Die Eurokrise und Probleme in Südamerika verhageln MAN das Jahr. Der Münchner Lastwagenbauer rutschte im zweiten Quartal auch wegen einer Abschreibung in die roten Zahlen und rechnet für das gesamte Jahr mit einem herben Gewinnrückgang. Das bekommen inzwischen auch die Mitarbeiter zu spüren: Die Produktion wird gedrosselt, es herrscht Einstellungsstopp und Leiharbeiter mussten gehen. Kurzarbeit sei indes noch kein Thema. "Ich will das aber nicht ausschließen, sollte sich der Markt weiter nach unten bewegen", sagte MAN-Chef Georg Pachta-Reyhofen am Dienstag in München bei der Zahlenvorlage.
Vor allem die schlechte Wirtschaftslage in Mittel- und Südeuropa hat die VW-Tochter erwischt: Die Nachfrage nach Lastwagen brach dort ein. "So ging zum Beispiel in den von der Euro-Krise stark betroffenen Staaten Spanien und Italien der gesamte Nutzfahrzeugmarkt um 25 beziehungsweise 40 Prozent zurück", sagte Pachta-Reyhofen. Das bringt auch die Preise unter Druck. Gemessen wird das unter anderem mit der sogenannten Umsatzrendite. Für die Sparte Truck & Bus, in der das europäische Geschäft liegt, brach dieser Wert von 7,7 im zweiten Quartal 2011 auf nur noch 0,6 Prozent im abgelaufenen Quartal ein.
Die Zahlen zeigen das schwierige Umfeld, unter dem MAN wie auch die Wettbewerber leiden. Auch die erfolgsverwöhnte schwedische VW-Schwester von MAN, Scania, hatte zuletzt schlechte Zahlen präsentiert: Die Schweden machten im ersten Halbjahr zehn Prozent weniger Umsatz und ein Drittel weniger Gewinn - bei der Rendite schnitt die Familienkonkurrenz allerdings viel besser ab. In Europa ist MAN hinter Daimler die Nummer Zwei auf dem Lkw-Markt. Doch auch in Südamerika - für MAN ein enorm wichtiger Markt - fiel der Auftragseingang nach Einführung der neuen Abgasnorm in Brasilien und durch die trübere Konjunkturlage in dem Boom-Land um 22 Prozent.
Unterm Strich ein Minus von 89 Millionen Euro
Unter dem Strich steht zwischen April und Juni ein Minus von 89 Millionen Euro in den Büchern des derzeit noch im Dax notierten Konzerns - vor allem eine Abschreibung auf die Beteiligung am chinesischen Lastwagenhersteller Sinotruck belastete das Ergebnis im zweiten Quartal. Die Chinesen leiden deutlich unter einem schwächeren Geschäft im eigenen Land. Der Umsatz sank im zweiten Viertel um neun Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis des Konzerns brach um 50 Prozent auf 218 Millionen Euro ein. Die Eckdaten der durchwachsenen Halbjahresbilanz hatte MAN bereits vergangene Woche mitgeteilt. Schon das erste Quartal lief wenig erfreulich.
Insgesamt soll der Umsatz 2012 zwar nur leicht sinken, der Gewinn dürfte allerdings deutlich schrumpfen. "Wir sind mit der Höhe des operativen Ergebnisses nicht zufrieden und haben bereits geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen", sagte Pachta-Reyhofen. Verschlimmern darf sich die Krise aber nicht. Ohnehin sind die Aussichten für den Heimatkontinent nicht eben rosig. Inzwischen drücken auch höhere Schulden auf das Unternehmen, zudem belastet allein in Europa ein Hofbestand von 9.000 Lastwagen den Hersteller. Langfristig bleibt MAN zuversichtlich, wachsen zu können - vor allem in den Boomregionen.
Euroschuldenkrise macht MAN große Sorgen
Kurzfristig macht vor allem die Euroschuldenkrise große Sorgen. Die trübe Lage dürfte auch den Druck auf MAN und Scania erhöhen, rasch Möglichkeiten zu finden, unter dem gemeinsamen Dach von VW Kosten zu sparen. Neues zu der bisher eher zäh verlaufenden Kooperation ließ Pachta-Reyhofen aber nicht verlauten. Langfristig ist MAN weiter zuversichtlich, kräftig zulegen zu können. Bis 2020 wollen die Münchner an die Spitze fahren. 2012 erwartet der Konzern keine großen Sprünge mehr. Die Branche ist stärker als andere von der Wirtschaftsentwicklung abhängig, denn wenn die Konjunktur schwächelt, werden weniger Güter transportiert. Der europäische Nutzfahrzeugmarkt dürfte 2012 um fünf bis zehn Prozent schrumpfen, und auch in Lateinamerika erwartet MAN nur eine gedämpfte Entwicklung.
Die guten Verkaufszahlen in Russland und anderen Regionen helfen derzeit allerdings noch nicht viel weiter. Gerade in Osteuropa wächst zwar die Nachfrage, doch kann MAN dort Experten zufolge nicht die Preise verlangen, die in anderen Märkten gezahlt werden. Zudem kaufen dort die Kunden eher kleinere Lastwagen. In den USA, wo die Konkurrenten Daimler und Volvo zulegten, ist MAN nicht präsent. (dpa)