkel-Überwacher und Stau-Assistent) gibt es nur in den höheren Versionen. Gleich sechs weitere Ausstattunslinen hat Ford geschnürt, dazu gibt es vier Options-Pakete - separat auszuwählende Extras bleiben da nur wenige.
Selbstzünder plus Riemenstarter-Generator
Auch für den von uns im ersten Test gefahrenen Kuga mit EcoBlue-Hybrid-Diesel muss man tiefer in die Tasche greifen. Er startet in der Cool-&-Connect-Version bei 32.600 Euro. Dafür bekommt man einen Zweiliter-Vierzylinder-Selbstzünder, der 110 kW / 150 PS und 370 Newtonmeter Drehmoment mobilisiert und von einem mit 48 Volt betriebenen Riemenstarter-Generator unterstützt wird. Der E-Motor, der die herkömmliche Lichtmaschine ersetzt, steuert vor allem beim Anfahren bis zu 16 PS und 50 Newtonmeter bei. Das klingt nach nicht viel und reicht nicht zum Stromern, entlastet den Verbrenner aber merklich: Der Kuga tritt richtig kräftig an und der Normverbrauch liegt bei nur knapp über fünf Litern. Allerdings geht dem Ford oben rum schnell die Puste aus: Der gefühlt deutlich flottere Sprint auf Tempo 100 dauert doch 9,6 Sekunden und maximal darf der Mild-Hybrid 175 km/h laufen. Manko: Der Diesel-Hybrid ist ausschließlich mit einem etwas knorpeligen Sechsgang-Schaltgetriebe erhältlich, die konventionellen Selbstzünder mit 88 kW / 120 PS und 140 kW / 190 PS gibt es auch mit Achtgang-Automatik.
Die ist beim Top-Modell Serie, zusätzlich fährt der mindestens 39.500 Euro teure Diesel immer Allradantrieb vor. Alle anderen Kugas geben aktuell ihre Kraft über die Vorderräder an die Straße ab. Zumindest auf Benziner-Seite will Ford bald nachlegen: Ein für Ende des Jahres angekündigter Voll-Hybrid (ohne Steckdosenanschluss, aber mit geringer E-Reichweite) soll mit einem zusätzlichen E-Motor an der Hinterachse zum 4x4-Modell werden. Vorbildlich: Von Beginn an erhältlich ist ein Plug-in-Hybrid (ab 39.300 Euro), dessen Kombi aus Vierzylinder-Benziner und E-Motor 165 kW / 204 PS frei setzt und der 56 Kilometer weit mit Strom kommen soll. Außerdem in der Preisliste: zwei Dreizylinder-Nur-Benziner mit 88 kW / 120 PS und 110 kW / 150 PS.
Ford Kuga (2020)
BildergalerieEgal für welchen Motor man sich entscheidet: Das Fahrwerk ist immer top. Ford-typisch gut abgestimmt und dank der neuen Plattform bis zu 90 Kilogramm leichter als der Vorgänger, liegt der neue Kuga satt auf der Straße und lässt sich dynamisch bewegen. Schade, dass die bequemen, großen Sitze so wenig Seitenhalt bieten, sonst könnte man das um neun Zentimeter auf 4,61 Meter gewachsene SUV noch ambitionierter in die Kurve werfen. Punkte sammeln kann der neue Kuga auf der Langstrecke: Trotz aller sportlichen Talente bügelt der Unterbau die Straße ordentlich glatt und auch in Sachen Laufkultur überzeugt der Kuga; der Hybrid-Diesel knurrt nur unter Volllast kräftig.
Viel Hartplastik, Head-Up-Display mit Mängeln
Ein leises Murren dürfte auch dem ein oder anderen nach dem Einsteigen entfahren. Zwar ist der Kuga übersichtlich und ordentlich verarbeitet und nicht nur vorne, sondern auch auf der verschiebbaren Rückbank gibt es genug Platz. In eine Wohlfühloase tritt man aber nicht ein: Bei der Materialauswahl haben die Controller reichlich Hartplastik durchgesetzt, auch die Auskleidung des 475 bis 1.534 Liter großen Kofferraums wirkt ziemlich billig. Dazu kommt: Das neue Infotainment-System, das zumindest den Mäusekino-Status hinter sich gelassen hat, ist mit 8-Zoll ok, keineswegs aber überdimensioniert. Und gefühlt schaut der auf dem Armaturenbrett aufgesetzte Bildschirm eher in Richtung Beifahrer. Und dann das Head-Up-Display: Ford setzt auf eine ausklappbare Plastikscheibe hinter dem Volant, die vor allem großen Fahrern alle relevanten Infos leider auf der Motorhaube statt vor dem Wagen darstellt.
Tadellos ist dagegen das den höheren Ausstattungen vorbehaltene, digitale Kombiinstrument, dessen Anzeige sich den verschiedenen Fahrprogrammen (Normal, Eco, Sport, Rutschig und ein Offroad-Modus) anpasst. Und auch das neue Design kann sich sehen lassen: Aus dem eher unscheinbaren SUV hat Ford einen Hingucker im engen Sportanzug gemacht, der von schräg-vorne sogar ein bisschen nach Porsche aussieht. Wenn das keine Erfolgsgarantie ist.
F.C.